Hans Dieter Heimendahl, geboren 1965 in Bremen, studierte Philosophie und Germanistik an der Freien Universität Berlin und an der Cornell University in New York. Heimendahl war nach einem Volontariat beim Sender Freies Berlin (SFB) für mehrere Rundfunksender und Zeitungen, darunter das Deutschlandradio, die Süddeutsche Zeitung, die Berliner Zeitung und die taz, journalistisch tätig. Bis zum Frühjahr 2020 war er Programmleiter von Deutschlandfunk Kultur. Seither ist er Kulturkoordinator für Deutschlandradio.
"Kritik ist wichtig, damit sich das Format weiterentwickelt"
08:49 Minuten
Man mag sie oft nicht mehr sehen, die immer gleichen Stammgäste in den großen Talkshows. Kritik daran sei berechtigt, findet Hans Dieter Heimendahl, Kulturkoordinator für Deutschlandradio. Doch seien die Runden wichtig als demokratische Foren.
"Anne Will", "Maischberger", "Maybrit Illner", "Hart aber fair" – überall sitzen dieselben Experten, so scheint es. Wenn es um Donald Trump, Corona oder Rechtsextremismus geht, diskutieren beziehungsweise streiten oft die üblichen Verdächtigen miteinander.
Diesen Eindruck kann das TV-Publikum gewinnen, das sich zu später Stunde eine der großen Polit-Talkshows anschaut. Nach welchen Kriterien werden die Gäste ausgesucht, nach Eloquenz-, Entertainment- oder Krawallfaktor? Oder weil sie einfach kluge Köpfe sind, die zu vielem Interessantes zu sagen haben, das die Diskussion weiterbringt?
Dazu gibt es eine neue Studie des Progressiven Zentrums: "Wer spricht für wen? – Die Talkshow-Gesellschaft". Untersucht wurden die Gästelisten der vier großen Talksendungen in ARD und ZDF. Diese repräsentierten nicht die Breite der Gesellschaft, schreiben die Autorinnen und Autoren.
Berechtigte Kritik
Hans Dieter Heimendahl, Kulturkoordinator für Deutschlandradio, findet diese Kritik "berechtigt und gut". Zugleich findet er die genannten Talkshows wichtig als "öffentliche demokratische Foren". Die kritische Analyse sei richtig, "damit sich dieses Format weiterentwickelt".
Die Studie fragt danach, wer eigentlich für wen spreche und welche Gruppen auf diese Weise repräsentiert werde. Experten seien sehr wichtig, meint Heimendahl. Doch ebenso interessant sei es, wenn Gäste nicht nur für "ihre Gruppe" sprächen, sondern auch zu anderen Themen um ihre Draufsicht gebeten würden.
Denn: "Es kann ja nicht das einzige Kriterium sein, dass jemand aus einer persönlichen Betroffenheit spricht."
Thierse wird eingeladen, weil er klug ist
Beispiel Wolfgang Thierse: "Ist Thierse jetzt der Ostdeutsche, der Sozialdemokrat? Ist er der Parlamentarier? Er ist ja alles Mögliche. Aber: Er wird gerne eingeladen, weil er ein kluger, mitdenkender Mensch ist und sich zu vielen Themen in einer Weise in eine Debatte einschaltet, die man als produktiv empfinden kann."
Dass die Redaktionen ihre Gäste auch nach Eloquenz aussuchen, findet Heimendahl nachvollziehbar: "Wenn man einmal einen eingeladenen Gast hat wirklich absaufen sehen, der dadurch nicht nur sich Schaden zufügt, sondern auch der Sache, dann sieht man, welche Verantwortung Redaktionen haben, Leute einzuladen, die da ihre Frau, ihren Mann stehen können."
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