Hans-Jürgen Börner über 40 Jahre "extra3"

    "Es ist heute politisch korrekt, Gegenstand von Comedy zu sein"

    Hans-Jürgen Börner
    Hans-Jürgen Börner moderierte die Sendung "extra 3" von 1989 bis 1997. © Foto: NDR
    TV-Journalist Hans-Jürgen Börner im Gespräch mit Jana Demnitz |
    Vor 40 Jahren, am 21. September 1976, ging das Satire-Magazin "extra3" im NDR erstmals auf Sendung. Hans-Jürgen Börner hat die Sendung viele Jahre moderiert und nicht nur die Katholische Kirche gegen sich aufgebracht. Heutzutage würden manche sich sogar darüber freuen, Gegenstand der Satire zu sein.
    Das Magazin "extra3" ging am 21. September 1976 erstmals auf Sendung und hat mittlerweile andere Satire-Formate, wie etwa "Scheibenwischer" überlebt. Zuletzt sorgte die Sendung mit dem Song über den türkischen Präsidenten Erdogan für Diskussionen. Dabei sagte Dieter Kronzucker, einer der ersten "extra 3"-Moderatoren zunächst selbst: "extra3 wird das Jahr 1976 nicht überleben." Am 28. September feiert "extra3" nun mit einer "ganz ernst gemeinten TV-Gala" dieses Jubiläum.

    Hans-Jürgen Börner hat die Sendung in der Kohl-Ära geprägt und sich immer wieder mit der Politik und der Kirche angelegt. Im Interview spricht er über die Satire von einst und von heute:
    Deutschlandradio Kultur: Dem Magazin wurde damals nur eine kurze Lebensdauer vorhergesagt. Jetzt feiert es seinen 40. Geburtstag. Wie hat "extra3" das geschafft?
    Hans-Jürgen Börner: Unbekümmert immer weiter machen, allen besorgten Einwänden von Vorgesetzten, Rundfunkräten, auch gelegentlich von Zuschauern zum Trotz. Immer gegen die Obrigkeit, frei nach dem Motto: "Von oben kommt nichts Gutes." Erhabenes lächerlich machen, den Irrsinn hinter der Realität entdecken.
    Deutschlandradio Kultur: Sie haben die Sendung von 1989 bis 1997 moderiert und immer wieder Helmut Kohl und die CDU gegen sich aufgebracht. Geht die Politik heute mit Satire professioneller um?
    Hans-Jürgen Börner: Ja, denn es wird ja nicht mehr so oft satirisch trocken – und damit richtig weh tuend – zugestochen. Es ist heute politisch chic und korrekt, Gegenstand von Comedy zu sein. Viele Politiker sind geradezu froh, wenn sie heutzutage in einer Comedy-Show auftreten. Die regen sich darüber nicht mehr auf.
    Deutschlandradio Kultur: An welchen Skandal aus Ihrer Zeit denken Sie besonders gerne zurück?
    Hans-Jürgen Börner: Da fällt mir der papstkritische Beitrag zur Osterfeier in Rom in den 90er-Jahren ein. Unter dem passenden Titel "Comedy Club of Rom – oder, der Papst erzählt einen Witz". An diesem Filmbeispiel von Fritz Tietz konnten alle Macher und Verantwortlichen im NDR lernen, was religiöse Gefühle sind, dass man den Papst nur als Menschen verspotten darf, nicht als Vertreter Gottes auf Erden, und zwar immer nur dann, wenn es einen Anlass dazu gibt. Und Anlässe gibt es bis heute reichlich.

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    Deutschlandradio Kultur: Heute sind auch TV-Formate wie die "Heute-Show" oder "Neo Magazin Royale" erfolgreich. Ersetzen Satire- oder Comedy-Sendungen mittlerweile Nachrichten-Sendungen?
    Hans-Jürgen Börner: Nachrichten-Sendungen ergänzen sich. News-Programme bieten die Grundlage für Satire. Leider entwickeln sich Nachrichten-Sendungen in ihrem Inhalt, ihrer Phrasenhafigkeit beim Verlautbaren von Politiker-Statements zu Satire-Sendungen. Wir müssen aufpassen, dass damit die Notwendigkeit von Comedy- und Satire-Sendungen nicht entfällt.
    Deutschlandradio Kultur: Mitunter ist es so, dass die Auftritte einiger AfD-Politiker absurder wirken als die Satire darüber.
    Hans-Jürgen Börner: Ja, in der Tat ist das Auftreten mancher dieser Politiker satirereif.
    Deutschlandradio Kultur: Welchen Einfluss spielt Satire Ihrer Meinung nach in der politischen Willensbildung?
    Hans-Jürgen Börner: Einen entscheidenden Einfluss. Satire-Sendungen erklären die Welt, so wie sie wirklich ist, beantworten Fragen, die anderen noch verschlossen sind.
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