Irans Regime schlägt mit voller Härte zu
Die Behörden im Iran gehen immer wieder brachial gegen Kulturschaffende vor, lassen Dichter, Filmemacher und Karikaturisten verhaften. Jetzt wurden zwei Musiker zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Ihr Vergehen: "Propaganda gegen das Regime".
Bargmusic ist im Iran die einzige Internetseite für die alternative iranische Musik gewesen. Unter Musikfans war Bargmusic sehr populär, aber der Regierung ein Dorn im Auge. Das Regime duldet weder Untergrundmusik noch den Austausch darüber. Vor zwei Jahren wurde "bargmusic.com" von den Machthabern vom Netz genommen und die Macher verhaftet.
Bargmusic diente Underground-Künstlern im Iran als Plattform, auf der sie ihre Musik präsentieren konnten. Die Köpfe hinter der Webseite sind Mehdi und Hossein Rajabian, zwei Brüder, 26 und 31 Jahre alt aus der Provinzstadt Sari. Die beiden, sowie ein Filmemacher, der mit ihnen in Kontakt stand, kamen zunächst ins Gefängnis und wurden nach zwei Monaten gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Doch damit war die Geschichte noch lange nicht ausgestanden.
Das Urteil gegen die beiden Musiker sorgt für Entsetzen
Ein Gericht in Teheran hat jetzt das Urteil gegen die Musiker gesprochen: jeweils sechs Jahre Haft wegen "Beleidigung des Glaubens" und "Propaganda gegen das Regime". Das Urteil sorgte für Entsetzen – vor allem bei Musikern im Ausland, wie bei der Band Abjeez, die durch Bargmusic im Iran promotet wurde. Sängerin Melody Safavi:
"Mein Herz tut weh. Ich kann es nicht glauben, dass im Iran mit Leuten, die sich für die Kultur des Landes einsetzen so umgegangen wird. Anstatt sie zu fördern, behandelt man sie wie Verbrecher."
Einer der Künstler, der auf der Plattform Bargmusic von Anfang an vertreten war, ist der im Kölner Exil lebende Musiker Shahin Najafi. Der Iraner, der von den Mullahs wegen seiner Musik mit einer Todesfatwa bedroht wird, hält seine eigene Musik für einen der Gründe, wieso die Seite ins Visier der Regierung geriet.
"Shahin Najafi ist jetzt zu einem Grund geworden, zu einem Verbrechen geworden, um unschuldige Leute, die mit mir in Verbindung stehen, zu verhaften. Wir müssen das verhindern, indem wir die Öffentlichkeit alarmieren. Sonst landen sie für paar Jahre unschuldig ins Gefängnis und nichts passiert."
Die Verurteilten werden von einer Facebook-Kampagne unterstützt
Das internationale Echo gegen das Urteil nimmt an Fahrt auf: Iranische Redaktionen von Deutsche Welle, BBC oder Voice of America haben über das Schicksal der Rajabian-Brüder berichtet. Es gibt eine Facebook-Kampagne. Zudem wurde eine Onlinepetition von der "internationalen Kampagne der Menschenrechte im Iran" gestartet. Mehr als 600 Aktivisten und Musiker haben sie unterschrieben und an den iranischen Kulturminister Ali Jannati übersandt. Viele von ihnen sind mittlerweile ins Ausland geflüchtet, um selbst nicht Opfer der staatlichen Repressionen zu werden. Sie fordern die Freilassung der drei Künstler, sagt Erwin Khachikian von der Band Karmandan.
"Diese Leute sind Blutmusiker und sollten nicht bestraft werden. Ich weiß, dass es im Iran gewisse Grenzen gibt. Aber die haben niemanden was angetan und sollten nicht bestraft werden."
Das gleiche verlangt Arash Sobhani, Bandleader von "Kiosk", einer der einflussreichsten und wichtigsten iranischen Bands.
"Ich finde, der Richter, der dieses Urteil gesprochen hat, muss verstehen, dass das junge Leute aus der Provinz sind, die kulturelle Arbeit gemacht haben. Die haben niemanden wehgetan oder abgezockt. Die Arbeit von ihnen war nicht religiös oder politisch. Sie haben sich nur für die Musik eingesetzt."
Die Hoffnung auf Freiheit schmilzt im Iran
Das scharfe Vorgehen lässt die Hoffnung vieler Kreativer im Iran nach mehr Meinungsfreiheit sinken, die sie mit dem Amtsantritt des als moderat geltenden Präsidenten Rohani verbunden haben. Tatsächlich wurden in seiner Amtszeit noch mehr Künstler verhaftet, noch mehr Konzerte abgesagt und noch mehr Musiker schikaniert als zuvor. Arash Sobhani von der Band Kiosk sagt:
"Die Musik ist für den Iran nach Frauen der größte Feind. Sie sehen es als Aufgabe, die Musik zu vernichten – egal ob Pop- oder traditionelle Musik. Wenn die nationale Sicherheit eines Landes durch paar Musikwebseiten gefährdet ist, dann hat dieses Land ein tiefgründigeres Problem."
Anfang Januar haben die verurteilten Macher der Seite Bargmusic eine letzte Chance, gegen ihre Haftstrafen zu argumentieren. Wenn sie dann den Richter nicht überzeugen können, eine Revision des Urteils zuzulassen, müssen sie für sechs Jahre ins Gefängnis.