Hamburg: Weltkulturerbestatus in Gefahr

Ein Abriss mit Folgen

Aktion des City-Hof e. V.: Die Aktivistinnen und Aktivisten wollen klar machen, wie der geplante Neubau die Sichtachsen in das Weltkulturerbe Kontorhausviertel hinein verstellen könnte.
Die Aktivisten von City-Hof e. V. wollen mit dieser Aktion klar machen, wie der geplante Neubau die Sichtachsen in das Weltkulturerbe Kontorhausviertel hinein verstellen könnte. © Axel Schröder
Von Axel Schröder |
Geht es nach dem Hamburger Senat, sollen die sogenannten City-Höfe einem Neubau weichen. Doch das könnte die Sichtachsen verändern und den Weltkulturerbestatus des benachbarten Kontorhausviertels gefährden, warnen die Abrissgegner.
Dort, wo heute die vier denkmalgeschützten grauen, elf Stockwerke hohen Blöcke der City-Höfe in den ebenso grauen Hamburger Himmel ragen, soll in einigen Jahren ein dreigeteilter, langgestreckter Backsteinbau stehen. Und dadurch, so die Abrissgegner, würde der Blick verstellt auf das direkt dahinter gelegene Kontorhausviertel, auf das Hamburger UNESCO-Weltkulturerbe.
"Der Neubau würde die visuelle Erlebbarkeit des Kontorhausviertels massiv stören, denn aus Richtung Osten würde man es gar nicht mehr sehen. Nur noch an einer kleinen Stelle. Und dann ist es noch die Ablesbarkeit des Kontorhausviertels. Denn, wenn jetzt gegenüber vom Sprinkenhof, vom Johanniswall statt des City-Hofs, der ja einen ganz klaren Kontrast, eine ganz klare Grenze darstellt, etwas im selben Stile errichtet wird, wird diese Grenze ein Stück weit verwässert und die Authentizität des Kontorhausviertels, die würde dadurch auch geschwächt werden."

Begutachtung der Neubaupläne

Marco Hosemann war heute Morgen zusammen mit seinen Mitstreiterinnen vom City-Hof e. V. vor Ort und wartete dort auf die beiden, von der Kulturbehörde begleiteten Gutachterinnen von ICOMOS. Dieser "Internationaler Rat für Denkmalpflege" berät die UNESCO in denkmalrechtlichen Fragen. Beim heutigen Ortstermin in Hamburg ging es den Gutachterinnen darum, sich selbst ein Bild darüber zu machen, inwieweit die Neubaupläne das Weltkulturerbe Kontorhausviertel beeinträchtigen könnten.
Marco Hosemann will aber mehr. Ginge es nach ihm, würde der Abriss der City-Höfe noch gestoppt. Die einst weiß verkleideten Hochhäuser stünden zu Recht unter Denkmalschutz, so Hosemann. Und beim Investorenwettbewerb der Stadt hätte der Entwurf zum Erhalt der City-Höfe vom Architektenbüro Gerkan, Marg und Partner den ersten Platz belegt:
"Die Stadt sagt, dass man ihn aus dem Verfahren nehmen musste aufgrund eines Formfehlers und somit der zweite Platz, ein Abrissbieter nachrückte. Was aber auch nochmal wichtig ist und das versucht dann auch der Senat, die Stadt zu vertuschen: Es gab auch noch fünf weitere Angebote in diesem Investorenwettbewerb, die auch für denkmalgerechte Sanierung geboten haben. Es ist also möglich! Das hat der Investorenwettbewerb bewiesen."
Die grauen, einst aber weißen, dann mit Eternit verkleideten Blöcke der 1957 fertiggestellten City-Höfe in Hamburg
Die grauen, einst aber weißen, dann mit Eternit verkleideten Blöcke der 1957 fertiggestellten City-Höfe in Hamburg© Axel Schröder
Aber alle Fragen zu diesem Wettbewerb, auch zur Denkmalwürdigkeit der City-Höfe wurden beim heutigen ICOMOS-Besuch zumindest offiziell ausdrücklich ausgeklammert. Es ging allein um die Frage: Welchen Einfluss hat der Neubau auf den Weltkulturerbestatus des Kontorhausviertels? Kaum bog die ICOMOS-Delegation bei ihrem Ortstermin um die Ecke in Richtung des backsteinernen Chilehauses, hielten die Abrissgegner große, mit Ziegeln bedruckte Pappen in die Höhe, versperrten den Blick ins Kontorhausviertel.

Politik: "City-Hof nicht Teil des Welterbes"

Die Delegationsmitglieder nahmen die Protestaktion gelassen hin, machten einen kleinen Bogen, zogen weiter. Mittags, nach der ersten Informationsrunde im Chilehaus, gaben Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld und Kultursenator Carsten Brosda kurze Statements ab:
"Ich glaube, wir haben heute Morgen als Stadt noch einmal sehr deutlich machen können, dass wir ein hohes Interesse daran haben, dass das, was dort neu entsteht, in einer Weise entsteht, die das Welterbe auch unterstützt und vielleicht in seiner Wahrnehmung noch verbessern kann. Und ich glaube, dass wir uns insbesondere einig waren, dass der City-Hof nicht Teil des Welterbes ist." Obwohl der City-Höfe-Architekt Rudolf Klophaus auch die Backstein-Bauten des Mohlenhofs im Herzen des Weltkulturerbes entworfen hat.
"ICOMOS wird binnen sechs Wochen bei der UNESCO etwas vorlegen. Das wird im Verlauf diese Herbstes an der Stelle auch eine Klarheit geben und dann gehen wir davon aus, dass wir die weiteren Schritte, die in der Planung sind, dann auch vollführen." Sprich: Dann kann der Senat den Denkmalschutz der City-Höfe mit der Begründung aufheben, dass "überwiegend öffentliche Interessen" dies erfordern und so den Abriss einleiten.

Ernüchterung der Abrissgegner

Damit das nicht geschieht, nahm Marco Hosemann heute Nachmittag gerne die Einladung an, zusammen mit anderen Abrisskritikern den beiden ICOMOS-Gutachterinnen zu erklären, wie ein Neubau das Kontorhausviertel negativ beeinflussen würde. Zwei Stunden dauerte diese Anhörung. Danach war Marco Hosemann einigermaßen ernüchtert: "Jeder hatte fünf bis acht Minuten Zeit, seinen Standpunkt vorzutragen. Und in der Kürze der Zeit, das ausführlich darzulegen."
Und gern hätte er auch noch einen eigenen Rundgang mit den ICOMOS-Gutachterinnen unternommen. Marco Hosemann hofft darauf, dass deren Bericht an die UNESCO so kritisch ausfällt, dass am Ende, so sehen es die Regularien vor, auch das Welterbekommittee in die Entscheidungsfindung mit einbezogen wird.
Dieses Komitee tagt erst wieder im Jahr 2019. Es kann aber auch alles ganz schnell gehen. Wenn es keine Bedenken gegen den Neubau gibt, könnten noch vor Weihnachten die Abrissbagger die City-Höfe aus dem Stadtbild tilgen.
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