Hajo Schumacher über den Haushaltsentwurf 2021

Schulden sind nur eine fiktive Größe

05:31 Minuten
Zwei ausgestreckte Hände halten zerknitterte Euroscheine.
96 Milliarden neue Schulden für 2021 © unsplash / Christian Dubovan
Hajo Schumacher im Gespräch mit Anke Schaefer · 29.09.2020
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96 Milliarden neue Schulden für 2021: Das sieht der Haushaltsentwurf von Finanzminister Scholz vor. Der Publizist Hajo Schumacher erkennt darin den Auftakt zum Wahlkampf - und sieht die SPD und Helmut Kohl strategisch auf einer Linie.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat in der Haushaltsdebatte des Bundestages für neue Schulden geworben. Der ehemalige Verfechter der schwarzen Null will 2021 rund 96 Milliarden Euro neue Schulden machen. "Das ist sehr, sehr viel Geld", sagt Scholz. Die Hilfsmaßnahmen zur Stützung der Wirtschaft dürften aber nicht abrupt enden. Wenn nicht gehandelt werde, so der Finanzminister, müsse die Regierung irgendwann noch viel mehr Geld einsetzen, um durch die Krise zu kommen.
Wenig überraschend, dass die Opposition die Lage anders einschätzt. Und auch der Publizist Hajo Schumacher sieht die Ankündigungen von Scholz eher kritisch. Scholz habe einerseits recht, auf der anderen Seite gebe es aber auch immer einen "Kollateralnutzen", sagt er. In diesem Fall gehe es für Scholz nicht nur darum, dem deutschen Volk etwas zu erklären, sondern auch der SPD-Linken. Und für diese sei die Beerdigung der schwarzen Null ein Fest, meint Schumacher.

Sozialpolitisches Feuerwerk

Mit dem Haushalt werde das Land vermutlich nicht auskommen, es werde im nächsten Frühjahr ein "Corona-Paket II" geben, prognostiziert der Publizist. Man dürfe die "Einlassungen von Scholz nicht nur als verantwortungsvolles Minister-Handeln betrachten, sondern auch als Eröffnung des Wahlkampfs", betont er.
"Die Achse Hubertus Heil, Arbeitsministerium, und Olaf Scholz, Finanzministerium: Die werden sich natürlich für die nächsten 12 Monate ein Feuerwerk an sozialpolitischen Maßnahmen überlegen", glaubt er: "Kann man Wahlen kaufen? Zum Teil ja."
"Von Helmut Kohl lernen heißt siegen lernen", sagt Schumacher. Kohl habe auch immer kurz vor den Wahlen noch die Renten erhöht "und einfach Gutes getan". Das Argument, was das alles die nachfolgenden Generationen koste, kenne er, seit er auf der Welt weile, unkt der Journalist. "Am Ende gewinnt man damit keine Bundestagswahl."

Langfristig denken: Engagiert, aber sinnlos

Die Schulden seien auch erst mal nur eine fiktive Größe, meint Schumacher. Da stehe irgendwo eine große Zahl, "aber haben wir deswegen ein Stück Käse weniger auf dem Brot?"
"Die ganz langfristige Politik - heute schon an die Urenkel denken - ist sehr engagiert, aber sinnlos", so Schumacher. Irgendwann komme dann doch wieder etwas wie beispielsweise eine Finanzkrise dazwischen - und alles müsse neu sortiert werden.
(ahe)
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