Hamburger Olympia-Referendum

Berechtigte Zweifel, wer die Zeche zahlt

Der Schriftzug «NOlympia!» von Olympia-Gegner ist am 24.11.2015 auf den Boden am Ausgang einer U-Bahnstation zu sehen.
Die Olympia-Gegner haben sich im Referendum durchgesetzt. © dpa / picture alliance / Christian Charisius
Von Thomas Wheeler |
Das Votum der Hamburger, die mit knapper Mehrheit gegen die Bewerbung um Olympische Spiele in ihrer Stadt stimmten, ist kein Votum gegen den Sport, meint Thomas Wheeler. Die Zweifel, die zum "Nein" führten, sind durchaus angebracht.
Immer mehr Bundesbürger haben offensichtlich eine Olympia-Phobie. Wie sonst ließe es sich erklären, dass nach der gescheiterten Volksabstimmung für die Winterspiele 2022 in München nun auch die Hamburger - wenn auch nur knapp - gegen Sommerspiele 2024 votiert haben.

Dass die Befürworter nach der Niederlage gestern Abend überrascht gewirkt haben, überrascht dann aber doch, denn trotz der engen Umfragewerte war bereits seit Wochen klar, dass die Milliarden-Unterstützung durch den Bund völlig unklar ist. Kein Wunder, ging es doch um die Finanzierung von 11,2 Milliarden Euro, wovon Hamburg gerade mal 1,2 Milliarden übernehmen wollte.
So war z. B. aus dem Innenministerium zu vernehmen, dass die Fronten verhärtet seien. Worauf Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz Bundesinnenminister Thomas de Maiziere angeraunzt haben soll, wenn finanziell schon nichts gehe, dann solle Bundeskanzlerin Angela Merkel das Olympia-Projekt gefälligst selbst abblasen.
Ausreichend Gründe für Skepsis
Hinzu kam, dass kluge Köpfe im Bundeswirtschaftsministerium offenbar deutlich höhere Kosten für die Spiele errechnet hatten, und deshalb auch völlig zurecht Zurückhaltung und Skepsis überwogen haben. Und dass die Ausgaben für die Sicherheitsmaßnahmen mit gut 460 Millionen Euro im Vergleich zu den letzten Sommerspielen in London, Peking und Athen um rund zwei Drittel niedriger angesetzt waren. Von wegen gut durch kalkuliert, wie die Bewerbergesellschaft um Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz Glauben machen wollte.
Dieses Blenden der Öffentlichkeit ist den Befürwortern jetzt um die Ohren geflogen, denn das "Nein" zu Olympia war in erster Linie ein "Nein" gegen eine drohende Kostenexplosion und Folgeschulden, so wie auch bei den vorangegangenen Spielen. Solange hier nicht seriös gerechnet wird, werde ich immer gegen Olympia in Deutschland sein.
Und noch etwas haben die Pro-Olympia-Hanseaten in ihrer bekannt zurückhaltenden Art geflissentlich verschwiegen. Gegen die anderen Kandidaten Los Angeles, Paris, Rom und Budapest wäre Hamburg bis auf die ungarische Hauptstadt chancenlos gewesen.
So war noch in der letzten Woche aus dem Internationalen Olympischen Komitee zu hören, dass der deutsche Bewerber nur ein Zählkandidat sei, der bei der Entscheidung 2017 in der peruanischen Metropole Lima frühzeitig ausscheiden würde. Wobei bis dahin schon mal mindestens 60 Millionen Euro aufgelaufen wären. Geld für nichts, dass Hamburg nun sinnvoller investieren könnte.
Schuld nicht bei den Sportmuffeln
Wer jetzt die Grundsatzfrage stellt, ob Olympische Spiele in Deutschland überhaupt noch eine Chance haben, entwertet die Entscheidung des Bürgervotums. Dass eins 'mal klar ist: In Hamburg leben nicht mehr Sportmuffel als anderswo! Die Menschen dort haben nichts gegen den Sport an sich und auch nichts gegen sportliche Großveranstaltungen. Sie haben nur bei der Korruption, die bei der Organisation von Spitzensport-Ereignissen immer mehr zugenommen hat, berechtigte Zweifel, wer am Ende die Zeche zahlt. Und das ist gut so.
Mehr zum Thema