"Hände hoch oder ich schieße"
Obwohl es sich bei dem DDR-Film "Hände hoch oder ich schieße" um eine harmlose Komödie handelt, wurde der Streifen verboten. Mehr als 40 Jahre später kommt er doch noch in die Kinos. In dem Film spielt Rolf Herricht einen Kleinstadt-Kommissar, der im echten Leben nichts zu tun hat - und deshalb in seinen Träumen Verbrecher jagt.
DDR 1966, Regie: Hans-Joachim Kasprzik, Darsteller: Rolf Herricht, Evelyn Cron, Zdenek Stepánek, Herbert Köfer, Hans-Joachim Preil, ohne Altersbeschränkung, 78 Minuten
Dies ist, um es gleich vorweg zu sagen, eine merkwürdige Sache. Ich bin Wessi, könnte es mir leicht machen und fassungslos den Kopf schütteln, was damals in der DDR so alles verboten wurde. Denn dieser Film ist der nunmehr letzte der zwölf DEFA-Regalfilme aus jener Zeit, als die DDR-Führung keinen Humor verstand und bei der elften Tagung des Zentralkomitees der SED Mitte Dezember 1965 "falschen Liberalismus" tadelte. Die DDR, so Erich Honecker damals, sei "ein sauberer Staat" mit "unverrückbaren Maßstäben für Ethik und Moral, für Anstand und gute Sitte". Also seien "dem Sozialismus fremde, schädliche Tendenzen und Auffassungen" auszumerzen.
Zu den DEFA-Filmen, die nach der ZK-Tagung zwischen Dezember 1965 und Herbst 1966 abgebrochen oder verboten wurden, gehörten bekanntlich Werke von Frank Beyer ("Spur der Steine"), Kurt Maetzig ("Das Kaninchen bin ich"), Jürgen Böttcher ("Jahrgang '45"), Egon Günther ("Wenn du groß bist, lieber Adam") und Hermann Zschoche ("Karla"). Weil diese Filme zwar verboten, aber nicht vernichtet wurden, konnten sie ab Oktober 1989 vollendet beziehungsweise uraufgeführt werden. Auch von diesem Film, dem einzigen Lustspiel übrigens, das dem Kahlschlag zum Opfer gefallen war, lagen die Materialien im Staatlichen Filmarchiv.
Doch Regisseur Hans-Joachim Kasprzik (1928-1997) und Drehbuchautor Rudi Strahl (1931-2001) konnten sich 1989/90 nicht entschließen, den Film ebenfalls für einen Kinostart fertigzustellen. Sie waren der Meinung, neben den politisch schwergewichtigen DEFA-Verbotsfilmen mit diesem filmischen Leichtgewicht nicht bestehen zu können. Erst zehn Jahre nach dem Tod des Regisseurs, im Zuge der kritischen Aufarbeitung der DEFA-Historie, entschlossen sich die DEFA-Stiftung und das Filmarchiv des Bundesarchivs, auch diesen letzten Verbotsfilm zu rekonstruieren und zu veröffentlichen.
"Hände hoch oder ich schieße" rundet nunmehr das Gesamtbild jenes DEFA-Jahrgangs ab, der damals von der Obrigkeit nicht abgenommen wurde. Ein Witz, wenn man den Film heute betrachtet, dass der unscheinbar wirkende Komödien-Plot des DDR-Lustspiel-Spezialisten Rudi Strahl als Exempel herhalten musste. Jedenfalls verging dem für die staatliche Zulassung zuständigen Kulturministerium damals buchstäblich das Lachen. Trotz 22 nachträglicher Schnitte und Dialogänderungen nehme der Film "weiterhin eine versteckt-ironische Haltung zu unserer Wirklichkeit" ein, verurteilte das Abnahmeprotokoll im April 1966 den Spaßfilm. Überdies entstehe der Eindruck, dass die Sicherheitsorgane der DDR überflüssig seien und ihre Mitarbeiter "keine nützliche Arbeit mehr verrichten".
Der Film spielt in der Kleinstadt Wolkenheim, wo der brave Kommissar Holms einfach nichts zu tun hat, und deshalb frustriert ist. Kein Fall, keine Kriminellen, nicht mal die kleinste kriminelle Energie. Nichts, rein gar nichts. Nur in seinen Träumen jagt Holms Verbrecher und klärt aufregende Fälle auf. Doch in der Realität hat er nichts zu tun. Obwohl er ständig nach Bewährungsmöglichkeiten Ausschau hält, ist kein "Hände hoch oder ich schieße" in Sicht. Also wird der Psychiater konsultiert. Doch nicht der, sondern ein alter Kumpel von Holms bringt Bewegung ins Langeweile-Spiel: Mit ein paar Kumpanen von gestern wird das Denkmal des Feudal-Fürsten vom Marktplatz geklaut und soll im nahen Leipzig verhökert werden. Nun also ist endlich was los im Leben des Möchtegern-Aktivisten Holms.
Natürlich interessiert dieser Film heute weniger als Unterhaltungsgeschichte, sondern ausschließlich als Zeit-Motiv und als spannende politische DDR-Chronik der Produktions- und Zensurgeschichte. Sich von so etwas abschrecken zu lassen, findet ein fassungsloses Staunen beziehungsweise Erstaunen - heute. Diese biedere Schwarz-Weiß-Story unterstreicht, wie kleingeistig, spießig und ängstlich eine Machthaber-Clique gewesen sein muss, um einen solchen klein-ironischen, in jeder Hinsicht auch behäbigen Jux nicht tolerieren zu können.
Für uns heute bietet der Film, neben den politischen Zeitzeichen-Nuancen, das Wiedersehen mit der damaligen Komiker-Elite in der DDR. Also mit dem auch im Westen sehr geschätzten Komiker Rolf Herricht (1927-1981) als Naiv-Organ Holms, mit dessen Dauer-Sketch-TV-Partner Hans-Joachim Preil in einem Kurz-Auftritt als Leipziger Kunsthändler, mit Herbert Köfer als herrlich-schräge Gauner-Type Heuschnupfen. Mit Gerd E. Schäfer als köstlich-beklopptem Psychologen, mit Eberhard Cohrs als hektischem Fleischermeister, Manfred Uhlig als verschrecktem wie kompromissbereitem Bürgermeister. Mit Agnes Kraus als aufgeregter Gartenbesitzerin sowie dem Tschechen Zdenek Stepanek als brummelndem Kumpel-Ganoven Pinkas. Und: Den Holms-Vorgesetzten und Kripo-Chef mimt der dem (auch westdeutschen) TV-Serien-Publikum als Blaulicht-Ermittler wohlbekannte - und mit passender Anspielung versehene - Bruno Carstens.
Also: Eine filmhistorisch wie politisch interessante, wie aber auch kabarettistisch unterhaltsame ostdeutsche Oldie-Entdeckung bietet "Hände hoch oder ich schieße" heutzutage allemal.
Film-Info vom Verleih "Hände hoch oder ich schieße"
Dies ist, um es gleich vorweg zu sagen, eine merkwürdige Sache. Ich bin Wessi, könnte es mir leicht machen und fassungslos den Kopf schütteln, was damals in der DDR so alles verboten wurde. Denn dieser Film ist der nunmehr letzte der zwölf DEFA-Regalfilme aus jener Zeit, als die DDR-Führung keinen Humor verstand und bei der elften Tagung des Zentralkomitees der SED Mitte Dezember 1965 "falschen Liberalismus" tadelte. Die DDR, so Erich Honecker damals, sei "ein sauberer Staat" mit "unverrückbaren Maßstäben für Ethik und Moral, für Anstand und gute Sitte". Also seien "dem Sozialismus fremde, schädliche Tendenzen und Auffassungen" auszumerzen.
Zu den DEFA-Filmen, die nach der ZK-Tagung zwischen Dezember 1965 und Herbst 1966 abgebrochen oder verboten wurden, gehörten bekanntlich Werke von Frank Beyer ("Spur der Steine"), Kurt Maetzig ("Das Kaninchen bin ich"), Jürgen Böttcher ("Jahrgang '45"), Egon Günther ("Wenn du groß bist, lieber Adam") und Hermann Zschoche ("Karla"). Weil diese Filme zwar verboten, aber nicht vernichtet wurden, konnten sie ab Oktober 1989 vollendet beziehungsweise uraufgeführt werden. Auch von diesem Film, dem einzigen Lustspiel übrigens, das dem Kahlschlag zum Opfer gefallen war, lagen die Materialien im Staatlichen Filmarchiv.
Doch Regisseur Hans-Joachim Kasprzik (1928-1997) und Drehbuchautor Rudi Strahl (1931-2001) konnten sich 1989/90 nicht entschließen, den Film ebenfalls für einen Kinostart fertigzustellen. Sie waren der Meinung, neben den politisch schwergewichtigen DEFA-Verbotsfilmen mit diesem filmischen Leichtgewicht nicht bestehen zu können. Erst zehn Jahre nach dem Tod des Regisseurs, im Zuge der kritischen Aufarbeitung der DEFA-Historie, entschlossen sich die DEFA-Stiftung und das Filmarchiv des Bundesarchivs, auch diesen letzten Verbotsfilm zu rekonstruieren und zu veröffentlichen.
"Hände hoch oder ich schieße" rundet nunmehr das Gesamtbild jenes DEFA-Jahrgangs ab, der damals von der Obrigkeit nicht abgenommen wurde. Ein Witz, wenn man den Film heute betrachtet, dass der unscheinbar wirkende Komödien-Plot des DDR-Lustspiel-Spezialisten Rudi Strahl als Exempel herhalten musste. Jedenfalls verging dem für die staatliche Zulassung zuständigen Kulturministerium damals buchstäblich das Lachen. Trotz 22 nachträglicher Schnitte und Dialogänderungen nehme der Film "weiterhin eine versteckt-ironische Haltung zu unserer Wirklichkeit" ein, verurteilte das Abnahmeprotokoll im April 1966 den Spaßfilm. Überdies entstehe der Eindruck, dass die Sicherheitsorgane der DDR überflüssig seien und ihre Mitarbeiter "keine nützliche Arbeit mehr verrichten".
Der Film spielt in der Kleinstadt Wolkenheim, wo der brave Kommissar Holms einfach nichts zu tun hat, und deshalb frustriert ist. Kein Fall, keine Kriminellen, nicht mal die kleinste kriminelle Energie. Nichts, rein gar nichts. Nur in seinen Träumen jagt Holms Verbrecher und klärt aufregende Fälle auf. Doch in der Realität hat er nichts zu tun. Obwohl er ständig nach Bewährungsmöglichkeiten Ausschau hält, ist kein "Hände hoch oder ich schieße" in Sicht. Also wird der Psychiater konsultiert. Doch nicht der, sondern ein alter Kumpel von Holms bringt Bewegung ins Langeweile-Spiel: Mit ein paar Kumpanen von gestern wird das Denkmal des Feudal-Fürsten vom Marktplatz geklaut und soll im nahen Leipzig verhökert werden. Nun also ist endlich was los im Leben des Möchtegern-Aktivisten Holms.
Natürlich interessiert dieser Film heute weniger als Unterhaltungsgeschichte, sondern ausschließlich als Zeit-Motiv und als spannende politische DDR-Chronik der Produktions- und Zensurgeschichte. Sich von so etwas abschrecken zu lassen, findet ein fassungsloses Staunen beziehungsweise Erstaunen - heute. Diese biedere Schwarz-Weiß-Story unterstreicht, wie kleingeistig, spießig und ängstlich eine Machthaber-Clique gewesen sein muss, um einen solchen klein-ironischen, in jeder Hinsicht auch behäbigen Jux nicht tolerieren zu können.
Für uns heute bietet der Film, neben den politischen Zeitzeichen-Nuancen, das Wiedersehen mit der damaligen Komiker-Elite in der DDR. Also mit dem auch im Westen sehr geschätzten Komiker Rolf Herricht (1927-1981) als Naiv-Organ Holms, mit dessen Dauer-Sketch-TV-Partner Hans-Joachim Preil in einem Kurz-Auftritt als Leipziger Kunsthändler, mit Herbert Köfer als herrlich-schräge Gauner-Type Heuschnupfen. Mit Gerd E. Schäfer als köstlich-beklopptem Psychologen, mit Eberhard Cohrs als hektischem Fleischermeister, Manfred Uhlig als verschrecktem wie kompromissbereitem Bürgermeister. Mit Agnes Kraus als aufgeregter Gartenbesitzerin sowie dem Tschechen Zdenek Stepanek als brummelndem Kumpel-Ganoven Pinkas. Und: Den Holms-Vorgesetzten und Kripo-Chef mimt der dem (auch westdeutschen) TV-Serien-Publikum als Blaulicht-Ermittler wohlbekannte - und mit passender Anspielung versehene - Bruno Carstens.
Also: Eine filmhistorisch wie politisch interessante, wie aber auch kabarettistisch unterhaltsame ostdeutsche Oldie-Entdeckung bietet "Hände hoch oder ich schieße" heutzutage allemal.
Film-Info vom Verleih "Hände hoch oder ich schieße"