Gutes Essen - gute Gespräche

Von Paul Stänner |
Martina Kömpel ist die einzige deutsche Absolventin der "Ecole Superiore de Cuisine Francaise Ferrandi", der Edelkochschule in Paris. Für die gelernte Schneiderin war das am Anfang ihrer Berufsbiografie nicht absehbar. Heute ist sie eine gesuchte Köchin für deutsche Diplomaten.
Paris – eine der vornehmeren Gegenden der französischen Hauptstadt. Die deutsche Botschaft gibt einen Empfang. Etwas mehr als ein Dutzend Gäste aus der internationalen diplomatischen Szene sind in Smalltalk vertieft. Dabei umlagern sie einen länglichen Tisch. Unter ihnen auch Walter Stechel, deutscher Berater bei der OECD:

"Das Essen ist immer wichtig, denn es ist ein Anknüpfungspunkt für das Gespräch, es löst die Stimmung und ich glaube, dass ein gutes Essen ein guter Begleiter für die Gespräche und die Kontaktpflege ist."

Das Essen für diesen Empfang hat Martina Kömpel zubereitet. Sie erledigt die letzten Handgriffe in der Küche der Botschafterwohnung, dann stellt sie immer neue Gerichte auf den Tisch, den alle im Auge haben. Überraschende Kleinigkeiten liegen auf den Tellern:

"Das ist eine Mini-Currywurst, das gibt’s als Gag heute. Das stand nicht auf der Karte, das hab ich einfach einfließen lassen, ein Stückchen Original deutsche Currywurst mit Ketchup und Currypulver."

Außerdem gibt es gefüllte Zuchini mit Ricottakäse und gegrillten Pinienkernen, dazu frischer Lachs auf Ratatoullie-Gemüse, gefüllte Teigstangen mit Oregano und Fetakäse – und dergleichen mehr.

"Es gibt so viele verschiedenen Sachen, die so ein bisschen deutsch sein sollen aber auch französisch, einfach eine deutsch-französische Freundschaft."

Der Tisch bleibt dicht umlagert. Auch die Gattin des OECD-Beraters Stechel hält sich in der Nähe der Teller und Platten.

"Die Currywurst war in der Tat ein Gesprächsanknüpfungspunkt, weil, die hatte ich nicht erwartet, wie sie in dem kleinen Papier serviert wurde, ich mich war die Wäscheklammer auf den Zucciniröllchen der Gesprächspunktauslöser, die fand ich witzig."

Martina Kömpel, die Köchin – Mitte 40, schlank, blond, große Augen mit verschmitztem Blick - stammt aus Krefeld. Sie machte Abitur und begann – eine Schneiderlehre. Dann entschied sie sich doch für ein Studium und wählte Theaterwissenschaften in München.

"Ich wollte ja was studieren, wo man nebenbei gut arbeiten kann, dann brauchte ich aber auch einen Studiengang, der nicht so wahnsinnig mit Numerus Clausus belegt war, weil ich im Abitur eine "6" hatte in Französisch, und so konnte ich mir letztendlich nicht nur das Studium aussuchen, sondern auch den Ort und da war natürlich ganz klar, da werde ich mich in München einschreiben, wo ja alle hinwollten."

Dass die Theaterwissenschaften ein besonders attraktives Studium sind, weil man Zeit für anderes hat, wird nicht jeder Professor gern hören. Martina Kömpel nutzte ihre Zeit und jobbte bei einem Edelpartyservice.

"Erster Auftritt, Champagnertablett, und ich rutsch natürlich auf einem Rosenblatt aus, Rumms!"

Der Einstieg war furios, es ging aber noch besser. Die Nebenerwerbsstudentin jobbte als Kabelträgerin beim Fernsehen und machte Karriere: Sie wurde die Castingchefin für die Show "Der Preis ist heiß". Eigentlich war eine Karriere beim Fernsehen vorgezeichnet, aber es kam anders. Martina Kömpel mit der "6" in Französisch lernte Nicolas kennen.

"Meinen Mann hab ich im Flugzeug kennen gelernt." (lacht) "Auf dem Weg von Paris nach München, ich kam aus den Ferien, und wir haben uns halt sehr nett unterhalten, wir haben monatelang telefoniert und dann haben wir uns wieder getroffen und dann traf mich der Schlag, das war’s."

Das Paar zog nach Paris. Ihr Mann Nicolas ist heute Lehrer in Casablanca in Marokko. Dort leben auch die beiden halbwüchsigen Kinder, während Martina Kömpel zwischen ihren unterschiedlichen Einsatzorten und Casablanca hin- und herpendelt. Nach ihrem ersten Kind begann ihre Laufbahn am Herd mit einer Suppe.

Zu einem privaten Fest in Paris brachte Martina Kömpel eine Kürbissuppe mit, die als so spektakulär empfunden wurde, dass die Freunde ihr dringend rieten, eine professionelle Kochausbildung zu machen. Sie absolvierte als erste Deutsche die renommierte Kochschule "Ecole Ferrandi":

"Der größte Stress war, dass man alles erst mal vergessen musste, was man so als Hobbykoch so denkt, dass ist richtig. Man muss wirklich alles von der Pike auf wieder lernen, das ist wie in einem Crash-Kurs."

Theorie ist das eine, Praxis in den besten Häusern ist das andere: Martina Kömpel arbeitete in einem internationalen Team im Ritz, der Pariser Nobelherberge der Reichen und Betuchten. Dann machte sie sich selbstständig. Nicht mit einem Lokal, sondern mit einem Catering auf höchstem Niveau.

"Mein Einstand war die Eröffnung vom Goethe-Institut. Es kamen 300 geladene Gäste, es kam Herr Steinmeier und es war ein Riesenstress für das Goethe-Institut, die einzige, die keinen Stress gemacht hat, war ich, weil die sich gedacht hat, dass passt schon…das war wirklich super!"

Seitdem arbeitet Martina Kömpel als fliegende Köchin für deutsche Botschaften in Paris und anderen Ländern, zum Beispiel im afrikanischen Benin.

"In Afrika hab ich Arme Ritter gemacht. Wenn man es auf französische Art macht, dann nimmt man Brioche, ein sehr schönes Brot, was sich eben auch schön braten lässt, kombiniert das mit karamellisierten Äpfeln und einer Salz-Karamel-Soße und einer echten Tahiti-Vanille-Soße – perfekt! Dann hat man ein ganz tolles Erlebnis!"

Schneiderlehre, abgeschlossenes Studium der Theaterwissenschaft, eine Beinahe-Karriere beim Fernsehen – der Weg zur Spitzenköchin scheint ein langer Umweg gewesen zu sein. Oder? Nein, meint Martina Kömpel:

"Das war genau der Weg, der richtig war, um Köchin zu werden."
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