Gut gelaunt mit Leichtigkeit
Es scheint, als habe sich Steven Uhly über den Erdball treiben lassen wie ein Segelboot ohne Steuermann. Aber aus allem, was er angepackt hat, ist letztlich etwas mit Buchstaben herausgekommen. Zu seiner eigenen Überraschung ist er nun auch offiziell Schriftsteller.
"Es gibt Schreibmasochisten und Lesemasochisten, die sich treffen, und Schreibhedonisten und Lesehedonisten, und die treffen sich auch irgendwie. Ich bin ein Schreibhedonist."
Steven Uhly sitzt gut gelaunt auf einem Drehstuhl in seinem München Arbeitszimmer, schlank, groß, mit wippenden Knien. Er hat dichtes, schwarzes Haar und dunkle Haut. Fotos seiner Tochter an der Wand; eine Menge Bücher im Regal hinter und in großen Kisten und auf dem Fußboden vor sich. Steven Uhly trinkt Wasser aus zwei Gläsern, nur so, es stehen eben zwei Gläser auf dem Schreibtisch.
"Ich habe geschrieben mit dem alleinigen Wunsch, mich zu amüsieren und mich zu überraschen, was kommt als Nächstes."
Dreieinhalb Monate lang fährt Steven Uhly jeden Morgen in sein Büro und meditiert eine Stunde lang, bevor er an seiner Geschichte weiter schreibt.
"Das heißt, mich hingesetzt und versucht, meine Gedanken nicht festzuhalten. Dann wusste ich, wie es weitergehen muss."
"Mein Leben in Aspik" heißt das Buch, das dabei herausgekommen ist. Es geht um einen Mann, der nach seinen Wurzeln sucht. Was er entdeckt, wirkt einigermaßen - überspannt: Die Oma hat dem Opa Rattengift gegeben, später bekommt sie vom Enkel ein Baby. Dieser Enkel bekommt ein Kind mit der Frau seines Vaters, welcher dann mit seiner Schwiegermutter abhaut. Der Autor grinst.
"Es gibt keine Vorbilder in unserer Familiengeschichte.
Mein Verleger hat gesagt: Steven, weißt du, warum das Buch vielen Menschen gefallen wird? Weil ganz viele Leute dasselbe Problem haben. Sie wollen nur wissen, treffen aber auf verschiedene Versionen."
Steven Uhly ist in einem Deutschland aufgewachsen, in dem die Kinder nicht wussten, was ihre Eltern und Großeltern während des zweiten Weltkrieges gemacht haben. Und als sie sich auf die Suche nach der Wahrheit begaben, fanden sie mehr als eine. Eine Geschichte hat immer so viele Versionen, wie es Menschen gibt, die sie erzählen.
Von Steven Uhly gibt es auch nicht nur die Version "Schriftsteller". Es gibt den Lyriker, den Theoretiker, den Verleger, den Tropenforscher und den Übersetzer.
"1987 hatte ich erst in Paris gelebt und bin dann von Paris nach Lissabon gefahren, um dort für ein Jahr zu studieren, aber ich habe dann nur Geld gehabt für vier Wochen, weil Paris so teuer war. Also habe ich mich überall vorgestellt und behauptet, ich hätte Erfahrung als Deutschlehrer. Was aber eine glatte Lüge war. Ich brauchte einfach Geld."
Er bekommt es. Eine große Firma sucht in Lissabon einen Deutschlehrer, und Steven Uhly ist gerade da. So läuft es eben manchmal. So wird er auch zum Institutsdirektor. Er bekommt den Tipp, dass der Deutsche Akademische Austauschdienst jemanden in Belém im Amazonasdelta sucht.
"Dann stellte sich heraus, ich bin der einzige Bewerber für diesen abgelegenen Ort, dann hatte ich den Posten. Und dann war mir gar nicht so bewusst, dass ich da Institutsleiter werden würde. Ich hatte aus dem Nichts heraus eine herausgehobene Position. Das war schon ein Flash am Anfang."
Steven Uhly erzählt mit Schwindel machender Leichtigkeit davon, was war, bevor er seinen Roman schrieb. Vertieft ein Thema, bleibt an einem Stichwort hängen und stößt sich davon ab zum nächsten. Die Tropen, die Doktorarbeit über ein kompliziert klingendes Thema und warum er zusammen mit seiner Frau den Frühling Verlag gründet, nachdem er aus Brasilien zurückgekehrt ist. Die Idee: Je ein Gedicht einzeln zu veröffentlichen, ein paar Sekunden Text auf einer CD.
"Es gibt Gedichte, die sind so toll, die können nicht zwischen vielen anderen und zwei Buchdeckeln ihr Dasein fristen. Damit drücken wir aus, dass es ein Gedicht auch verdient hat, da alleine zu stehen, weil es nach unseren Kriterien viel besser ist, als viele andere."
Steven Uhly hat als Neunjähriger seine ersten Gedichte verfasst und immerfort welche geschrieben, aber kaum eines selbst veröffentlicht. Auch Romanfragmente lagen unberührt in einem Ordner auf seinem Computer herum. Betrachten fällt eben leichter als betrachtet zu werden. Deshalb vielleicht hat Steven Uhly sich erst jetzt auf Druck eines befreundeten Verlegers mit seinem ersten Roman auf die Seite jener begeben, die kritisiert werden. Den nächsten Roman hat er schon angefangen, der Schreibhedonist.
"Da sage ich mir auch, ich will Spaß haben. Wenn ich keinen Spaß habe, wie soll denn der Leser Spaß haben?"
Steven Uhly zieht drei Bücher aus einer seiner Kisten: die Familienchronik einer taiwanischen Autorin, Geschichten aus Bengalen und einen Fotoband über Menschen, die in der argentinischen Militärdiktatur verschwunden sind. Darüber würde er jetzt am liebsten sprechen. Steven Uhly ist eben nicht nur Schriftsteller.
Service:
Der grotesk-humorvolle Roman "Mein Leben in Aspik" von Steven Uhly ist im Secession Verlag erschienen, hat 264 Seiten und kostet 22,95 Euro.
Steven Uhly sitzt gut gelaunt auf einem Drehstuhl in seinem München Arbeitszimmer, schlank, groß, mit wippenden Knien. Er hat dichtes, schwarzes Haar und dunkle Haut. Fotos seiner Tochter an der Wand; eine Menge Bücher im Regal hinter und in großen Kisten und auf dem Fußboden vor sich. Steven Uhly trinkt Wasser aus zwei Gläsern, nur so, es stehen eben zwei Gläser auf dem Schreibtisch.
"Ich habe geschrieben mit dem alleinigen Wunsch, mich zu amüsieren und mich zu überraschen, was kommt als Nächstes."
Dreieinhalb Monate lang fährt Steven Uhly jeden Morgen in sein Büro und meditiert eine Stunde lang, bevor er an seiner Geschichte weiter schreibt.
"Das heißt, mich hingesetzt und versucht, meine Gedanken nicht festzuhalten. Dann wusste ich, wie es weitergehen muss."
"Mein Leben in Aspik" heißt das Buch, das dabei herausgekommen ist. Es geht um einen Mann, der nach seinen Wurzeln sucht. Was er entdeckt, wirkt einigermaßen - überspannt: Die Oma hat dem Opa Rattengift gegeben, später bekommt sie vom Enkel ein Baby. Dieser Enkel bekommt ein Kind mit der Frau seines Vaters, welcher dann mit seiner Schwiegermutter abhaut. Der Autor grinst.
"Es gibt keine Vorbilder in unserer Familiengeschichte.
Mein Verleger hat gesagt: Steven, weißt du, warum das Buch vielen Menschen gefallen wird? Weil ganz viele Leute dasselbe Problem haben. Sie wollen nur wissen, treffen aber auf verschiedene Versionen."
Steven Uhly ist in einem Deutschland aufgewachsen, in dem die Kinder nicht wussten, was ihre Eltern und Großeltern während des zweiten Weltkrieges gemacht haben. Und als sie sich auf die Suche nach der Wahrheit begaben, fanden sie mehr als eine. Eine Geschichte hat immer so viele Versionen, wie es Menschen gibt, die sie erzählen.
Von Steven Uhly gibt es auch nicht nur die Version "Schriftsteller". Es gibt den Lyriker, den Theoretiker, den Verleger, den Tropenforscher und den Übersetzer.
"1987 hatte ich erst in Paris gelebt und bin dann von Paris nach Lissabon gefahren, um dort für ein Jahr zu studieren, aber ich habe dann nur Geld gehabt für vier Wochen, weil Paris so teuer war. Also habe ich mich überall vorgestellt und behauptet, ich hätte Erfahrung als Deutschlehrer. Was aber eine glatte Lüge war. Ich brauchte einfach Geld."
Er bekommt es. Eine große Firma sucht in Lissabon einen Deutschlehrer, und Steven Uhly ist gerade da. So läuft es eben manchmal. So wird er auch zum Institutsdirektor. Er bekommt den Tipp, dass der Deutsche Akademische Austauschdienst jemanden in Belém im Amazonasdelta sucht.
"Dann stellte sich heraus, ich bin der einzige Bewerber für diesen abgelegenen Ort, dann hatte ich den Posten. Und dann war mir gar nicht so bewusst, dass ich da Institutsleiter werden würde. Ich hatte aus dem Nichts heraus eine herausgehobene Position. Das war schon ein Flash am Anfang."
Steven Uhly erzählt mit Schwindel machender Leichtigkeit davon, was war, bevor er seinen Roman schrieb. Vertieft ein Thema, bleibt an einem Stichwort hängen und stößt sich davon ab zum nächsten. Die Tropen, die Doktorarbeit über ein kompliziert klingendes Thema und warum er zusammen mit seiner Frau den Frühling Verlag gründet, nachdem er aus Brasilien zurückgekehrt ist. Die Idee: Je ein Gedicht einzeln zu veröffentlichen, ein paar Sekunden Text auf einer CD.
"Es gibt Gedichte, die sind so toll, die können nicht zwischen vielen anderen und zwei Buchdeckeln ihr Dasein fristen. Damit drücken wir aus, dass es ein Gedicht auch verdient hat, da alleine zu stehen, weil es nach unseren Kriterien viel besser ist, als viele andere."
Steven Uhly hat als Neunjähriger seine ersten Gedichte verfasst und immerfort welche geschrieben, aber kaum eines selbst veröffentlicht. Auch Romanfragmente lagen unberührt in einem Ordner auf seinem Computer herum. Betrachten fällt eben leichter als betrachtet zu werden. Deshalb vielleicht hat Steven Uhly sich erst jetzt auf Druck eines befreundeten Verlegers mit seinem ersten Roman auf die Seite jener begeben, die kritisiert werden. Den nächsten Roman hat er schon angefangen, der Schreibhedonist.
"Da sage ich mir auch, ich will Spaß haben. Wenn ich keinen Spaß habe, wie soll denn der Leser Spaß haben?"
Steven Uhly zieht drei Bücher aus einer seiner Kisten: die Familienchronik einer taiwanischen Autorin, Geschichten aus Bengalen und einen Fotoband über Menschen, die in der argentinischen Militärdiktatur verschwunden sind. Darüber würde er jetzt am liebsten sprechen. Steven Uhly ist eben nicht nur Schriftsteller.
Service:
Der grotesk-humorvolle Roman "Mein Leben in Aspik" von Steven Uhly ist im Secession Verlag erschienen, hat 264 Seiten und kostet 22,95 Euro.