Gut gemachte Stadtwerbung
Hamburg wächst und gedeiht. Und die Stadt will auch mit Architektur auftrumpfen gegenüber den Konkurrenten, vor allem gegenüber Berlin mit seiner rigide Steinfassaden und Blockkanten durchsetzenden Baupolitik, Frankfurt mit seinem Hochhausfreude und Leipzig mit der Begeisterung für das 19. Jahrhunderts.
Dem Zweck dient der Hamburger Architektursommer, der dies Jahr zum 15. Mal veranstaltet wird, und dem dient auch der kleine, nein, superkleine Architekturführer, der jetzt im Jovis-Verlag erschienen ist.
100 Projekte werden darin vorgestellt, alle jüngsten Datums, entstanden in den vergangenen 10 Jahren oder kurz vor Baubeginn. So wie etwa die Hamburgische Philharmonie, die von Herzog und De Meuron auf einem alten Hafenspeicher errichtet werden soll oder das ganz aus Glashäusern geplante Überseequartier von Trojan und Trojan. Bereits errichtet sind etwa der gewaltige "Berliner Bogen" von Bothe Richter Teherani, der 2001 übergeben wurde – ein mit einem gewölbten Glasdach überspannter Bau mit vier Büroriegeln und dazwischen angesiedelten Wintergärten, bei dem man sich schon aus energiepolitischen Gründen fragt, warum eigentlich die in unserem milden Klima ziemlich überflüssige Mode der überdachten Gartenhöfe nicht endlich einmal aufhört zu grassieren.
Erfreulicher sind die schmalen Townhouses, die in Falkenried nach Plänen des Architekturbüros Spenger entstanden. Eigentlich sind das hochpreisige Reihenhäuser, ganz so, wie man es von einer Hansestadt erwartet, gediegen mit Ziegelsteinen und klaren, geometrischen Formen errichtet. Aber das Modell hat derzeit Konjunktur: In Helsinki wird inzwischen eine internationale Bauausstellung nur mit Townhouses geplant, in Berlin entstehen poppige Edelreihenhäuser nahe dem Außenministerium – und in Hamburg eben so gedeckt noble Architekturen.
Da zeigt sich denn doch so etwas wie eine regionale Architektursprache, die einerseits mit großen Glasfronten und demonstrativem High-Tech gerne die Modernität Hamburgs betont, andererseits aber auch gerade bei den kleineren Projekten Seriosität und bürgerlich-elegantes Understatement. Auffällig ist übrigens auch, wie oft in Hamburg inzwischen Architekturen aus der Nachkriegszeit umgebaut werden. Da findet man Bürohäuser, die zu Wohnbauten wurden, auch so manches Geschäftsgebäude, das eine neue Fassade erhält.
Was aber unterscheidet diesen Führer von anderen Führern zur Hamburger Architektur? Erst einmal seine Aktualität. Und dann die Machart. Alle Architekturführer zu Hamburg, die bisher erschienen sind, präsentieren ein Bild der Stadt, von dem sich die Autoren vorstellen, dass es besonders Hamburgisch sei. Und diese Autoren sind meist Architekturkritiker und Kunsthistoriker, man sieht also viel Ziegelstein und würdige Häuserfronten.
Nehmen wir einmal als Beispiel den im Kunstbuchverlag von Axel Menges schon 1995 erschienenen Führer des Historikers Ralf Lange, der im Herbst in einer aktualisierten Version neu aufgelegt werden wird. Das ist ein Kunst- und Architekturführer für diejenigen, die schon etwas über Architektur wissen und jetzt im Detail informiert werden, welche Baukonstruktionen eingesetzt werden und welche Formen woher stammen. Oder nehmen wir den von dem Hamburger Großarchitekten Volkwin Marg herausgegebenen, im Junius-Verlag erschienenen und derzeit umfangreichsten Architekturführer. Er zeigt uns Hamburgs Bauen als lange Folge von Avantgardeerlebnissen, spannend zweifellos, aber irgendwie auch sehr auf die Interessen von Architekten zugeschnitten, die sich nicht gerne mit dem Alten beschäftigen.
Der neue Führer vom Jovis-Verlag hingegen ist ein Auftragswerk des Hamburger Senats, also der Stadtregierung. Bösartig gesagt: Es handelt sich um eine besonders nett verpackte und gut fotografierte Art der Stadtwerbung. Es geht darum, das Image Hamburgs als Architekturstadt zu verkaufen, und das wird sehr professionell gemacht. Zwar sind die Texte, die von unterschiedlichen Autoren stammen, teilweise von krasser Nähe zu den Investoren und Architekten geprägt, entbehren also jeder kritischen Distanz. Aber dafür hat man ordentliche Einführungen in die Stadtgeschichte, Hinweise, wie man mit öffentlichen Verkehrsmitteln – Hamburgs Bahnhöfe sind übrigens, wie man hier sehen kann, eine eigene Reise wert – zu den Häusern gelangt, anständige Stadtpläne erleichtern die Orientierung.
Dass das Buch nicht besonders toll gebunden ist, kann toleriert werden – so eine Publikation hat keinen Ewigkeitswert. Man wünschte sich, es gäbe sie für jede deutsche Stadt. Dann würde vielleicht auch endlich einmal das reaktionäre Gemaule aufhören, dass die Moderne nicht in der Lage sei, der Gesellschaft einen angemessenen und ästhetisch erfreulichen Ausdruck zu verleihen und deswegen Schlossfassaden wieder gebaut werden müssten. Hamburgs Mut zur Moderne, den wünschte man sich auch für Braunschweig, Potsdam und manchmal sogar im bauwütigen Berlin.
Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Freie und Hansestadt Hamburg (Hg.): Bauen für die wachsende Stadt. Ein Architekturführer
Jovis-Verlag Berlin 2006, 320 Seiten
100 Projekte werden darin vorgestellt, alle jüngsten Datums, entstanden in den vergangenen 10 Jahren oder kurz vor Baubeginn. So wie etwa die Hamburgische Philharmonie, die von Herzog und De Meuron auf einem alten Hafenspeicher errichtet werden soll oder das ganz aus Glashäusern geplante Überseequartier von Trojan und Trojan. Bereits errichtet sind etwa der gewaltige "Berliner Bogen" von Bothe Richter Teherani, der 2001 übergeben wurde – ein mit einem gewölbten Glasdach überspannter Bau mit vier Büroriegeln und dazwischen angesiedelten Wintergärten, bei dem man sich schon aus energiepolitischen Gründen fragt, warum eigentlich die in unserem milden Klima ziemlich überflüssige Mode der überdachten Gartenhöfe nicht endlich einmal aufhört zu grassieren.
Erfreulicher sind die schmalen Townhouses, die in Falkenried nach Plänen des Architekturbüros Spenger entstanden. Eigentlich sind das hochpreisige Reihenhäuser, ganz so, wie man es von einer Hansestadt erwartet, gediegen mit Ziegelsteinen und klaren, geometrischen Formen errichtet. Aber das Modell hat derzeit Konjunktur: In Helsinki wird inzwischen eine internationale Bauausstellung nur mit Townhouses geplant, in Berlin entstehen poppige Edelreihenhäuser nahe dem Außenministerium – und in Hamburg eben so gedeckt noble Architekturen.
Da zeigt sich denn doch so etwas wie eine regionale Architektursprache, die einerseits mit großen Glasfronten und demonstrativem High-Tech gerne die Modernität Hamburgs betont, andererseits aber auch gerade bei den kleineren Projekten Seriosität und bürgerlich-elegantes Understatement. Auffällig ist übrigens auch, wie oft in Hamburg inzwischen Architekturen aus der Nachkriegszeit umgebaut werden. Da findet man Bürohäuser, die zu Wohnbauten wurden, auch so manches Geschäftsgebäude, das eine neue Fassade erhält.
Was aber unterscheidet diesen Führer von anderen Führern zur Hamburger Architektur? Erst einmal seine Aktualität. Und dann die Machart. Alle Architekturführer zu Hamburg, die bisher erschienen sind, präsentieren ein Bild der Stadt, von dem sich die Autoren vorstellen, dass es besonders Hamburgisch sei. Und diese Autoren sind meist Architekturkritiker und Kunsthistoriker, man sieht also viel Ziegelstein und würdige Häuserfronten.
Nehmen wir einmal als Beispiel den im Kunstbuchverlag von Axel Menges schon 1995 erschienenen Führer des Historikers Ralf Lange, der im Herbst in einer aktualisierten Version neu aufgelegt werden wird. Das ist ein Kunst- und Architekturführer für diejenigen, die schon etwas über Architektur wissen und jetzt im Detail informiert werden, welche Baukonstruktionen eingesetzt werden und welche Formen woher stammen. Oder nehmen wir den von dem Hamburger Großarchitekten Volkwin Marg herausgegebenen, im Junius-Verlag erschienenen und derzeit umfangreichsten Architekturführer. Er zeigt uns Hamburgs Bauen als lange Folge von Avantgardeerlebnissen, spannend zweifellos, aber irgendwie auch sehr auf die Interessen von Architekten zugeschnitten, die sich nicht gerne mit dem Alten beschäftigen.
Der neue Führer vom Jovis-Verlag hingegen ist ein Auftragswerk des Hamburger Senats, also der Stadtregierung. Bösartig gesagt: Es handelt sich um eine besonders nett verpackte und gut fotografierte Art der Stadtwerbung. Es geht darum, das Image Hamburgs als Architekturstadt zu verkaufen, und das wird sehr professionell gemacht. Zwar sind die Texte, die von unterschiedlichen Autoren stammen, teilweise von krasser Nähe zu den Investoren und Architekten geprägt, entbehren also jeder kritischen Distanz. Aber dafür hat man ordentliche Einführungen in die Stadtgeschichte, Hinweise, wie man mit öffentlichen Verkehrsmitteln – Hamburgs Bahnhöfe sind übrigens, wie man hier sehen kann, eine eigene Reise wert – zu den Häusern gelangt, anständige Stadtpläne erleichtern die Orientierung.
Dass das Buch nicht besonders toll gebunden ist, kann toleriert werden – so eine Publikation hat keinen Ewigkeitswert. Man wünschte sich, es gäbe sie für jede deutsche Stadt. Dann würde vielleicht auch endlich einmal das reaktionäre Gemaule aufhören, dass die Moderne nicht in der Lage sei, der Gesellschaft einen angemessenen und ästhetisch erfreulichen Ausdruck zu verleihen und deswegen Schlossfassaden wieder gebaut werden müssten. Hamburgs Mut zur Moderne, den wünschte man sich auch für Braunschweig, Potsdam und manchmal sogar im bauwütigen Berlin.
Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Freie und Hansestadt Hamburg (Hg.): Bauen für die wachsende Stadt. Ein Architekturführer
Jovis-Verlag Berlin 2006, 320 Seiten