Ökostrom für die großen Schiffe
Seit 15 Jahren wurde in Hamburg über eine Landstromanlage diskutiert, inzwischen wird sie am Altonaer Kreuzfahrt-Terminal gebaut. Bislang müssen die Schiffe, die dort Station machen, ihre Generatoren permanent laufen lassen - und verbrauchen so viel Strom wie eine Kleinstadt.
Wir stehen in Hamburg, direkt am Hafen. Hier wird mächtig gebaut. Hinter mir wird gerade die Straße aufgehämmert. Das Wetter ist ziemlich mies Nieselregen, grau. Und wir stehen hier vor der so genannten Landstromanlage. Ein aufgeständertes futuristisches Gebäude, das befindet sich im Bau. Ist noch eingerüstet. Man sieht noch den rohen Beton. Ich stehe hier mit Lars Stücken von der Hamburg Port Authority, kurz: HPA, direkt an der Hafenkante. Könen Sie, Herr Stücken, kurz beschreiben, was das für Rohbau ist? Was soll hier entstehen?
"Wir bauen hier am Kreuzfahrtterminal in Altona eine Landstromanlage, die später dazu dienen soll, dass wir die Kreuzfahrtschiffe während der Liegezeit hier mit Strom aus dem Hamburger Netz versorgen können und die zu einem großen Teil ihre Schiffsmaschinen abstellen können. Und dann halt weniger Schadstoffe emittieren."
Dann gehen wir jetzt mal rein und schauen uns das Herzstück an.
"Wir müssen über die Leiter hoch in das Gebäude und da schauen wir uns die Anlagentechnik an, die jetzt nach und nach montiert wird."
Jetzt geht die Leiter hoch aufs Gerüst. – Ein großer Schritt ins Gebäude rein. Jetzt stehen wir hier vor so riesigen Kabeltrommeln, wenn ich das richtig sehe, oder?'
"Das ist richtig. Wir werden hier relativ viel Kabel auch in diesem Gebäude noch verlegen. Wir haben hier zwei Hauptkomponenten nachher: das eine ist die Mittelspannungsumwandlung, also von zehn Kilovolt auf elf, was die Schiffe brauchen. Und die andere ist die Frequenz des Stromes, die wir umwandeln, von 50 auf 60 Hertz. Das wird in diesem Raum passieren. Hier wird ein großer Umformer stehen mit sechs Meter Länge, zwei Meter breit. Also der Raum wird relativ ausgefüllt sein in drei, vier Wochen mit der Anlagentechnik."
Wenn ich das richtig sehe, ist es so dass ich mir eine Landstromanlage nicht so vorstellen kann, dass ich einfach Strom bis zur Hafenkante lege und den dann ins Schiff stöpsel. Sondern es schon eine komplexere Aufgabe?
"Es ist auf jeden Fall eine komplexere Aufgabe. Wir reden ja auch über eine relativ große Strommenge, die hier fließt."
Die Anlage kann eine ganze Stadt versorgen
Wie viele Menschen kann ich dann versorgen auf so einem Kreuzfahrtschiff. Wie muss ich mir das vorstellen?
"Man kann ungefähr vergleichen, dass unsere Anlage auch eine Kleinstadt versorgen kann. Vielleicht nicht ganz Lüneburg, aber von der Größenordnung ist das die Menge. Und dann ist das natürlich nicht so, einfach nur einen Stecker rüber... Sondern es gibt eine europäische Norm für Landstromverbindungen, wo die Stecker genormt sind. Das ist alles festgelegt."
Jetzt geht es wieder zurück durch einen dieser schmalen Gänge. Vorbei an dem Schweißer und den Männern mit den Trennschleifern. Und wir steigen wieder nach draußen aufs Baugerüst. Es geht wieder die Treppen runter durch ganz kleine Einstiegsluken.
Nehmen wir an, hier kommt im Sommer das erste Kreuzfahrtschiff, legt hier vier, fünf Meter von uns entfernt an, da ist schon die Kaikante, dahinter schwappt die graue Elbe, wie wird das dann funktionieren? Dann wird es hier so eine Art Schlitten geben, der sich bewegen kann entlang der Kaikante?
"Genau. Wir haben ein Übernahmefahrzeug für die Stromübergabe an das Schiff. Dieses Fahrzeug parkt normalerweise am Ende des Liegeplatzes in einer Garage. Und kann dann, wenn ein Schiff angekündigt wird, herausfahren. Das Fahrzeug ist so ungefähr sechs Meter lang, drei, vier Meter breit. Und wird dann entlang dieses Kabelkanals in die Position fahren. Vor das Schiff, wo die Übergabe an das Schiff stattfindet. Dann wird sich da eine Luke öffnen am Schiff. Und das fährt dann genau an diese Position und übergibt die Kabel. Und dort werden sie dann in den entsprechenden Schaltschrank gesteckt. Und dann getestet, ob die Verbindung in Ordnung ist und dann wird der Strom aufgeschaltet."
Am Ende heißt das, dass durch diese Landstromanlage die Luft in Hamburg besser wird. Sodass auch in der Hafencity demnächst auch wenn Kreuzfahrtschiffe anlegen, die Fenster geöffnet werden können.
"Man kann da jetzt keine festen Werte nennen, um wie viel das sich das reduziert wird. Aber man kann sagen, jedem Landstrom-versorgten Anlauf wird natürlich die Luft besser als wenn die Diesel weiterlaufen."
Ich bedanke mich bei Herrn Stücken von der Hamburg Port Authority, dem Projektleiter dieser ersten Landstromanlage im Hamburger Hafen. Die wird im Sommer in Betrieb gehen und – das ist die Planung – mit Ökostrom betrieben werden.