"Guter Kompromiss" bei UN-Klimakonferenz erwartet
Der Koordinator der polnischen Regierung für die UN-Klimakonferenz erwartet zum Abschluss der Konferenz ein positives Ergebnis der Verhandlungen. Es werde einen "guten Kompromiss" geben, der die Interessen der neuen und der alten EU-Länder berücksichtige, sagte der polnische Diplomat.
Leonie March: Die Verhandlungen sind hart, sowohl in Brüssel als auch in Posen. Es geht um ein europäisches Klimaschutzpaket und die Weichenstellung für eine internationale Regelung, die das Kyoto-Protokoll ablösen soll. Doch ein Jahr vor dem entscheidenden Klimagipfel in Kopenhagen ist kein Staat zu echten Zugeständnissen bereit, sind allzu anspruchsvolle Passagen bereits aus den Entwürfen gestrichen worden. Koordinator der polnischen Regierung für die UN-Klimakonferenz in Posen ist Janusz Reiter. Guten Morgen, Herr Reiter!
Janusz Reiter: Guten Morgen!
March: Heute geht die Konferenz in Posen zu Ende. Wie bewerten Sie den Stand der Beratungen kurz vor ihrem Abschluss?
Reiter: Ich glaube, wir treten jetzt in die entscheidende Phase ein. Insofern kann man im Grunde genommen die Beratungen noch gar nicht abschließend beurteilen. Sie verliefen relativ gut. Aber jetzt kommt die Phase, in der die Minister, nicht mehr die Verhandler, entscheiden müssen, was hier auch wirklich als Beschluss angenommen wird. Und da sieht man viele Differenzen, aber so wie das üblich ist, am heutigen und am letzten Tag und vielleicht auch in der Nacht wird sich manches klären. Man muss vielleicht noch hinzufügen, hier in Posen, anders als in Brüssel zum Beispiel, erwartet man keine abschließende Ergebnisse der Verhandlungen, sondern nur ein Zwischenergebnis. Das macht die Sache etwas leichter, aber nicht leicht.
March: Polen ist Gastgeber der Klimakonferenz und wie kaum ein anderes Land abhängig von Kohle. Mehr als 90 Prozent des Stroms und zwei Drittel der Wärme werden in Kohlekraftwerken erzeugt. Das macht sich in der CO2-Bilanz bemerkbar und deshalb sind allzu ehrgeizige Klimaziele auch nicht im Sinne Warschaus. Was wäre denn für Sie akzeptabel?
Reiter: Na ja, man kann es anders aufnehmen, und zwar Polen ist mit seiner Energie, die auf Kohle basiert, näher an der Welt. Denn viele Länder in der Welt haben Kohle, fördern Kohle und wollen Kohle weiter verbrennen. Und wir müssen dafür sorgen, dass es eine Zukunft für die Kohle gibt, aber keine Zukunft für CO2. Und das geht. Und wenn das gelingt, dann braucht sich Polen keine Sorgen zu machen um die Zukunft, aber auch viele andere Länder wie meinetwegen China oder auch die USA. Insofern kein spezifisch-polnisches Problem, sondern ein wichtiger Teil des weltweiten Problems der Zukunft der Energiewirtschaft und der sogenannten Low Carbon Economy, die alle akzeptieren, auch hier in Polen. Außerdem, noch einen Satz, in der EU gibt es keine Diskussion zwischen Polen und dem Rest der EU, sondern die Trennungslinien sind viel komplizierter. Auch innerhalb der alten westlichen EU gibt es große Differenzen.
March: Sie haben gerade gesagt, Herr Reiter, Kohlekraftwerke und CO2-Emissionen zu senken, das schließt sich nicht aus. Welchen Weg stellen Sie sich da vor?
Reiter: Es gibt neue Technologien, die es erlauben werden, Kohle sauber zu verbrennen und dabei den CO2-Ausstoß zu minimieren. Es gibt bereits solche ersten Versuche, und wir sind im Grunde genommen am Beginn der Entwicklung und nicht am Schluss der Entwicklung. Da liegt ein Teil der Antwort auf das Problem globale Erwärmung, nicht die Antwort, sondern ein Teil der Antwort. Ein anderer Teil der Antwort sind erneuerbare Energien. Und auch Polen hat sich dazu verpflichtet, diese einzuführen. Und dazu steht Polen ohne jeglichen Zweifel. Ich bin sicher, dass wir in Brüssel bei dem Gipfel einen guten Kompromiss bekommen werden, der auch die polnischen und die deutschen Interessen, und Deutschland hat ja auch seine Interessen in dieser Diskussion, und die Interessen der anderen neuen EU-Länder, aber auch Italiens berücksichtigen wird.
March: Und Sie haben nicht die Sorge, dass das übergeordnete Klimaziel dadurch abgeschwächt wird?
Reiter: Nein. Es gibt keinen, es gab keinen einzigen Fall, in dem Polen durch seine spezifischen Interessen in der EU sich irgendwie beeinträchtigt fühlte in seiner Rolle als Gastgeber der Konferenz. Und der Umstand, den ich nannte, dass Polen als Kohleland, sagen wir traditionell, die Probleme kennt, die viele Länder dieser Welt haben. Ich glaube, das macht Polen noch zu einem glaubwürdigeren Gastgeber der Konferenz für viele Länder, gerade auch aus der Entwicklungswelt, aber nicht nur. Denn auch in der entwickelten Welt gibt es viele Länder, die auf Kohle so ohne Weiteres nicht verzichten können.
March: EU-Ratspräsident Sarkozy hat ja eine Art Klimasolidarbeitrag als Kompromiss vorgeschlagen für das EU-Klimapaket. Ein Teil der Emissionszertifikate soll demnach umverteilt werden zur Entlastung der veralteten Industrien, die in dieser Zeit dann modernisiert werden könnten. Könnte Polen diesem Kompromiss zustimmen?
Reiter: Es gibt verschiedene Modelle. Aber der Sinn dieser Modelle ist eben eine Art Kompensation zu schaffen für die Länder, die aufgrund ihrer Wirtschaftsstruktur oder Energiewirtschaftsstruktur Unterstützung brauchen auf dem Weg zu dem gemeinsamen Ziel für die EU. Und dieses Modell ist eben eins von mehreren, die zur Verfügung stehen. Und welches am Ende gewählt wird, werden wir heute erfahren.
March: Wie offen sind denn die Stromkonzerne in Polen für eine Umstellung auf klimafreundlichere Energien?
Reiter: Ja, die Stromkonzerne haben ihre Interessen und sie vertreten ihre Interessen. Und in der Diskussion sind sie einer von mehreren, die sich daran beteiligen, aber nicht die einzigen und ihre Interessen müssen berücksichtigt werden. In Deutschland werden die Interessen der Automobilindustrie berücksichtigt, aber auch andere Industrien. Das ist nichts Ungewöhnliches. Und jede Regierung muss solche Interessen auch mitberücksichtigen, was aber nicht bedeutet, dass der Wunsch von irgendeiner Industrie nach dem Erhalt von Status quo auch erfüllt werden muss. Nein, bei der Stromindustrie insbesondere geht es eben wie gesagt darum, eine Zukunft für die Kohle zu sichern, aber nicht für CO2.
March: Janusz Reiter, der Koordinator der polnischen Regierung bei der UN-Klimakonferenz in Posen. Herzlichen Dank, Herr Reiter!
Reiter: Vielen Dank!
Das Gespräch mit Janusz Reiter können Sie bis zum 12. April 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio
Janusz Reiter: Guten Morgen!
March: Heute geht die Konferenz in Posen zu Ende. Wie bewerten Sie den Stand der Beratungen kurz vor ihrem Abschluss?
Reiter: Ich glaube, wir treten jetzt in die entscheidende Phase ein. Insofern kann man im Grunde genommen die Beratungen noch gar nicht abschließend beurteilen. Sie verliefen relativ gut. Aber jetzt kommt die Phase, in der die Minister, nicht mehr die Verhandler, entscheiden müssen, was hier auch wirklich als Beschluss angenommen wird. Und da sieht man viele Differenzen, aber so wie das üblich ist, am heutigen und am letzten Tag und vielleicht auch in der Nacht wird sich manches klären. Man muss vielleicht noch hinzufügen, hier in Posen, anders als in Brüssel zum Beispiel, erwartet man keine abschließende Ergebnisse der Verhandlungen, sondern nur ein Zwischenergebnis. Das macht die Sache etwas leichter, aber nicht leicht.
March: Polen ist Gastgeber der Klimakonferenz und wie kaum ein anderes Land abhängig von Kohle. Mehr als 90 Prozent des Stroms und zwei Drittel der Wärme werden in Kohlekraftwerken erzeugt. Das macht sich in der CO2-Bilanz bemerkbar und deshalb sind allzu ehrgeizige Klimaziele auch nicht im Sinne Warschaus. Was wäre denn für Sie akzeptabel?
Reiter: Na ja, man kann es anders aufnehmen, und zwar Polen ist mit seiner Energie, die auf Kohle basiert, näher an der Welt. Denn viele Länder in der Welt haben Kohle, fördern Kohle und wollen Kohle weiter verbrennen. Und wir müssen dafür sorgen, dass es eine Zukunft für die Kohle gibt, aber keine Zukunft für CO2. Und das geht. Und wenn das gelingt, dann braucht sich Polen keine Sorgen zu machen um die Zukunft, aber auch viele andere Länder wie meinetwegen China oder auch die USA. Insofern kein spezifisch-polnisches Problem, sondern ein wichtiger Teil des weltweiten Problems der Zukunft der Energiewirtschaft und der sogenannten Low Carbon Economy, die alle akzeptieren, auch hier in Polen. Außerdem, noch einen Satz, in der EU gibt es keine Diskussion zwischen Polen und dem Rest der EU, sondern die Trennungslinien sind viel komplizierter. Auch innerhalb der alten westlichen EU gibt es große Differenzen.
March: Sie haben gerade gesagt, Herr Reiter, Kohlekraftwerke und CO2-Emissionen zu senken, das schließt sich nicht aus. Welchen Weg stellen Sie sich da vor?
Reiter: Es gibt neue Technologien, die es erlauben werden, Kohle sauber zu verbrennen und dabei den CO2-Ausstoß zu minimieren. Es gibt bereits solche ersten Versuche, und wir sind im Grunde genommen am Beginn der Entwicklung und nicht am Schluss der Entwicklung. Da liegt ein Teil der Antwort auf das Problem globale Erwärmung, nicht die Antwort, sondern ein Teil der Antwort. Ein anderer Teil der Antwort sind erneuerbare Energien. Und auch Polen hat sich dazu verpflichtet, diese einzuführen. Und dazu steht Polen ohne jeglichen Zweifel. Ich bin sicher, dass wir in Brüssel bei dem Gipfel einen guten Kompromiss bekommen werden, der auch die polnischen und die deutschen Interessen, und Deutschland hat ja auch seine Interessen in dieser Diskussion, und die Interessen der anderen neuen EU-Länder, aber auch Italiens berücksichtigen wird.
March: Und Sie haben nicht die Sorge, dass das übergeordnete Klimaziel dadurch abgeschwächt wird?
Reiter: Nein. Es gibt keinen, es gab keinen einzigen Fall, in dem Polen durch seine spezifischen Interessen in der EU sich irgendwie beeinträchtigt fühlte in seiner Rolle als Gastgeber der Konferenz. Und der Umstand, den ich nannte, dass Polen als Kohleland, sagen wir traditionell, die Probleme kennt, die viele Länder dieser Welt haben. Ich glaube, das macht Polen noch zu einem glaubwürdigeren Gastgeber der Konferenz für viele Länder, gerade auch aus der Entwicklungswelt, aber nicht nur. Denn auch in der entwickelten Welt gibt es viele Länder, die auf Kohle so ohne Weiteres nicht verzichten können.
March: EU-Ratspräsident Sarkozy hat ja eine Art Klimasolidarbeitrag als Kompromiss vorgeschlagen für das EU-Klimapaket. Ein Teil der Emissionszertifikate soll demnach umverteilt werden zur Entlastung der veralteten Industrien, die in dieser Zeit dann modernisiert werden könnten. Könnte Polen diesem Kompromiss zustimmen?
Reiter: Es gibt verschiedene Modelle. Aber der Sinn dieser Modelle ist eben eine Art Kompensation zu schaffen für die Länder, die aufgrund ihrer Wirtschaftsstruktur oder Energiewirtschaftsstruktur Unterstützung brauchen auf dem Weg zu dem gemeinsamen Ziel für die EU. Und dieses Modell ist eben eins von mehreren, die zur Verfügung stehen. Und welches am Ende gewählt wird, werden wir heute erfahren.
March: Wie offen sind denn die Stromkonzerne in Polen für eine Umstellung auf klimafreundlichere Energien?
Reiter: Ja, die Stromkonzerne haben ihre Interessen und sie vertreten ihre Interessen. Und in der Diskussion sind sie einer von mehreren, die sich daran beteiligen, aber nicht die einzigen und ihre Interessen müssen berücksichtigt werden. In Deutschland werden die Interessen der Automobilindustrie berücksichtigt, aber auch andere Industrien. Das ist nichts Ungewöhnliches. Und jede Regierung muss solche Interessen auch mitberücksichtigen, was aber nicht bedeutet, dass der Wunsch von irgendeiner Industrie nach dem Erhalt von Status quo auch erfüllt werden muss. Nein, bei der Stromindustrie insbesondere geht es eben wie gesagt darum, eine Zukunft für die Kohle zu sichern, aber nicht für CO2.
March: Janusz Reiter, der Koordinator der polnischen Regierung bei der UN-Klimakonferenz in Posen. Herzlichen Dank, Herr Reiter!
Reiter: Vielen Dank!
Das Gespräch mit Janusz Reiter können Sie bis zum 12. April 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio