Polizeiführung bezeichnet G20-Gipfel als Erfolg
Die Straße brannte, doch wo war die Polizei? Ein Jahr nach den Straßenschlachten in Hamburg im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel fehlt es an einer Aufarbeitung. Die Polizei gebe ihre Erkenntnisse nicht weiter, kritisiert der Kriminologe Rafael Behr.
Randalierer wüteten über Stunden in der Straße Schulterblatt im Schanzenviertel. Geschäfte wurden zerstört und Barrikaden angezündet. Anwohnerinnen und Anwohner erfuhren zunächst keinen Schutz durch die Hamburger Polizei.
In der Nacht zum 8. Juli 2017 spielten sich in der Hamburger Innenstadt bürgerkriegsähnliche Szenen ab. Die Demonstrationen gegen den vor einem Jahr dort abgehaltenen G-20-Gipfel waren eskaliert. Zahlreiche Autos wurden angezündet sowie einige Geschäfte geplündert und zerstört. Die Anwohnerinnen und Anwohner gerieten massiv in Mitleidenschaft und erfuhren über Stunden keinen Schutz.
"Offene Wunde für die Stadtgesellschaft"
Diese Ereignisse seien bis heute eine "offene Wunde für die Hamburger Stadtgesellschaft", sagte Rafael Behr im Deutschlandfunk Kultur. Behr ist Professor für Polizeiwissenschaften am Fachhochschulbereich der Akademie der Polizei Hamburg und lehrt dort Kriminologie und Soziologie.
Behr kritisierte in unserem Programm insbesondere die Haltung der Hamburger Polizei, die die Aufarbeitung der Ereignisse dadurch erschwere, dass sie mauere und ihre Erkenntnisse nicht weitergebe. "Die Sachen, die der Polizei wichtig sind, verrät sie auch nicht", sagte Behr. Dadurch verliere sie Respekt und Anerkennung.
Er bedauere, dass es "keine offensive Form der Entschuldigung" gegeben habe, sagte Behr. Stattdessen verweise die Hamburger Polizei, immer wenn Kritik laut werden, auf Erfolge und darauf, was verhindert werden konnte.
"Man hat diese Hamburger Linie durchgezogen"
Behr rügte auch den Einsatz und die "Linie" der Hamburger Polizei, die bei den Demonstrationen gegen den G-20-Gipfel ein Vermummungsverbot "gegen Widerstand" durchsetzen wollte.
"Man dachte, man könne den schwarzen Block von den nicht vermummten Demonstranten lösen", doch jeder, der sich mit der Materie einigermaßen auskenne, wisse, dass diese Vorstellung eigentlich im "Bereich der Fiktion" anzusiedeln sei.
"Es hat keine Alternative gegeben in dem Denken der Einsatzleitung", sagt der Polizeiwissenschaftler. Von dem Grundsatz, dass sich eine Demonstration mit Vermummten nicht in Bewegung setzen dürfe, sei man nicht abgerückt.
(huc)