Peter Schneider und Hans Christoph Buch

Der lange Weg zur Wahrheit

56:12 Minuten
Die Schriftsteller Peter Schneider (links) und Hans Christoph Buch bei einer Veranstaltung mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder.
Die Schriftsteller Peter Schneider (links) und Hans Christoph Buch haben sich inzwischen von Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder distanziert. © picture-alliance / dpa / Tom Maelsa
Von Cornelius Wüllenkemper |
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Peter Schneider und Hans Christoph Buch gehören zum Urgestein bundesrepublikanischer Geschichte. Seit den 1960er-Jahren begleiten sie als Intellektuelle und Schriftsteller die Zeitläufte. Ein Gespräch über Erkenntnisse und Irrtümer.
Im Westberlin der 1960er-Jahre lernten sie sich kennen: Hans Christoph Buch, Diplomatensohn aus Bonn, und Peter Schneider, Abkömmling eines Dirigenten aus Königsberg. Der eine war 1966 jüngstes Mitglied der Gruppe 47, der andere Wortführer der Außerparlamentarischen Opposition. Begegnet sind sich die beiden immer wieder, mal auf verschiedenen Seiten der Barrikaden, öfter jedoch auf derselben. Freunde sind sie auch geworden.

"Wir haben Fehler gemacht" als Motto

Jetzt blicken die etablierten Schriftsteller und Essayisten zurück. Dreimal trafen sie sich in Berlin-Charlottenburg zum Gespräch ohne Kamin, aber mit italienischem Rotwein. Peter Schneiders Rede „Wir haben Fehler gemacht“ vor der Vollversammlung aller Fakultäten der Freien Universität Berlin am 5. Mai 1967 könnte als Motto für die Treffen dienen – freilich weiter gefasst:

„Wir haben Fehler gemacht, wir legen ein volles Geständnis ab: Wir sind nachgiebig gewesen, wir sind anpassungsfähig gewesen, wir sind nicht radikal gewesen. [...] Wenn wir bei unserem Professor in der Vorlesung waren, dann haben wir ihm nicht auf die Finger gesehen, wenn wir uns von ihm prüfen ließen, dann haben wir ihm nicht ins Gesicht gesehen, wenn wir im Klo neben ihm standen, dann haben wir ihm nicht auf den Schwanz gesehen. Wir wollen es das nächste Mal tun.“

Der "Müllhaufen der Geschichte"

Den Professor mit Talar haben Hans Christoph Buch und Peter Schneider an Jahren längst hinter sich gelassen. Lange ist es her, dass Buch auf der Tagung der Gruppe 47 in Saulgau las. Nachdem der 19-Jährige wohlgemut auf dem "elektrischen Stuhl" Platz genommen und gelesen hatte, bekam er einiges zu hören:

„Siehe da, der Reich-Ranicki und Walter Jens waren entsetzt über meinen Text. Bloch, der Philosoph, der gerade kurz vorher aus dem Osten gekommen war, sagte, so etwas gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Und dann haben Grass, Enzensberger und Höllerer und andere mich gelobt.“

Dem Irrtum eine Bresche

Inzwischen wissen beide Schriftsteller, dass der Kampf für die gerechte Sache mehr erfordert als Ideologie. Sie werfen Blicke auf sechs Jahrzehnte alt- und neubundesrepublikanischer Geschichte – mal launig, mal ernst, immer assoziativ und stets mit dem Willen zur Kohärenz. Über die Zeitläufte hinweg erzählen sie vom Sexismus in den Reihen der RAF, von einem Frühstück mit Susan Sontag, das nicht bei McDonald's stattfinden durfte, und von einer zerbrochenen Freundschaft mit Alt-Kanzler Gerhard Schröder.
Hans Chrisoph Buchs und Peter Schneiders Motto: Bloß keine Angst vor Minderheitenmeinungen und Irrtümern!
Das Manuskript der Sendung können Sie hier herunterladen.
(pla)

Es sprechen: Cornelia Schönwald und Markus Hoffmann
Ton: Christoph Richter
Regie: Klaus-Michael Klingsporn
Redaktion: Jörg Plath

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