Habgier
Sie ist eine der sieben Todsünden: die Habgier. Doch wie äußert sich dieses Laster heute? Sind Reiche, die aus reinem Selbstzweck nach noch mehr Reichtum streben, von dieser Eigenschaft befallen?
"150 Jahre Haft sind die Strafe für einen Anlagebetrüger in New York. Bernard Madoff hatte Kunden um bis zu 65 Milliarden Dollar geprellt. Der Fall gilt als größter Betrug der Börsengeschichte. Der 71-Jährige hatte nie Geld angelegt, sondern angebliche gewinne seiner Kunden immer mit dem Kapital anderer Anleger bezahlt."
Eine Nachricht ARD-Tagesschau vom 29.Juni 2009.
Die Klientel der UBS, eine der renommiertesten Schweizer Banken, hat durch den Madoff-Skandal rund sechs Milliarden Dollar verloren.
"Das ist die Habgier, die wir heute sehn: dass Menschen, die schon reich sind, und von denen wir denken: so viele Häuser und so viele Segeljachten kann man ja gar nicht alle gleichzeitig nutzen, und auch in drei Leben kann man die nicht nutzen - warum können die nicht Ruhe geben und ihren Reichtum genießen, sondern müssen immer weiter raffen? - Das ist genau dieser Hamstertrieb, der sich verselbstständigt hat, der eigentlich unbegreiflich ist."
Es sein denn, man ist Psychologe - wie Heiko Ernst:
"Ich spare ja nicht und ich raffe ja nicht, um darüber zu sterben, ich möchte es ja irgendwann genießen. Geld ist nichts Schlechtes an sich, mit Geld kann ich mir Freiheiten kaufen und kann mir auch was Schönes kaufen. Ich kann das Geld aber auch zum Selbstzweck machen, zum Fetisch - und dann beherrscht es mich."
Bei den großen Ökonomen des 18. und 19.Jahrhunderts lesen wir, die menschliche Habgier sei, genau genommen, eine gemeinnützige Charaktereigenschaft.
"Es ist die große Umwandlung einer Todsünde in eine Tugend. Nämlich in der modernen Wirtschaftstheorie, und die ist eben schon ein paar Hundert Jahre alt, geht auf Adam Smith zurück und auf ein paar andere, die gesagt haben: das Eigeninteresse des Einzelnen, auch wenn es für sich abstoßend ist manchmal, befördert das Allgemeinwohl."
"Alle Menschen sind darauf bedacht, die für sie vorteilhafteste Anlage ihrer Kapitalien ausfindig zu machen. Jeder hat dabei nur seinen eigenen Vorteil im Auge. Aber dieses Erpichtsein auf seinen eigenen Vorteil führt ihn ganz von selbst dazu, derjenigen Kapitalanlage den Vorzug zu geben, die für die Volkswirtschaft als Ganzes am vorteilhaftesten ist",
schreibt der Schotte Adam Smith in seinem Ökonomie-Klassiker "Über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker " von 1776.
"Wenn viele Egoismen in einer Gesellschaft, nach gewissen Spielregeln zwar, aber immerhin, sich ausleben dürfen, dann kommt die Gesellschaft als Ganzes voran. Diese bürgerliche Gesellschaft gründet darauf, dass tatsächlich das Eigeninteresse etwas Gutes ist. Dass es in der Natur des Menschen liegt, auch etwas haben zu wollen."
Das menschliche Habenwollen ist an sich ein durchaus gesunder, ja überlebens-notwendiger Impuls, sagt Heiko Ernst:
"Wir müssen Vorsorge treffen. Wir müssen etwas mehr haben als nur die Hand in den Mund. - Das Problem ist, wenn das irgendwann autonom wird. Das heißt, die verselbstständigt sich, diese Gier. Und vergisst den eigentlichen Zweck, nämlich das Leben und das Sein, und wird zum Selbstzweck. Das heißt das Sammeln und Raffen und Habenwollen wird zum einzigen Motiv des Lebens."
"Düsseldorf. - Frühere Manager des Mannesmann-Konzerns müssen sich seit heute vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Untreue und Beihilfe zur Untreue vor. Sie sollen nach der Übernahme des Unternehmens durch die britische Vodafone -Gruppe Millionen-Abfindungen erhalten haben."
Fernsehnachrichten vom 21. Januar 2004. - Eine Handvoll Manager hatte den Mannesmann-Konzern seinem Konkurrenten Vodafone zugeschanzt. Für über 50 Millionen "Trinkgeld" in die eigenen Taschen. - So etwas hätte sich Adam Smith gewiss nicht träumen lassen.
"Des Geizigen Zähne sind durch Habgier zusammengefroren."
Ein russisches Sprichwort.
"Das ist ja diese Doppelsünde: Geiz spielt eine große Rolle in der theologischen Tradition. Also, die Leute, die schon haben, geben nichts mehr ab davon. Es ist also das Zusammenhalten des Geldes, man könnte sagen: es ist die erstarrte Habgier. - Man hat dann schon gerafft und kann davon nichts mehr abgeben, man sitzt sozusagen auf dem Geldberg drauf. Wir kennen aus der abendländischen Literatur natürlich die großen Geizigen"
... wie Ebenezer Scrooge aus Charles Dickens' "Weihnachtsgeschichte:
"Oh, er war ein wahrer Blutsauger, dieser Scrooge! Ein gieriger, zusammenkratzender, festhaltender, geiziger alter Sünder: hart und scharf wie ein Kiesel, aus dem noch kein Stahl einen warmen Funken geschlagen hat, verschlossen und selbstgenügsam und ganz für sich, wie eine Auster."
"Die Figuren also, die ganz hager sind, die sich auch selber nichts gönnen, die auch sich selbst gegenüber geizig sind, und die richtig vertrocknet sind vor Geiz, diese Figuren gibt es ja kaum noch."
"Wir kennen ja noch das Bild von Dagobert Duck, dieser Comic-Figur, der im Geld badet und im Geld rumschwimmt, und sich seinen Reichtum immer wieder vor Augen führt. - Das ist ja heute alles virtuell. Wir sitzen an Bildschirmen und sehen, wie Milliarden verschwinden oder wieder auf's Konto kommen. Das ist ja nicht mehr greifbar, das ist also eine sehr abstakte Form von Spiel. Das ist eigentlich mehr eine Spielsucht, eine Gier, die auf eine ganz seltsame Bahn geraten ist, nämlich auf diese Casino-Mentalität."
"Dass die Gier in uns allen schlummert, zeigte sich in den Hochzeiten des "Neuen Marktes". Die Umerziehung von braven Sparern zu Börsenzockern gelang, weil plötzlich jeder jemanden zu kennen schien, der stolz über seine sagenhaften Gewinne an der Börse berichtete",
schreibt Heiko Ernst in seinem Buch "Wie uns der Teufel reitet".
Ist die Online-Börse nicht geradezu das Symbol einer Habgier, die sich verselbstständigt hat? In Zeiten von Adam Smith war der Geldgewinn das Ergebnis des Handels mit Waren, die real bewegt werden mussten. Das hat der Internet-Börsianer nicht nötig: Mausklick - und Gewinn. Oder auch Verlust.
"Es geht um den Kick, um den Thrill auch, bei diesen - Geldspielen muss man ja sagen. Mit Mausklick hat man eine Million gewonnen oder verloren. Also, es hat etwas von Lotterie oder Roulette zuletzt gehabt jedenfalls."
"Der Geiz ist ja fast schon eine antiquierte Tugend. Es gibt ja heute eher diese smarten, ja eben diese Casino-Spieler, die ganz andere Insignien ihrer Gier haben. Und Geiz, also das reine Verwalten von Geld und von Besitz, ist ja etwas, was in der virtuellen Welt gar nicht mehr geht. - Das Geld muss fließen, und es fließt ja, und es fließt auch manchmal in den Gulli und verschwindet, aber als Vermögen wird es also kaum noch erhalten. Selbst die Superreichen, selbst ein Bill Gates und so weiter bringen ihr Geld ja immer wieder unter die Leute. Im positiven Sinne, vor allem Gates und andere, durch Stiftungen oder durch Wohltätigkeit vor allem."
"Rund 30 Milliarden Dollar will US-Milliardär Warren Buffett der Stiftung von Bill Gates vermachen. So entsteht ein weltweit agierender Charity-Riese mit einem Kapital von 60 Milliarden Dollar. Die Mega-Spenden-Fabrik hat auch Kritiker: Gates betreibe Entwicklungshilfe nach Gutsherrenart",
vermeldet das Nachrichten-Magazin "Der Spiegel" im Juni 2006.
"Das ist die Absolution, die dann doch angestrebt wird. Also, man will eben nicht geizig sein, man will nicht verhärtet sein, man will diesen Reichtum auch weitergeben, das sind die positiven Beispiele. Man muss ja froh sein über jeden Milliardär, der etwas Gutes mit seinem Geld auch anfängt."
Aber wenn's an's Eingemachte geht – zum Beispiel an das von Familie Schickedanz im Fall der Konzernpleite von "Quelle/ Arcandor", dann ist plötzlich Schluss mit "Charity".
"Dann überwiegt dann doch wieder das Gefühl: 'Ja, das ist ja eigentlich doch meins, und warum sollte ich das hergeben?' Dieses völlige Einsehen, dass das alles zusammengerafftes Geld ist, dass das, wie Karl Marx sagte: akkumulierter Reichtum ist, der auf Kosten immer von anderen funktioniert hat nur: soweit geht die Einsicht dann doch nicht."
"Es gibt ganz wenige Beispiel dafür, dass jemand wirklich den Reichtum... also Buddha soll ja seinen ganzen Reichtum weggegeben haben. Diese Größe ist natürlich sehr selten."
Wer sie besitzt, ist ein Heiliger - oder eine Heilige: Elisabeth. Königstochter aus Ungarn und Landgräfin von Thüringen, 1207 geboren, hat sich all ihres Besitzes entledigt, um in einem Marburger Spital Arme und Kranke zu pflegen. Ihr Vorbild war Franz von Assisi, auch er ein Sohn aus wohlhabendem Hause, der sein Erbe ausgeschlagen hat, um einen Bettelorden zu gründen.
Aber man muss kein Heiliger sein, um Geiz und Habgier abzuschütteln. Es genügt die schlichte Einsicht, dass materieller Reichtum, egal welcher Größe, einem am Ende doch keine Sicherheit verschafft vor den Wechselfällen des Lebens, vor dem Leiden, geschweige denn vor dem Tod. Darum heißt es im Matthäus-Evangelium:
"Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden,
wo sie die Motten und der Rost fressen.
Sammelt euch aber Schätze im Himmel,
Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz."
Wir sollten den Mammon also nicht "vergöttern" – aber wir sollten sehr wohl mit ihm Handel treiben und, wenn möglich, auch Zinsen verdienen. Denn wer sein Geld "vergräbt" anstatt mit ihm zu wirtschaften, gilt seinem Herrn als ein "unnützer Knecht". Auch das steht im Matthäus-Evangelium. Befreien sollten wir uns allerdings von der chronischen Angst, unser Hab und Gut zu verlieren, so dass uns das Nötigste zum Leben fehlt:
"Sorget euch nicht um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch um euren Körper, wie ihr euch kleiden sollt ! Ist das Leben nicht mehr als die Speise, und der Körper mehr als die Kleidung? - Blickt auf die Vögel des Himmels. Sie sähen nicht, sie ernten nicht, und Euer himmlischer Vater nähret sie doch."
Eine Nachricht ARD-Tagesschau vom 29.Juni 2009.
Die Klientel der UBS, eine der renommiertesten Schweizer Banken, hat durch den Madoff-Skandal rund sechs Milliarden Dollar verloren.
"Das ist die Habgier, die wir heute sehn: dass Menschen, die schon reich sind, und von denen wir denken: so viele Häuser und so viele Segeljachten kann man ja gar nicht alle gleichzeitig nutzen, und auch in drei Leben kann man die nicht nutzen - warum können die nicht Ruhe geben und ihren Reichtum genießen, sondern müssen immer weiter raffen? - Das ist genau dieser Hamstertrieb, der sich verselbstständigt hat, der eigentlich unbegreiflich ist."
Es sein denn, man ist Psychologe - wie Heiko Ernst:
"Ich spare ja nicht und ich raffe ja nicht, um darüber zu sterben, ich möchte es ja irgendwann genießen. Geld ist nichts Schlechtes an sich, mit Geld kann ich mir Freiheiten kaufen und kann mir auch was Schönes kaufen. Ich kann das Geld aber auch zum Selbstzweck machen, zum Fetisch - und dann beherrscht es mich."
Bei den großen Ökonomen des 18. und 19.Jahrhunderts lesen wir, die menschliche Habgier sei, genau genommen, eine gemeinnützige Charaktereigenschaft.
"Es ist die große Umwandlung einer Todsünde in eine Tugend. Nämlich in der modernen Wirtschaftstheorie, und die ist eben schon ein paar Hundert Jahre alt, geht auf Adam Smith zurück und auf ein paar andere, die gesagt haben: das Eigeninteresse des Einzelnen, auch wenn es für sich abstoßend ist manchmal, befördert das Allgemeinwohl."
"Alle Menschen sind darauf bedacht, die für sie vorteilhafteste Anlage ihrer Kapitalien ausfindig zu machen. Jeder hat dabei nur seinen eigenen Vorteil im Auge. Aber dieses Erpichtsein auf seinen eigenen Vorteil führt ihn ganz von selbst dazu, derjenigen Kapitalanlage den Vorzug zu geben, die für die Volkswirtschaft als Ganzes am vorteilhaftesten ist",
schreibt der Schotte Adam Smith in seinem Ökonomie-Klassiker "Über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker " von 1776.
"Wenn viele Egoismen in einer Gesellschaft, nach gewissen Spielregeln zwar, aber immerhin, sich ausleben dürfen, dann kommt die Gesellschaft als Ganzes voran. Diese bürgerliche Gesellschaft gründet darauf, dass tatsächlich das Eigeninteresse etwas Gutes ist. Dass es in der Natur des Menschen liegt, auch etwas haben zu wollen."
Das menschliche Habenwollen ist an sich ein durchaus gesunder, ja überlebens-notwendiger Impuls, sagt Heiko Ernst:
"Wir müssen Vorsorge treffen. Wir müssen etwas mehr haben als nur die Hand in den Mund. - Das Problem ist, wenn das irgendwann autonom wird. Das heißt, die verselbstständigt sich, diese Gier. Und vergisst den eigentlichen Zweck, nämlich das Leben und das Sein, und wird zum Selbstzweck. Das heißt das Sammeln und Raffen und Habenwollen wird zum einzigen Motiv des Lebens."
"Düsseldorf. - Frühere Manager des Mannesmann-Konzerns müssen sich seit heute vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Untreue und Beihilfe zur Untreue vor. Sie sollen nach der Übernahme des Unternehmens durch die britische Vodafone -Gruppe Millionen-Abfindungen erhalten haben."
Fernsehnachrichten vom 21. Januar 2004. - Eine Handvoll Manager hatte den Mannesmann-Konzern seinem Konkurrenten Vodafone zugeschanzt. Für über 50 Millionen "Trinkgeld" in die eigenen Taschen. - So etwas hätte sich Adam Smith gewiss nicht träumen lassen.
"Des Geizigen Zähne sind durch Habgier zusammengefroren."
Ein russisches Sprichwort.
"Das ist ja diese Doppelsünde: Geiz spielt eine große Rolle in der theologischen Tradition. Also, die Leute, die schon haben, geben nichts mehr ab davon. Es ist also das Zusammenhalten des Geldes, man könnte sagen: es ist die erstarrte Habgier. - Man hat dann schon gerafft und kann davon nichts mehr abgeben, man sitzt sozusagen auf dem Geldberg drauf. Wir kennen aus der abendländischen Literatur natürlich die großen Geizigen"
... wie Ebenezer Scrooge aus Charles Dickens' "Weihnachtsgeschichte:
"Oh, er war ein wahrer Blutsauger, dieser Scrooge! Ein gieriger, zusammenkratzender, festhaltender, geiziger alter Sünder: hart und scharf wie ein Kiesel, aus dem noch kein Stahl einen warmen Funken geschlagen hat, verschlossen und selbstgenügsam und ganz für sich, wie eine Auster."
"Die Figuren also, die ganz hager sind, die sich auch selber nichts gönnen, die auch sich selbst gegenüber geizig sind, und die richtig vertrocknet sind vor Geiz, diese Figuren gibt es ja kaum noch."
"Wir kennen ja noch das Bild von Dagobert Duck, dieser Comic-Figur, der im Geld badet und im Geld rumschwimmt, und sich seinen Reichtum immer wieder vor Augen führt. - Das ist ja heute alles virtuell. Wir sitzen an Bildschirmen und sehen, wie Milliarden verschwinden oder wieder auf's Konto kommen. Das ist ja nicht mehr greifbar, das ist also eine sehr abstakte Form von Spiel. Das ist eigentlich mehr eine Spielsucht, eine Gier, die auf eine ganz seltsame Bahn geraten ist, nämlich auf diese Casino-Mentalität."
"Dass die Gier in uns allen schlummert, zeigte sich in den Hochzeiten des "Neuen Marktes". Die Umerziehung von braven Sparern zu Börsenzockern gelang, weil plötzlich jeder jemanden zu kennen schien, der stolz über seine sagenhaften Gewinne an der Börse berichtete",
schreibt Heiko Ernst in seinem Buch "Wie uns der Teufel reitet".
Ist die Online-Börse nicht geradezu das Symbol einer Habgier, die sich verselbstständigt hat? In Zeiten von Adam Smith war der Geldgewinn das Ergebnis des Handels mit Waren, die real bewegt werden mussten. Das hat der Internet-Börsianer nicht nötig: Mausklick - und Gewinn. Oder auch Verlust.
"Es geht um den Kick, um den Thrill auch, bei diesen - Geldspielen muss man ja sagen. Mit Mausklick hat man eine Million gewonnen oder verloren. Also, es hat etwas von Lotterie oder Roulette zuletzt gehabt jedenfalls."
"Der Geiz ist ja fast schon eine antiquierte Tugend. Es gibt ja heute eher diese smarten, ja eben diese Casino-Spieler, die ganz andere Insignien ihrer Gier haben. Und Geiz, also das reine Verwalten von Geld und von Besitz, ist ja etwas, was in der virtuellen Welt gar nicht mehr geht. - Das Geld muss fließen, und es fließt ja, und es fließt auch manchmal in den Gulli und verschwindet, aber als Vermögen wird es also kaum noch erhalten. Selbst die Superreichen, selbst ein Bill Gates und so weiter bringen ihr Geld ja immer wieder unter die Leute. Im positiven Sinne, vor allem Gates und andere, durch Stiftungen oder durch Wohltätigkeit vor allem."
"Rund 30 Milliarden Dollar will US-Milliardär Warren Buffett der Stiftung von Bill Gates vermachen. So entsteht ein weltweit agierender Charity-Riese mit einem Kapital von 60 Milliarden Dollar. Die Mega-Spenden-Fabrik hat auch Kritiker: Gates betreibe Entwicklungshilfe nach Gutsherrenart",
vermeldet das Nachrichten-Magazin "Der Spiegel" im Juni 2006.
"Das ist die Absolution, die dann doch angestrebt wird. Also, man will eben nicht geizig sein, man will nicht verhärtet sein, man will diesen Reichtum auch weitergeben, das sind die positiven Beispiele. Man muss ja froh sein über jeden Milliardär, der etwas Gutes mit seinem Geld auch anfängt."
Aber wenn's an's Eingemachte geht – zum Beispiel an das von Familie Schickedanz im Fall der Konzernpleite von "Quelle/ Arcandor", dann ist plötzlich Schluss mit "Charity".
"Dann überwiegt dann doch wieder das Gefühl: 'Ja, das ist ja eigentlich doch meins, und warum sollte ich das hergeben?' Dieses völlige Einsehen, dass das alles zusammengerafftes Geld ist, dass das, wie Karl Marx sagte: akkumulierter Reichtum ist, der auf Kosten immer von anderen funktioniert hat nur: soweit geht die Einsicht dann doch nicht."
"Es gibt ganz wenige Beispiel dafür, dass jemand wirklich den Reichtum... also Buddha soll ja seinen ganzen Reichtum weggegeben haben. Diese Größe ist natürlich sehr selten."
Wer sie besitzt, ist ein Heiliger - oder eine Heilige: Elisabeth. Königstochter aus Ungarn und Landgräfin von Thüringen, 1207 geboren, hat sich all ihres Besitzes entledigt, um in einem Marburger Spital Arme und Kranke zu pflegen. Ihr Vorbild war Franz von Assisi, auch er ein Sohn aus wohlhabendem Hause, der sein Erbe ausgeschlagen hat, um einen Bettelorden zu gründen.
Aber man muss kein Heiliger sein, um Geiz und Habgier abzuschütteln. Es genügt die schlichte Einsicht, dass materieller Reichtum, egal welcher Größe, einem am Ende doch keine Sicherheit verschafft vor den Wechselfällen des Lebens, vor dem Leiden, geschweige denn vor dem Tod. Darum heißt es im Matthäus-Evangelium:
"Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden,
wo sie die Motten und der Rost fressen.
Sammelt euch aber Schätze im Himmel,
Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz."
Wir sollten den Mammon also nicht "vergöttern" – aber wir sollten sehr wohl mit ihm Handel treiben und, wenn möglich, auch Zinsen verdienen. Denn wer sein Geld "vergräbt" anstatt mit ihm zu wirtschaften, gilt seinem Herrn als ein "unnützer Knecht". Auch das steht im Matthäus-Evangelium. Befreien sollten wir uns allerdings von der chronischen Angst, unser Hab und Gut zu verlieren, so dass uns das Nötigste zum Leben fehlt:
"Sorget euch nicht um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch um euren Körper, wie ihr euch kleiden sollt ! Ist das Leben nicht mehr als die Speise, und der Körper mehr als die Kleidung? - Blickt auf die Vögel des Himmels. Sie sähen nicht, sie ernten nicht, und Euer himmlischer Vater nähret sie doch."