Wie Sachsen unter den Sanktionen gegen Russland und Iran leidet
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Erst Russland, jetzt Iran: Jahrelang machten sächsische Firmen gute Geschäfte mit beiden Ländern - und bekommen jetzt auch die Sanktionen gegen beide Länder zu spüren. Die Folge: China wird als Absatzmarkt für die sächsische Wirtschaft immer wichtiger.
"Hier vor uns haben wir zum Beispiel so eine GSMR-Säule mit Solarbetrieb liegen, die an Bahnstrecken aufgebaut wird", sagt Michael Brandhorst. Er führt durch die Fertigungshallen der Photon Meissner Technologies GmbH. Knapp 90 Mitarbeiter sind hier angestellt und bauen technische Anlagen vor allem für den Bahnbetrieb. Bevor eine Säule fertig wird, wird die Hülle gestanzt und zusammengesetzt, anschließend die Technik eingebaut, erklärt Geschäftsführer Brandhorst:
"Das sind hier solche Notrufsäulen, die wir für BVG bauen. Werden dann in Berlin auf der U5 aufgestellt."
Die Deutsche Bahn ist Hauptkundin des Meißner Unternehmens, das auch an andere Eisenbahnen liefert. Vor allem in Europa, aber nicht nur. Immer sei es ihm, der seit über drei Jahren die Geschäfte in Meißen führt, auch um neue Absatzmärkte gegangen, sagt Michael Brandhorst. Etwa, als 2015 das Atomabkommen mit Iran zustande kam und Sanktionen gegen das Land wegfielen.
"Stark beworben von der Bundesregierung. Auch die sächsische Regierung hat also wirklich eingeworben bei uns Unternehmern, sich im Iran als Unternehmer zu platzieren. Und da Iran durchaus Potenzial hat für die Erneuerung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur, also alles was mit Logistik zusammenhängt, habe ich auch für mich entschieden, ja, es könnte sehr interessant werden. Da müssen wir im Prinzip rein, auch mit unseren Photon-Produkten."
Erste Kontakte auf Ministerebene
Zwei sächsische Minister reisten nach Iran, es gab auch Gegenbesuche. Und auch die Visite einer iranischen Wirtschaftsdelegation in Meißen.
"Und das sah auch sehr gut aus. Also, wir haben die ersten Gespräche geführt, die haben sich sehr interessiert, was wir hier für Produkte anbieten. Wobei die natürlich auch das Ziel hatten, dann auch die neueste Technik zu bekommen."
Doch dann bekam man in Meißen die Weltpolitik zu spüren. US-Präsident Trump entschied sich, das Abkommen aufzukündigen – mit Auswirkungen bis an die Elbe.
"Ja, und dann war es ja im Prinzip abrupt vorbei. Durch die Unterschrift von Herrn Trump hat er uns Unternehmern unter Androhung von Strafe verboten, mit dem Iran Geschäfte zu machen. Und der heutige Stand ist halt so: Ja, ich mache nichts mit dem Iran. Null. Selbst Kollegen, die ich hatte, die in den Iran geliefert haben, kriegen es im Prinzip nicht bezahlt. Es gibt die eine oder andere Firma, die das damals alles per Vorkasse gemacht haben. Die sind soweit fein raus. Die haben ihr Geld gekriegt, die brauchen bloß noch zu liefern."
Die Drohkulisse der USA wirkt
Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Iran liegen damit wieder am Boden, bevor sie überhaupt so richtig aufstehen konnten. Dabei habe es seit der Öffnung durchaus eine klare Entwicklung gegeben, sagt Lars Fieler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer Dresden.
"Wir sind natürlich auf einem doch recht geringen Niveau gestartet. Aber wenn wir uns die letzten Jahre angucken von 2016 bis 2018, dann haben sich die Exporte in den Iran schon deutlich erhöht. Wir lagen im letzten Jahr bei gut 82 Millionen, das war nochmal ein Zuwachs von 20 Prozent gegenüber 2017."
Doch das ist nun vorbei. Obwohl das Abkommen formal nach wie vor gelte, haben sich seit dem Rückzug der USA die Bedingungen für deutsche Unternehmen geändert.
"Wenn Sie mit einer Drohkulisse konfrontiert sind, wo Ihnen ein Dritter suggeriert, wenn Du weiterhin Deine Geschäftskontakte mit dem Iran aufrecht erhalten wirst, dann mache ich Dir das Leben auf meinem Markt im Zweifelsfall schwer. Dann muss sich jedes Unternehmen die Karten legen. Und je nachdem, wo natürlich auch die großen Volumina realisiert werden, wo man auch die größten Perspektiven sieht, wird man sich im Zweifelsfall zähneknirschend dafür entscheiden."
Auch die Russland-Sanktionen treffen das Land
Und so trauert man den Chancen des Iran-Geschäfts nach. Dabei sieht sich die sächsische Wirtschaft eh schon als Opfer der Weltpolitik. Die Sanktionen, die seit 2014 gegen Russland bestehen, verbunden mit der Schwäche der russischen Wirtschaft, haben zu einem starken Exportrückgang dorthin geführt. Zuletzt drängte Ministerpräsident Michael Kretschmer – obwohl ohne Kompetenz in der Sache – beim Besuch in Russland auf ein Ende der Sanktionen. Das wünscht sich auch IHK- Sprecher Lars Fieler.
"Die Unternehmen sehen sich hier als Prügelknaben, die das letztlich ausbaden müssen. Und die ganz klar die Position vertreten, dass man über diesen Weg die gesteckten Ziele nicht erreicht. Und man sollte doch wirklich diese Einsicht gewinnen und im Sinne des eigenen Standortes und der eigenen Unternehmen diese Sanktionen rückgängig machen."
Zuletzt lagen die sächsischen Exporte nach Russland bei 400 Millionen Euro, vor Inkraftreten der Sanktionen im Jahr 2014 und der russischen Wirtschaftskrise waren es einmal über 1,5 Milliarden, also fast viermal soviel. Bisher hätten Sachsens Firmen das wegbrechende Russlandgeschäft aber "relativ gut" durch andere Märkte kompensieren können, sagt Sachsen Wirtschaftsminister Martin Dulig, SPD. Mit großem Abstand wichtigster Absatzmarkt ist inzwischen China – rund ein Sechstel aller sächsischen Exporte gingen im vergangenen Jahr dorthin.