Habeck und die Ukraine

Jenseits der üblichen Twitter-Gewitter

04:47 Minuten
Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, hockt auf dem Boden und betrachtet Munitionsreste in dem zerstörten, und seit 2015 verlassenen, Dorf unweit von Mariupol.
Grünen-Chef Habeck besuchte die Frontlinie in der Ostukraine. © picture alliance / dpa / Klaus Remme
Andreas Rosenfelder im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
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Grünen-Politiker Habeck spricht sich nach einem Besuch in der Ukraine dafür aus, dem Land Verteidigungswaffen zu liefern. Ist das haarsträubend naiv? Dem Journalisten Andreas Rosenfelder sind solche Äußerungen lieber als die Tweets anderer Politiker.
Unter dem Eindruck seiner Ukraine-Reise hat Grünen-Chef Robert Habeck sich dafür ausgesprochen, dem Land Defensivwaffen zu liefern, um sich gegen Angriffe verteidigen zu können.
Habeck hatte sich auf Einladung der ukrainischen Regierung vor Ort selbst ein Bild von der Situation an der russisch-ukrainischen Frontlinie gemacht und präzisierte später in einem Interview im Deutschlandfunk, mit Waffen seien Nachtsichtgeräte, Aufklärungsgeräte oder Kampfmittelbeseitigung gemeint gewesen.

"Dankbar für solche Äußerungen"

War das ungeschickt oder naiv? Andreas Rosenfelder, Kulturchef der "Welt", gefällt Habecks Reaktion: "Ich bin dankbar, wenn jemand auch mal ungeschützt so eine Äußerung unter dem Eindruck einer realen Erfahrung macht. Wir sind gewohnt, dass, wenn irgendwo auf der Welt Konflikte auftauchen, die üblichen Statements dazu abgefeuert werden." Deshalb sei die Intuition, der Habeck gefolgt sei, richtig: Man müsse sich in einer so bedrohlichen Situation positionieren.
Andreas Rosenfelder, Feuilletonchef der "Welt", zu Gast im Berliner Funkhaus.
Andreas Rosenfelder findet Habecks Äußerungen zur Ukraine erfrischend anders.© Deutschlandradio - Andreas Buron
Habeck ist kein außenpolitischer Experte. Dennoch bescheinigt ihm Rosenfelder "das intellektuelle Format", um so einen Vorschlag überlegt vorzubringen. Und in Anspielung auf eine Äußerung von Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, wonach Habecks Stärke im Kühemelken läge, während sie ja Völkerrechtlerin sei: "Ich glaube, dass sich Robert Habeck durchaus auch Gedanken über Völkerrecht machen kann."
Der Journalist plädiert deshalb für Toleranz, wenn es um "politische Meinungsfindungen" gehe, vor allem wenn man Habecks Äußerungen mit den Tweets und Pressemitteilungen von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) vergleiche. Er ziehe Habecks Bemerkungen zur Situation in der Ukraine eindeutig vor.
(mkn)

Andreas Rosenfelder ist Ressortleiter des Feuilletons von "Welt" und "Welt am Sonntag". Von 2010 bis 2013 war er stellvertretender Ressortleiter. Davor hat er acht Jahre lang für das Feuilleton der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" geschrieben und war Kulturredakteur bei "Vanity Fair" in Berlin. 2008 erschien sein Buch "Digitale Paradiese".

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