Handelsverband Deutschland: Mitarbeiterinnen finden neue Jobs
Wenn die Schlecker-Mitarbeiterinnen flexibel und mobil seien, dann sei ihre berufliche Zukunft positiv, meint der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth. Der Handel sei dringend auf Fachkräfte angewiesen, in ländlichen Regionen könne es schwieriger werden.
André Hatting: Kaum war die Entscheidung gefallen, da verschickte der Insolvenzverwalter die ersten Briefe, insgesamt über 10.000. Es waren die Kündigungsschreiben für die Schlecker-Mitarbeiterinnen. Die Verhandlungen über eine staatlich finanzierte Transfergesellschaft für die Angestellten der Drogeriekette waren gescheitert.
Am Telefon begrüße ich jetzt Stefan Genth, er ist Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland, kurz HDE. Guten Morgen, Herr Genth!
Stefan Genth: Ja, schönen guten Morgen!
Hatting: Vor einer Katastrophe für die Schlecker-Mitarbeiterinnen sprechen die Gewerkschaften. Sie sehen das viel gelassener - warum?
Genth: Ja, gelassener hört sich jetzt vielleicht ein wenig zu arrogant an, das ist natürlich nicht so. Uns geht es auch darum, dass diese 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch einen neuen Job finden müssen, dass hier etwas getan werden muss. Aber der Einzelhandel ist momentan in der Situation, dass wir Fachkräfte, gerade auch Verkäuferinnen und Verkäufer suchen, dringend suchen, weil eben der Fachkräftemangel auch im Handel schon angekommen ist, sodass wir zuversichtlich sind, dass wir einen großen Teil dieser Mitarbeiterinnen durchaus einstellen können.
Sicherlich nicht alle, sondern in dörflichen Strukturen, also da, wo wirklich nur noch ein kleiner Schlecker-Markt war, und sonst eben keine Einzelhandelsunternehmen, da wird es natürlich problematisch, aber das hätte auch eine Transfergesellschaft nicht retten können.
Hatting: Obwohl ja bei der Transfergesellschaft auch dafür gesorgt werden sollte, dass diese Schlecker-Mitarbeiterinnen weiter qualifiziert werden, dass sie dann vielleicht eine andere Möglichkeit haben, auch in dörflichen Regionen einen anderen Job zu bekommen.
Genth: Das ist völlig richtig, und insofern muss man zunächst natürlich sagen, dass wir im Handel insgesamt sehr klar eingestellt sind, dass wir eine Subvention des Unternehmens Schlecker definitiv abgelehnt hätten, dafür gibt es kein Verständnis. Auch viele Mittelständler in Deutschland hätten dafür kein Verständnis, dass man das Unternehmen direkt jetzt hier subventionieren würde. Dass man die Mitarbeiterinnen unterstützt, ist ein anderer Punkt, das haben wir durchaus auch positiv gesehen.
Wir haben sogar mit einem Handelsverband, nämlich in Sachsen, auch ein konkretes Angebot für eine Online-Transfergesellschaft abgegeben. Man muss aber andererseits auch sehen, dass natürlich auch eine Zuversicht gegeben sein muss in die Fortführung des Unternehmens, und die Finanzierung solch einer Transfergesellschaft sichergestellt sein muss. Demgegenüber hat aber auch die Agentur für Arbeit sehr gute Möglichkeiten, eben hier zu helfen, zu vermitteln, und natürlich auch der Handel, der wie gesagt dringend auch auf Fachkräfte angewiesen ist, wird auch seinen Teil beitragen.
Hatting: Sie haben gerade die Bundesagentur für Arbeit angesprochen, die spricht von 25.000 freien Stellen im Handel. Das würde ja rein rechnerisch gleich zweimal für alle Schlecker-Mitarbeiterinnen reichen - merkwürdigerweise stehen dem jetzt über 300.000 Arbeitslose aus Verkaufsberufen gegenüber. Wie erklären Sie sich das?
Genth: Das ist natürlich die Frage der Statistik, in der Tat. Aber man muss ganz klar sehen, dass wir im Handel letztes Jahr über 60.000 neue Stellen geschaffen haben, und da in den letzten Jahren zum Beschäftigungsaufbau beigetragen haben. Also wir suchen in der Tat Fachkräfte, und natürlich ist es bei Statistik immer so, dass man es nicht eins zu eins übereinanderlegen kann, weil natürlich die Jobs auch nicht überall quasi gleichmäßig angeboten werden, und insbesondere Schlecker an sehr kleinen Orten Geschäfte noch betrieben hat, wo sonst möglicherweise eben kein großes Einzelhandelsangebot ist, insofern wird man das nicht eins zu eins übersetzen können.
Wir hätten auch enorme Schwierigkeiten, wenn es um das gesamte Unternehmen Schlecker gehen würde, nämlich um 24.000 Mitarbeiter, die würde man sicherlich nicht ohne Weiteres direkt unterbringen können. Aber in dem jetzigen Prozess hören wir schon auch aus Unternehmen aus der Lebensmittelbranche beispielsweise, dass dort Mitarbeiterinnen, die sich jetzt schon umorientiert haben, auch einen neuen Job gefunden haben.
Hatting: Herr Genth, Sie sprechen immer von Fachkräftemangel. Ist eine Schlecker-Mitarbeiterin auf 400-Euro-Basis, ist das eine Fachkraft?
Genth: Also die Frage 400-Euro-Basis hat ja nichts mit der Qualifikation zu tun, sondern wir haben vor einigen Jahren eindeutig - die damalige Bundesregierung hat uns dazu aufgefordert, eben auch Teilzeitstellen zu schaffen, im Handel haben wir, wenn Sie zusammenrechnen, über 80 Öffnungszeitenstunden in der Woche, aber eine tariflich orientierte 37,5-Stunden-Woche, sodass wir zur Abdeckung der Spitzen und natürlich auch zur Abdeckung der Öffnungszeiten auch auf Teilzeitkräfte und 400-Euro-Kräfte angewiesen sind, die aber natürlich auch eine Ausbildung, beispielsweise Verkäuferin oder Kaufmann-, Kauffrauausbildung haben. Von daher brauchen wir eben Fachkräfte im Verkauf, das ist enorm wichtig, und sicherlich sind da auch Schlecker-Mitarbeiterinnen dabei. Ob das für alle gilt, kann man natürlich nicht pauschal beurteilen.
Hatting: IHK und Handwerkskammer haben zumindest in Berlin signalisiert, bei der Suche nach Arbeitsplätzen zu helfen. Helfen Sie auch mit?
Genth: Wir helfen definitiv mit, wir haben mit unseren Unternehmen da auch schon einen intensiven Kontakt, und eben die Rückkopplung in der Tat, dass man gerade im Verkauf eben Mitarbeiterinnen sucht, und wir haben wie gesagt auch Schlecker-Mitarbeiterinnen, die jetzt nicht auf eine Transfergesellschaft gewartet haben, sich schon umorientiert haben, eingestellt, und das war, glaube ich, auch so der Impuls, dass man in dieser Wartezeit als Mitarbeiterin auch nicht wusste, wie man sich verhalten soll: Wartet man auf die Transfergesellschaft, geht man jetzt in den Handel, sucht sich einen neuen Job? Und dieser Prozess ist natürlich jetzt mitten im Gange.
Hatting: Wie kann man den Schlecker-Mitarbeiterinnen in den ländlichen Regionen helfen?
Genth: Da haben wir in der Tat ein Problem. Natürlich muss man sagen, wenn jemand flexibel ist - das kann er sich ja natürlich nicht immer aussuchen, wenn kleine Kinder noch zu Hause sind, ist das ein Problem -, flexibel und mobil, dann wird man eben möglicherweise auch relativ schnell einen neuen Job finden können.
Aber wenn jemand nur darauf angewiesen ist, in seinem Heimatort, wo er nun jetzt wohnt, dann auch weiter einen Job zu finden, wird es sicherlich nicht unproblematisch sein, weil Schlecker gerade in sehr kleinen Orten auch noch Läden betrieben hat, wo ansonsten eben keine komplette Einzelhandelsstruktur mehr vorhanden ist.
Hatting: Gehört zu dieser Flexibilität auch eine Umschulung, eine Weiterqualifizierung?
Genth: In der Tat. Das Arbeitsamt, die Agenturen für Arbeit bieten natürlich Weiterbildung und Umschulung an. Klar, wenn jemand - sage ich mal - lange bei einem Unternehmen gearbeitet hat, dann ist es die Frage, ob er in der Lage ist, sofort dann auch beim nächsten Arbeitgeber anzufangen, und da kann man nur sagen, dass man die Angebote nutzen muss und sollte, die natürlich sonst möglicherweise auch über eine Transfergesellschaft angeboten wären.
Das Problem bei der Transfergesellschaft wäre im Übrigen auch gewesen, dass man eben nicht an einem Standort einige Hundert Mitarbeiterinnen hätte schulen können, sondern dass gerade jetzt eben die Mitarbeiterinnen über das ganze Land verteilt sind, und es gar nicht so einfach organisatorisch möglich gewesen wäre, hier mit einer konkreten Schulung die Alternative anzusetzen.
Hatting: Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Genth!
Genth: Ja, vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Am Telefon begrüße ich jetzt Stefan Genth, er ist Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland, kurz HDE. Guten Morgen, Herr Genth!
Stefan Genth: Ja, schönen guten Morgen!
Hatting: Vor einer Katastrophe für die Schlecker-Mitarbeiterinnen sprechen die Gewerkschaften. Sie sehen das viel gelassener - warum?
Genth: Ja, gelassener hört sich jetzt vielleicht ein wenig zu arrogant an, das ist natürlich nicht so. Uns geht es auch darum, dass diese 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch einen neuen Job finden müssen, dass hier etwas getan werden muss. Aber der Einzelhandel ist momentan in der Situation, dass wir Fachkräfte, gerade auch Verkäuferinnen und Verkäufer suchen, dringend suchen, weil eben der Fachkräftemangel auch im Handel schon angekommen ist, sodass wir zuversichtlich sind, dass wir einen großen Teil dieser Mitarbeiterinnen durchaus einstellen können.
Sicherlich nicht alle, sondern in dörflichen Strukturen, also da, wo wirklich nur noch ein kleiner Schlecker-Markt war, und sonst eben keine Einzelhandelsunternehmen, da wird es natürlich problematisch, aber das hätte auch eine Transfergesellschaft nicht retten können.
Hatting: Obwohl ja bei der Transfergesellschaft auch dafür gesorgt werden sollte, dass diese Schlecker-Mitarbeiterinnen weiter qualifiziert werden, dass sie dann vielleicht eine andere Möglichkeit haben, auch in dörflichen Regionen einen anderen Job zu bekommen.
Genth: Das ist völlig richtig, und insofern muss man zunächst natürlich sagen, dass wir im Handel insgesamt sehr klar eingestellt sind, dass wir eine Subvention des Unternehmens Schlecker definitiv abgelehnt hätten, dafür gibt es kein Verständnis. Auch viele Mittelständler in Deutschland hätten dafür kein Verständnis, dass man das Unternehmen direkt jetzt hier subventionieren würde. Dass man die Mitarbeiterinnen unterstützt, ist ein anderer Punkt, das haben wir durchaus auch positiv gesehen.
Wir haben sogar mit einem Handelsverband, nämlich in Sachsen, auch ein konkretes Angebot für eine Online-Transfergesellschaft abgegeben. Man muss aber andererseits auch sehen, dass natürlich auch eine Zuversicht gegeben sein muss in die Fortführung des Unternehmens, und die Finanzierung solch einer Transfergesellschaft sichergestellt sein muss. Demgegenüber hat aber auch die Agentur für Arbeit sehr gute Möglichkeiten, eben hier zu helfen, zu vermitteln, und natürlich auch der Handel, der wie gesagt dringend auch auf Fachkräfte angewiesen ist, wird auch seinen Teil beitragen.
Hatting: Sie haben gerade die Bundesagentur für Arbeit angesprochen, die spricht von 25.000 freien Stellen im Handel. Das würde ja rein rechnerisch gleich zweimal für alle Schlecker-Mitarbeiterinnen reichen - merkwürdigerweise stehen dem jetzt über 300.000 Arbeitslose aus Verkaufsberufen gegenüber. Wie erklären Sie sich das?
Genth: Das ist natürlich die Frage der Statistik, in der Tat. Aber man muss ganz klar sehen, dass wir im Handel letztes Jahr über 60.000 neue Stellen geschaffen haben, und da in den letzten Jahren zum Beschäftigungsaufbau beigetragen haben. Also wir suchen in der Tat Fachkräfte, und natürlich ist es bei Statistik immer so, dass man es nicht eins zu eins übereinanderlegen kann, weil natürlich die Jobs auch nicht überall quasi gleichmäßig angeboten werden, und insbesondere Schlecker an sehr kleinen Orten Geschäfte noch betrieben hat, wo sonst möglicherweise eben kein großes Einzelhandelsangebot ist, insofern wird man das nicht eins zu eins übersetzen können.
Wir hätten auch enorme Schwierigkeiten, wenn es um das gesamte Unternehmen Schlecker gehen würde, nämlich um 24.000 Mitarbeiter, die würde man sicherlich nicht ohne Weiteres direkt unterbringen können. Aber in dem jetzigen Prozess hören wir schon auch aus Unternehmen aus der Lebensmittelbranche beispielsweise, dass dort Mitarbeiterinnen, die sich jetzt schon umorientiert haben, auch einen neuen Job gefunden haben.
Hatting: Herr Genth, Sie sprechen immer von Fachkräftemangel. Ist eine Schlecker-Mitarbeiterin auf 400-Euro-Basis, ist das eine Fachkraft?
Genth: Also die Frage 400-Euro-Basis hat ja nichts mit der Qualifikation zu tun, sondern wir haben vor einigen Jahren eindeutig - die damalige Bundesregierung hat uns dazu aufgefordert, eben auch Teilzeitstellen zu schaffen, im Handel haben wir, wenn Sie zusammenrechnen, über 80 Öffnungszeitenstunden in der Woche, aber eine tariflich orientierte 37,5-Stunden-Woche, sodass wir zur Abdeckung der Spitzen und natürlich auch zur Abdeckung der Öffnungszeiten auch auf Teilzeitkräfte und 400-Euro-Kräfte angewiesen sind, die aber natürlich auch eine Ausbildung, beispielsweise Verkäuferin oder Kaufmann-, Kauffrauausbildung haben. Von daher brauchen wir eben Fachkräfte im Verkauf, das ist enorm wichtig, und sicherlich sind da auch Schlecker-Mitarbeiterinnen dabei. Ob das für alle gilt, kann man natürlich nicht pauschal beurteilen.
Hatting: IHK und Handwerkskammer haben zumindest in Berlin signalisiert, bei der Suche nach Arbeitsplätzen zu helfen. Helfen Sie auch mit?
Genth: Wir helfen definitiv mit, wir haben mit unseren Unternehmen da auch schon einen intensiven Kontakt, und eben die Rückkopplung in der Tat, dass man gerade im Verkauf eben Mitarbeiterinnen sucht, und wir haben wie gesagt auch Schlecker-Mitarbeiterinnen, die jetzt nicht auf eine Transfergesellschaft gewartet haben, sich schon umorientiert haben, eingestellt, und das war, glaube ich, auch so der Impuls, dass man in dieser Wartezeit als Mitarbeiterin auch nicht wusste, wie man sich verhalten soll: Wartet man auf die Transfergesellschaft, geht man jetzt in den Handel, sucht sich einen neuen Job? Und dieser Prozess ist natürlich jetzt mitten im Gange.
Hatting: Wie kann man den Schlecker-Mitarbeiterinnen in den ländlichen Regionen helfen?
Genth: Da haben wir in der Tat ein Problem. Natürlich muss man sagen, wenn jemand flexibel ist - das kann er sich ja natürlich nicht immer aussuchen, wenn kleine Kinder noch zu Hause sind, ist das ein Problem -, flexibel und mobil, dann wird man eben möglicherweise auch relativ schnell einen neuen Job finden können.
Aber wenn jemand nur darauf angewiesen ist, in seinem Heimatort, wo er nun jetzt wohnt, dann auch weiter einen Job zu finden, wird es sicherlich nicht unproblematisch sein, weil Schlecker gerade in sehr kleinen Orten auch noch Läden betrieben hat, wo ansonsten eben keine komplette Einzelhandelsstruktur mehr vorhanden ist.
Hatting: Gehört zu dieser Flexibilität auch eine Umschulung, eine Weiterqualifizierung?
Genth: In der Tat. Das Arbeitsamt, die Agenturen für Arbeit bieten natürlich Weiterbildung und Umschulung an. Klar, wenn jemand - sage ich mal - lange bei einem Unternehmen gearbeitet hat, dann ist es die Frage, ob er in der Lage ist, sofort dann auch beim nächsten Arbeitgeber anzufangen, und da kann man nur sagen, dass man die Angebote nutzen muss und sollte, die natürlich sonst möglicherweise auch über eine Transfergesellschaft angeboten wären.
Das Problem bei der Transfergesellschaft wäre im Übrigen auch gewesen, dass man eben nicht an einem Standort einige Hundert Mitarbeiterinnen hätte schulen können, sondern dass gerade jetzt eben die Mitarbeiterinnen über das ganze Land verteilt sind, und es gar nicht so einfach organisatorisch möglich gewesen wäre, hier mit einer konkreten Schulung die Alternative anzusetzen.
Hatting: Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Genth!
Genth: Ja, vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.