"Habe keinen Aberglauben"
Als aufgeklärter Mensch betrachtet man eine Ausstellung mit dem Titel "Engel und Dämonen” als eine Information darüber, wovor Menschen Angst haben und wie sie glauben, sich schützen zu können. Da ist das Heer der Götter und Götzen, die in Gebeten um Beistand angefleht werden. Es gibt zahllose Rituale und auch Talismane für nahezu alle Lebenslagen.
Nicht jeder Fund ist heute noch in seiner Bedeutung erklärbar, sagt Museumsdirektorin Amanda Weiß und meint damit ein uraltes Ritual, das mit Rattenkot praktiziert wurde:
"Wovor hat Rattenkot geschützt? Ich habe keine Ahnung und wir können auch keine Antwort auf diese Frage geben. Salz macht irgendwo Sinn, es wird nicht nur in der Kaschrut als Reinigungsmittel genutzt und dient auch zur Desinfektion, das macht Sinn und leuchtet ein. Aber andere Dinge sind heute unverständlich und wir wissen nichts mehr darüber. Aber es ist phantastisch, wie wir aus alten Texten und archäologischen Funden eine Fülle an Informationen haben, die uns zeigen, dass im Judentum immer auch magische Praktiken eine Rolle gespielt haben."
Die erste Überraschung ist, dass Magie und der Glaube an die Wunderkraft von Amuletten ganz und gar kein historisch abgeschlossenes Kapitel ist. Das älteste Ausstellungsstück ist ein Siegel mit dem Abdruck eines Skarabäus’, des vor allem bei den Ägyptern heiligen Mistkäfers. Etwa 3.000 Jahre ist dieses Symbol eines sozusagen amtlich bestallten Hofmagiers alt, erzählt Kuratorin Ruthi Namir, und zeigt gleich daneben auf eines der jüngsten Amulette der Sammlung, das aus dem Jahr 1992 stammt:
"Es ist ein Amulett für eine kranke Frau. Ein Rabbiner gab es ihr und sagte, sie solle es eine Woche lang jeden Tag in heißes Wasser tauchen und danach das Wasser trinken, und nach einer Woche sollte sie mit dem Amulett um einen Kaktus herumlaufen. Sie hat das alles genau so gemacht - und sie wurde wieder gesund!"
Das Jerusalemer Bibelland-Museum, das 1992 eröffnet wurde, beherbergt eine der wichtigsten, wenn nicht überhaupt die wichtigste Sammlung nahöstlicher Altertümer und Kunstobjekte in Israel. Als Privatmuseum des ursprünglich aus Polen stammenden und zuletzt in Toronto lebenden Kunsthistorikers und Antiquitätenhändlers Eli Borowski gebaut, beherbergt es hauptsächlich die überaus reiche Kunstsammlung des Stifters, die im Unterschied zu anderen Museen im Land nicht auf den relativ kleinen geografischen Bereich Israels beschränkt ist, sondern Zeugnisse aller Kulturen und Zivilisationen umfasst, die in der Bibel eine Rolle gespielt haben und erwähnt werden.
Und so finden sich eben auch im Bereich der Magie Objekte, die sowohl in der islamischen wie in der jüdischen Tradition verankert sind und man heute nur noch schwer bis gar nicht mehr feststellen kann, welche Kultur die ursprüngliche war und welche beeinflusst wurde. Das bekannte blaue Auge zum Beispiel oder auch der Brauch, Spiegel an verschiedenen Stellen im Haus aufzuhängen.
Beide Objekte schützen vor dem bösen Blick, der magisch angezogen und damit von den Menschen abgelenkt und neutralisiert wird. Zumindest in Europa weniger bekannt dürfte ein anderes magisches Objekt sein, von dem Ruthi Namir einige etwa 1.200 Jahre alte und aus Mesopotamien, dem heutigen Irak, stammende Beispiele zeigt:
"Das sind Schüsseln, in die alle möglichen Sprüche und Formeln geschrieben und Darstellungen von bösen Geistern gemalt sind. Diese Schüsseln hat man unter der Türschwelle vergraben, denn man hat geglaubt, dass die bösen Geister unter der Tür hindurch in das Haus gelangen. Wenn sie dann diese Schüsseln sahen, haben sie sich erschrocken und sind verschwunden oder wurden in der Schüssel gefangen, die also sozusagen eine Falle für böse Geister war."
Diese Beschwörungsschüsseln aus Mesopotamien waren überwiegend aus bemaltem Ton, die jüngsten Beispiele, die im 19. und 20. Jahrhundert in Syrien gefunden wurden, sind dagegen aus Bronze und wahre Meisterwerke der Gravurkunst. Ebenfalls dem Schutz des Hauses vor Feuer, Skorpionen und selbst Ratten diente und dient eigentlich bis heute eine andere Art von Amulett, aus Papier oder Pergament gefertigt und kunstvoll gemalt, oft gerahmt und wie ein Bild im Haus oder über der Tür aufgehängt.
Zu dieser Art Amulett zählt im Übrigen auch die bekannte Mesusa, die sich an jeder jüdischen Tür befindet und besondere Segenssprüche aus der Torah zum Schutz des Hauses und seiner Bewohner enthält. Und wahre Schmuckstücke sind schließlich auch die Amulette, die seit Jahrhunderten schon speziell Mütter und Kinder beschützen sollen. Häufig auf diesen Glücksbringern verwendete Motive sind die drei Engel Sanoi, Sansanoi und Samangalaf und die Geisterfrau Lilit:
"Man sagt, sie sei die erste Frau von Adam gewesen, die jedoch geflohen ist und bei ihrer Flucht geschworen hat, jede schwangere Frau und jedes kleine Kind, die ihr unter die Augen kommen, zu töten. Man hat sie deshalb sehr gefürchtet und die drei Engel Sanoi, Sansanoi und Samangalaf beauftragt, Lilit zu suchen und sie an weiteren Morden zu hindern.
Die Engel haben Lilit gefunden und versucht, sie zu überreden, zu Adam zurückzukehren. Das ist ihnen zwar nicht gelungen, aber wenigstens konnten sie Lilit das Versprechen abringen, wann immer sie die Namen der drei Engel sieht, nicht zuzuschlagen. Also jeder Platz, an dem die Namen Sanoi, Sansanoi und Samangalaf stehen, ist für sie tabu. Und so sehen wir hier zahlreiche Amulette mit den Namen der drei Schutzengel und Lilit weiß, dass sie die Personen, die diese Amulette tragen, nicht töten darf."
Während es sich bei allen bislang erwähnten magischen Objekten um beschützende, also "weiße Magie" handelt, gibt es natürlich auch die "Schwarze Magie", die interessanterweise fast in allen Kulturkreisen verboten ist. Schwarze Magie ist bösartig und manipulativ, ein sehr bekanntes Beispiel ist der sogenannte Voodoo-Kult, bei dem eine Puppe getötet wird und dieser Fluch dann auf einen Menschen übergeht. Auch das Judentum kennt eine solche Praxis, die sogenannte "pulsa dinura", die zur praktischen Kabbala gehört.
Das aramäische Wort bedeutet "Feuerpeitsche" und beschwört eine himmlische Bestrafung gegen eine Person herab. Nicht zuletzt wegen der großen Verantwortung, die die Auswahl, Herstellung oder Ausübung eines magischen Rezeptes mit sich trägt, dürfen Männer auch erst ab dem 40. Lebensjahr die praktische Kabbala studieren, erst dann trauen die Weisen ihnen die erforderliche ethische Reife zu. Vieles Wissen über die magische Bedeutung zahlreicher Objekte ist längst im Alltag verschwunden, dennoch schmücken sie nach wie vor Menschen und ihre Wohnungen, das Thema Magie berührt uns einfach bis heute, sagt Ruthi Namir:
"Auch wenn ich dachte, dass ich nicht an so was glaube, so habe ich doch entdeckt, dass ich manche Dinge mache, ohne besonders darauf zu achten. Auch ich glaube mitunter an den bösen Blick, auch ich habe vor bestimmten Dingen Angst. Und jetzt weiß ich, dass es dafür bestimmte Rituale gibt, denen auch ich folge."
"koach eser" - das kleine Stück zusätzliche Hilfe, nennt Amanda Weiss alles, was Menschen bei sich tragen in der Hoffnung, dass es Glück bringt - und sei es nur ein kleines rotes Bändchen am Handgelenk, das von einem berühmten Rabbiner gesegnet wurde:
"Ich glaube nicht an Zauberei, aber an Magie, ja. Und wenn man an etwas glaubt, dann erreicht man oft Dinge, die eigentlich unmöglich scheinen. Ich glaube, dass man nicht nur nach den einfachen Lösungen für Probleme suchen muss. Und wenn man ein Problem lösen muss oder etwas Großes erreichen will, dann muss man nach Kraft und Unterstützung aus allen Richtungen suchen.
Mag man es nun Magie oder Zufall, oder wie auch immer nennen, es gibt so viele Namen, die man dem geben könnte. Ich bin nicht an Voodoo oder Schwarzer Magie oder Dingen interessiert, die anderen schaden, aber ich glaube fest daran, wenn man offen dafür ist, dann kann man Unterstützung und Hilfe aus ganz vielen unterschiedlichen Quellen erhalten."
"Wovor hat Rattenkot geschützt? Ich habe keine Ahnung und wir können auch keine Antwort auf diese Frage geben. Salz macht irgendwo Sinn, es wird nicht nur in der Kaschrut als Reinigungsmittel genutzt und dient auch zur Desinfektion, das macht Sinn und leuchtet ein. Aber andere Dinge sind heute unverständlich und wir wissen nichts mehr darüber. Aber es ist phantastisch, wie wir aus alten Texten und archäologischen Funden eine Fülle an Informationen haben, die uns zeigen, dass im Judentum immer auch magische Praktiken eine Rolle gespielt haben."
Die erste Überraschung ist, dass Magie und der Glaube an die Wunderkraft von Amuletten ganz und gar kein historisch abgeschlossenes Kapitel ist. Das älteste Ausstellungsstück ist ein Siegel mit dem Abdruck eines Skarabäus’, des vor allem bei den Ägyptern heiligen Mistkäfers. Etwa 3.000 Jahre ist dieses Symbol eines sozusagen amtlich bestallten Hofmagiers alt, erzählt Kuratorin Ruthi Namir, und zeigt gleich daneben auf eines der jüngsten Amulette der Sammlung, das aus dem Jahr 1992 stammt:
"Es ist ein Amulett für eine kranke Frau. Ein Rabbiner gab es ihr und sagte, sie solle es eine Woche lang jeden Tag in heißes Wasser tauchen und danach das Wasser trinken, und nach einer Woche sollte sie mit dem Amulett um einen Kaktus herumlaufen. Sie hat das alles genau so gemacht - und sie wurde wieder gesund!"
Das Jerusalemer Bibelland-Museum, das 1992 eröffnet wurde, beherbergt eine der wichtigsten, wenn nicht überhaupt die wichtigste Sammlung nahöstlicher Altertümer und Kunstobjekte in Israel. Als Privatmuseum des ursprünglich aus Polen stammenden und zuletzt in Toronto lebenden Kunsthistorikers und Antiquitätenhändlers Eli Borowski gebaut, beherbergt es hauptsächlich die überaus reiche Kunstsammlung des Stifters, die im Unterschied zu anderen Museen im Land nicht auf den relativ kleinen geografischen Bereich Israels beschränkt ist, sondern Zeugnisse aller Kulturen und Zivilisationen umfasst, die in der Bibel eine Rolle gespielt haben und erwähnt werden.
Und so finden sich eben auch im Bereich der Magie Objekte, die sowohl in der islamischen wie in der jüdischen Tradition verankert sind und man heute nur noch schwer bis gar nicht mehr feststellen kann, welche Kultur die ursprüngliche war und welche beeinflusst wurde. Das bekannte blaue Auge zum Beispiel oder auch der Brauch, Spiegel an verschiedenen Stellen im Haus aufzuhängen.
Beide Objekte schützen vor dem bösen Blick, der magisch angezogen und damit von den Menschen abgelenkt und neutralisiert wird. Zumindest in Europa weniger bekannt dürfte ein anderes magisches Objekt sein, von dem Ruthi Namir einige etwa 1.200 Jahre alte und aus Mesopotamien, dem heutigen Irak, stammende Beispiele zeigt:
"Das sind Schüsseln, in die alle möglichen Sprüche und Formeln geschrieben und Darstellungen von bösen Geistern gemalt sind. Diese Schüsseln hat man unter der Türschwelle vergraben, denn man hat geglaubt, dass die bösen Geister unter der Tür hindurch in das Haus gelangen. Wenn sie dann diese Schüsseln sahen, haben sie sich erschrocken und sind verschwunden oder wurden in der Schüssel gefangen, die also sozusagen eine Falle für böse Geister war."
Diese Beschwörungsschüsseln aus Mesopotamien waren überwiegend aus bemaltem Ton, die jüngsten Beispiele, die im 19. und 20. Jahrhundert in Syrien gefunden wurden, sind dagegen aus Bronze und wahre Meisterwerke der Gravurkunst. Ebenfalls dem Schutz des Hauses vor Feuer, Skorpionen und selbst Ratten diente und dient eigentlich bis heute eine andere Art von Amulett, aus Papier oder Pergament gefertigt und kunstvoll gemalt, oft gerahmt und wie ein Bild im Haus oder über der Tür aufgehängt.
Zu dieser Art Amulett zählt im Übrigen auch die bekannte Mesusa, die sich an jeder jüdischen Tür befindet und besondere Segenssprüche aus der Torah zum Schutz des Hauses und seiner Bewohner enthält. Und wahre Schmuckstücke sind schließlich auch die Amulette, die seit Jahrhunderten schon speziell Mütter und Kinder beschützen sollen. Häufig auf diesen Glücksbringern verwendete Motive sind die drei Engel Sanoi, Sansanoi und Samangalaf und die Geisterfrau Lilit:
"Man sagt, sie sei die erste Frau von Adam gewesen, die jedoch geflohen ist und bei ihrer Flucht geschworen hat, jede schwangere Frau und jedes kleine Kind, die ihr unter die Augen kommen, zu töten. Man hat sie deshalb sehr gefürchtet und die drei Engel Sanoi, Sansanoi und Samangalaf beauftragt, Lilit zu suchen und sie an weiteren Morden zu hindern.
Die Engel haben Lilit gefunden und versucht, sie zu überreden, zu Adam zurückzukehren. Das ist ihnen zwar nicht gelungen, aber wenigstens konnten sie Lilit das Versprechen abringen, wann immer sie die Namen der drei Engel sieht, nicht zuzuschlagen. Also jeder Platz, an dem die Namen Sanoi, Sansanoi und Samangalaf stehen, ist für sie tabu. Und so sehen wir hier zahlreiche Amulette mit den Namen der drei Schutzengel und Lilit weiß, dass sie die Personen, die diese Amulette tragen, nicht töten darf."
Während es sich bei allen bislang erwähnten magischen Objekten um beschützende, also "weiße Magie" handelt, gibt es natürlich auch die "Schwarze Magie", die interessanterweise fast in allen Kulturkreisen verboten ist. Schwarze Magie ist bösartig und manipulativ, ein sehr bekanntes Beispiel ist der sogenannte Voodoo-Kult, bei dem eine Puppe getötet wird und dieser Fluch dann auf einen Menschen übergeht. Auch das Judentum kennt eine solche Praxis, die sogenannte "pulsa dinura", die zur praktischen Kabbala gehört.
Das aramäische Wort bedeutet "Feuerpeitsche" und beschwört eine himmlische Bestrafung gegen eine Person herab. Nicht zuletzt wegen der großen Verantwortung, die die Auswahl, Herstellung oder Ausübung eines magischen Rezeptes mit sich trägt, dürfen Männer auch erst ab dem 40. Lebensjahr die praktische Kabbala studieren, erst dann trauen die Weisen ihnen die erforderliche ethische Reife zu. Vieles Wissen über die magische Bedeutung zahlreicher Objekte ist längst im Alltag verschwunden, dennoch schmücken sie nach wie vor Menschen und ihre Wohnungen, das Thema Magie berührt uns einfach bis heute, sagt Ruthi Namir:
"Auch wenn ich dachte, dass ich nicht an so was glaube, so habe ich doch entdeckt, dass ich manche Dinge mache, ohne besonders darauf zu achten. Auch ich glaube mitunter an den bösen Blick, auch ich habe vor bestimmten Dingen Angst. Und jetzt weiß ich, dass es dafür bestimmte Rituale gibt, denen auch ich folge."
"koach eser" - das kleine Stück zusätzliche Hilfe, nennt Amanda Weiss alles, was Menschen bei sich tragen in der Hoffnung, dass es Glück bringt - und sei es nur ein kleines rotes Bändchen am Handgelenk, das von einem berühmten Rabbiner gesegnet wurde:
"Ich glaube nicht an Zauberei, aber an Magie, ja. Und wenn man an etwas glaubt, dann erreicht man oft Dinge, die eigentlich unmöglich scheinen. Ich glaube, dass man nicht nur nach den einfachen Lösungen für Probleme suchen muss. Und wenn man ein Problem lösen muss oder etwas Großes erreichen will, dann muss man nach Kraft und Unterstützung aus allen Richtungen suchen.
Mag man es nun Magie oder Zufall, oder wie auch immer nennen, es gibt so viele Namen, die man dem geben könnte. Ich bin nicht an Voodoo oder Schwarzer Magie oder Dingen interessiert, die anderen schaden, aber ich glaube fest daran, wenn man offen dafür ist, dann kann man Unterstützung und Hilfe aus ganz vielen unterschiedlichen Quellen erhalten."