"Nordkorea hat keine Chance"
Nach jüngsten Hackerangriffen gegen das US-Unternehmen Sony verurteilt der britische Politologe Thomas Rid den "Cyber-Vandalismus", warnt jedoch vor zu viel Kriegsrhetorik. Die Vorwürfe gegen Nordkorea nimmt der Sicherheitsexperte sehr ernst.
Wissenschaftler Thomas Rid begrüßt, dass US-Präsident Barack Obama nach den ungeklärten Hackerangriffen auf das Filmunternehmen Sony von "Cyber-Vandalismus" gesprochen habe. "Ich denke, das ist eine ganz hilfreiche Umschreibung des Problems", sagte der Experte am Institut für Kriegsforschung des King's College in London im Deutschlandradio Kultur. "Es gab hier keine Verletzten, es gab keinen physischen Schaden – von einem Akt des Krieges zu sprechen, wäre hier unnötige rhetorische Überspitzung und Eskalation."
FBI verfügt über große Expertise
Interessant sei auch, dass nicht etwa das US-Verteidigungsministerium, sondern die Bundespolizei FBI Nordkorea beschuldigt habe, hinter der Attacke zu stecken. Er nehme diese Beschuldigung sehr ernst, da das FBI über eine große Expertise in der Internetkriminalität verfüge und auch Zugriff auf nachrichtendienstliche Quellen habe.
"Wir haben es hier mit einem unberechenbaren Regime zu tun", sagte Rid über Nordkorea. Deshalb wisse die US-Regierung auch nicht, wie sie mit diesem Problem umgehen sollten. Die Obama-Administration habe nun Sorge, dass andere mögliche Täter durch das Sony-Beispiel ermuntert werden könnten. "Deswegen ist den Amerikanern jetzt ganz wichtig, dass sie dieser Nachricht jetzt im Subtext etwas entgegensetzen", sagte Rid.
Kritik an Äußerungen von McCaine
Der Angriff sei technisch nicht wirklich beeindruckend gewesen. "Wir reden hier nicht von einem hochgradig komplexen Cyberangriff, den nur die besten Staaten zustande bringen würden", sagte Rid. Deshalb sei die Äußerung des republikanischen Senators, John McCaine, über einen "neuen Cyberkrieg" absurd gewesen. "Nordkorea hat natürlich technisch keine Chance gegen das Heimatland von Silicon Valley." Die USA seien bei Hightech an der Spitze. "Und wenn man hier so tut, als ob Nordkorea hier die Oberhand im Cyberkrieg hat, dann hat man hier einfach die Fakten nicht richtig auf der Reihe."
Internationale Schiedsstelle unrealistisch
Eine internationale Stelle, die sich in solchen Fällen einschalten könnte, sei in der Praxis schwierig umzusetzen. Die Frage, wer in solchen Fällen hinter einem Anschlag stecke, sei nicht so leicht zu beantworten. "Ihr Unternehmen wird gehackt, sie schauen sich ihre Festplatten an – nur auf der Basis dieser Informationen können sie oft nicht herausfinden, wer war es denn?" Dafür würden nachrichtendienstliche Fähigkeiten benötigt, sagte der Experte. "Nachrichtendienste sind nun mal Kerngeschäft von Nationalstaaten." Deshalb sei es schwierig, das auf die internationale Ebene zu verlagern.