Gute Konjunktur

Wohin mit dem staatlichen Milliarden-Überschuss?

Das Bild zeigt Miniaturfiguren (Mutter, Vater mit Kind im Arm, ein weiteres Kind im Buggy) auf einem Stapel von Euro-Geldmünzen. Im Hintergrund sieht man unscharf einen 50-Euro-Schein.
Der staatliche Überschuss ist so hoch wie noch nie seit der Wiedervereinigung – nun ist die Frage, wohin das Geld fließen soll. © Jens Büttner / dpa
Margaret Heckel im Gespräch mit Julius Stucke |
Die deutsche Wirtschaft läuft und läuft. Das spült Milliarden in die Kasse von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung. Die Wirtschaftsjournalistin Margaret Heckel plädiert für eine gesellschaftliche Debatte, wofür das Geld ausgegeben werden sollte.
Sprudelnde Steuereinnahmen haben der Staatskasse im ersten Halbjahr einen Rekordüberschuss beschert. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nahmen unter dem Strich 48,1 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben.

Eine Erfolgsgeschichte

"Das hatten wir noch nie seit der Wiedervereinigung, das ist echt ganz schön viel Geld", sagte unser Studiogast, die Wirtschaftsjournalistin Margaret Heckel, im Deutschlandfunk Kultur. "Insofern ist das ein guter Anlass, mal darüber nachzudenken, für was wir Geld ausgeben." Dieser Überschuss stamme vor allem aus den vielen Steuern der Bürger und Unternehmen. "Insofern ist das eine Erfolgsgeschichte, die widerspiegelt, dass es der deutschen Wirtschaft sehr gut geht, dass wir die niedrigsten Arbeitsquoten seit vielen, vielen Jahren haben, dass immer mehr Menschen, die lange nach Jobs gesucht haben, inzwischen Arbeit finden." Das solle man nicht kleinreden.
Margaret Heckel im Deutschlandfunk Kultur Studio.
Die Journalistin Margaret Heckel im Studio von Deutschlandfunk Kultur © Deutschlandradio
Es sei wichtig darüber zu reden, was wir mit dem Geld machen , sagte Heckel. Man könnte den Bürgern Geld zurückgeben, in dem man die Steuern oder Abgaben senke. Es sei aber auch denkbar, eine große Summe davon in neue Kita-Plätze zu investieren. "Alle Kita-Plätze in Deutschland kosten 16 Milliarden Euro", sagte die Volkswirtin. Wenn man dieses Geld um zehn Prozent erhöhen würde, wären das gerade mal anderthalb Milliarden der fast 50 Milliarden Überschuss. "Das klingt jetzt ganz, ganz wenig." Aber wenn die Kitas zehn Prozent mehr bekämen, wäre die Begeisterung bei allen sicher groß.

Frage der Zuständigkeiten

Leider sei das Geld-Ausgeben nicht ganz so einfach, räumte Heckel ein. Für die Kitas seien allein die Länder und Kommunen und nicht etwa der Bund zuständig. "Das sind viele, viele Bürgermeister-Einzelentscheidungen, da kann niemand in Berlin sagen, macht das jetzt – das geht einfach gar nicht." Das sei eben die Schwierigkeit, sagte Heckel. "Nichtsdestotrotz könnten wir eine gesellschaftliche Debatte darüber führen, weil die Kleinsten sind eigentlich die wichtigsten." Sie fürchte, dass das Thema stattdessen zerredet werde. "Das wäre schade, wir sollten so eine Debatte führen." (gem)

Margaret Heckel, geboren 1966, studierte Volkswirtschaft in Heidelberg und den USA, sie arbeitet heute als freie Autorin und Moderatorin. Sie war Politikchefin der "Welt", der "Welt am Sonntag" und der "Berliner Morgenpost". Außerdem leitete sie das Politikressort der "Financial Times Deutschland" und berichtete für die "Wirtschaftswoche" aus Leipzig, Berlin und Moskau. Sie schrieb mehrere Bücher, unter anderem "So regiert die Kanzlerin" (Piper Verlag, 2009).

Hören Sie hier die gesamte "Studio 9"-Sendung mit Margaret Heckel:
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