Linken-Politiker Lederer wird Hauptstadt-Kultursenator
Der langjährige Landesparteichef der Linken, Klaus Lederer, hatte sich bisher eher mit Rechtspolitik einen Namen gemacht. Nun wird er Berlins erster Kultursenator seit zehn Jahren. Die Szene reagiert noch zurückhaltend auf die Personalie.
Mit Kultur hat er sich bislang eher keinen Namen gemacht. Klaus Lederer, langjähriger Landesparteichef der Linken, ist Jurist und war 13 Jahre lang rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus. Doch im Wahlkampf nahm Lederer auffällig oft Stellung zu kulturpolitischen Fragen. Besonders vehement hatte er sich in einem Essay des Berliner "Tagesspiegel" dafür eingesetzt, dass Berlin wieder ein eigenes Kulturressort haben müsse – nachdem zehn Jahre lang der Regierende Bürgermeister – erst Klaus Wowereit, zuletzt Michael Müller – das Amt an sich gezogen und zur Chefsache erklärt hatten. Kultur dürfe nicht im Nebenjob erledigt werden, kritisierte Lederer. Nun wird er allerdings zeigen müssen, dass die Kultur unter seiner Führung nicht wieder im Klein-Klein des Berliner Provinzgehakels untergeht. Bei vielen Berliner Kulturinstitutionen herrscht zunächst einmal Zurückhaltung – der Linken wird im Allgemeinen eher wenig Kulturkompetenz zugetraut, und das glücklose und oft ideologische Agieren des letzten linken Kultursenators, Thomas Flierl, ist vielen noch gut in Erinnerung. Doch dass es überhaupt wieder einen Kultursenator in Berlin gibt, wird von vielen begrüßt, so auch von Peter Raue, umtriebiger Anwalt, Kunstsammler und Vorsitzender des Vereins der Freunde der Nationalgalerie:
"Ich freue mich drüber. Irgendjemand hat früher mal gesagt, Berlin ohne Kultursenator, das ist wie Katar ohne Ölminister. Berlin definiert sich aus der Kultur, und es ist wunderbar, wenn wir einen Kultursenator haben, ich hoffe nur eines, dass er wirklich nur Kultur macht, und nicht Kultur, Wissenschaft, Jugend, und Arbeitslose, sondern wirklich ein Kulturressort, das tut der Stadt einfach gut."
"Ich freue mich drüber. Irgendjemand hat früher mal gesagt, Berlin ohne Kultursenator, das ist wie Katar ohne Ölminister. Berlin definiert sich aus der Kultur, und es ist wunderbar, wenn wir einen Kultursenator haben, ich hoffe nur eines, dass er wirklich nur Kultur macht, und nicht Kultur, Wissenschaft, Jugend, und Arbeitslose, sondern wirklich ein Kulturressort, das tut der Stadt einfach gut."
Das findet auch der Präsident des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann: "Nicht weil der Regierende Bürgermeister das in irgendeiner Form schlecht gemacht hätte, sondern weil man das einfach nicht zusammen machen kann: Regierender Bürgermeister sein und den Kulturbereich gleichzeitig machen, das funktioniert nicht, das funktioniert nirgendwo."
Finanziell konnte sich die Kulturszene in Berlin nicht beklagen
Zumindest, was das Finanzielle angeht, hat es allerdings doch ganz gut funktioniert. Zuletzt hatte Müller den Kulturetat für Berlin noch einmal um knapp 50 Millionen Euro erhöht – ein Aufschlag um zehn Prozent. Auch die freie Szene hat unter dem umstrittenen Kulturstaatssekretär Tim Renner viel Unterstützung erfahren, wie deren Sprecher Christophe Knoch bestätigt:
"Wenn man sich überlegt, vor vier oder fünf Jahren noch hat man in Berlin von Off-Szene oder von Alternativ-Szene gesprochen, Herr Schaper hat im Tagesspiegel von den Hinterhoftheatern in Kreuzberg gesprochen, wenn er die freie Szene gemeint hat. Und ich glaube, dass wir alle jetzt in Berlin, dass wir von freier Szene sprechen, da hat Tim Renner sehr viel mitgeholfen, da hat er sehr konsequent in die Richtung gesprochen. Und es ist natürlich auch sehr viel mehr Geld jetzt in den aktuell laufenden Doppelhaushalt mit reingekommen."
Dennoch, ein eigener Kultursenator könne sehr stimulierend sein, so Knoch, und Luft nach oben gibt es bekanntlich immer. Und was Lederer im Vorfeld zu Kulturfragen gesagt habe, habe ihn beeindruckt: "Also einfach so ein Satz, zum Beispiel Kunst ist auch Arbeit, die bezahlt werden muss. Das sind einfach Sätze, die man früher nicht so in der Form gehört hat."
Dennoch, ein eigener Kultursenator könne sehr stimulierend sein, so Knoch, und Luft nach oben gibt es bekanntlich immer. Und was Lederer im Vorfeld zu Kulturfragen gesagt habe, habe ihn beeindruckt: "Also einfach so ein Satz, zum Beispiel Kunst ist auch Arbeit, die bezahlt werden muss. Das sind einfach Sätze, die man früher nicht so in der Form gehört hat."
Lederer: Aller Berliner sollen Zugang zur Kultur haben
Im Wahlkampf hatte Lederer einen kulturpolitischen Neustart gefordert: Berlin brauche eine "integrierende Kulturpolitik, die auf soziale Herausforderungen reagiert, den Metropolencharakter der Gesamtstadt ebenso im Blick hat wie die kulturelle Basis in den Bezirken". Eigenständige Berliner Kulturpolitik bedeute aber auch, dass alle Berliner unabhängig vom Geldbeutel Zugang zu Kultur haben sollen. Mancher mag das als Hinweis darauf verstehen, dass die Debatte über freien Eintritt auch in Berliner Museen gerade erst beginnt. Nachdem Neil MacGregor dies für das Humboldtforum in Aussicht gestellt hatte, ist Berlin unter Zugzwang. Nach den Koalitionsverhandlungen war allerdings nur noch von einem freien "Zeitfenster" die Rede – der Finanzsenator lässt grüßen. Bei der heutigen Pressekonferenz zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen bekräftigte Lederer jedoch noch einmal, dass die neue Regierung angetreten sei, um kulturelle Freiräume zu erhalten – für alle Berliner:
"Es ist schon so, dass das Leben in unserer Stadt nicht nur für Leute mit einem guten Geldbeutel erträglich und spannend und inspirierend sein soll, sondern tatsächlich für alle. Und insofern wollen wir als Koalition die Stadt auch den Menschen zurückgeben, die in ihr wohnen."
Der scheidende Kultursenator, der alte und neue Regierende Michael Müller, SPD, nahm Abschied mit Wehmut von seiner Chefsache:
"Ich will das an der Stelle auch sagen, dass das auch wehtut. Es ist ein Bereich, den ich sehr gerne verantwortet habe in den letzten zwei Jahren, und ich glaube, dass auch viele gute Entscheidungen getroffen werden konnten für die Berliner Kultur, und damit meine ich nicht nur Finanzentscheidungen, nicht nur Haushaltsentscheidungen, sondern auch Personalentscheidungen, die sehr begrüßt wurden in der Kultur und insgesamt in der Stadt."
"Es ist schon so, dass das Leben in unserer Stadt nicht nur für Leute mit einem guten Geldbeutel erträglich und spannend und inspirierend sein soll, sondern tatsächlich für alle. Und insofern wollen wir als Koalition die Stadt auch den Menschen zurückgeben, die in ihr wohnen."
Der scheidende Kultursenator, der alte und neue Regierende Michael Müller, SPD, nahm Abschied mit Wehmut von seiner Chefsache:
"Ich will das an der Stelle auch sagen, dass das auch wehtut. Es ist ein Bereich, den ich sehr gerne verantwortet habe in den letzten zwei Jahren, und ich glaube, dass auch viele gute Entscheidungen getroffen werden konnten für die Berliner Kultur, und damit meine ich nicht nur Finanzentscheidungen, nicht nur Haushaltsentscheidungen, sondern auch Personalentscheidungen, die sehr begrüßt wurden in der Kultur und insgesamt in der Stadt."
Klaus Lederer und Chris Dercon - funktioniert das?
Nun, nicht bei allen. Am meisten aber dürfte die alte Volksbühne um Frank Castorf über die Berufung Lederers frohlocken. Immerhin hatte der sich öffentlich hinter den Offenen Brief der Volksbühnenmitarbeiter gestellt, in dem sie gegen den vom Duo Müller/Renner berufenen Chris Dercon als neuen Intendanten protestiert hatten. Im Tagesspiegel schrieb Lederer von einem "ebenso kultur- wie stillosen Umgang" mit Castorf und monierte bei Müller und Renner "fragwürdige Personalentscheidungen". Chris Dercon bleibt derweil gelassen. Sein Vertrag steht, daran dürfte ohnehin nicht viel zu rütteln sein. "Unser Vorbereitungsbüro liegt direkt neben seinem Büro, wir sind Nachbarn am Rosa-Luxemburg-Platz", schrieb Dercon in einem ersten Statement an das Deutschlandradio. "Wir sind sehr neugierig, Klaus Lederer kennenzulernen und mit ihm zu arbeiten, auch weil wir wissen, dass ihm die Volksbühne besonders am Herzen liegt."