"Ich nuschle nicht"
Das Nuscheln machte er zu seinem Markenzeichen, obwohl er verständlich sprechen konnte. Zugleich galt er als Verkörperung der Wiener Volksseele.
(Unverständliches Nuscheln)
"Wie? Ich versteeh Sie nicht!"
Hans Moser hat das Nuscheln nicht erfunden, er machte es nur zu seinem Markenzeichen. Deutlich sprechen konnte er, er hätte sonst nicht auf großen Bühnen in Stücken von Nestroy, Schnitzler, Shakespeare, Molnár und Raimund spielen können.
Seine Nuschelei unterstrich den artifiziellen Typus, in dem er der Wiener Volksseele ein Gesicht und eine Stimme gab: So sahen es jedenfalls die Wiener, und die übrige Welt nahm es ihnen ab.
Zum typischen Moser-Sound gehörte oft ein zusätzlich schwer verständliches Dialekt-Wienerisch, aber vor allem die spezielle Gefühlsmischung aus Sentimentalität, Heurigenglück, Missvergnügen und allgemeiner Resignation.
"Was soll i machen? Was soll i machen?"
Als dieser Schauspieler am 19. Juni 1964 im Alter von 83 Jahren starb, schien ganz Wien Trauer anzulegen. Wer konnte wie er das Wiener Lied in allen Spielarten variieren? Also ganz normal gefühlig ...
"A bisserl Grinzing"
... oder verschmitzt
"Reblaus"
... oder ironisch
"Ich sitz hier ganz verlassen..."
Man will kaum glauben, dass dieser von jung und alt betrauerte Held auf Leinwand und Bühne, der Volksschauspieler von Gnaden, so lange vom Publikum ignoriert worden war.
"Wie sind Sie eigentlich zum Film gekommen? Schwer...es hat furchtbar lang braucht. 30 Jahr! Mit 17 bin i zum Theater, in der Provinz samer rumgondelt, do und do.. – "
Der Vater war für ein Leben als Kaufmann - der Sohn zog die Wanderbühne vor
Wäre es nach seinem Vater gegangen, hätte der junge Johann sein Leben als Kaufmann beschlossen. Stattdessen zog er mit einer Wanderbühne davon, tingelte durch die Provinz, auch über die Wiener Bretter, durchweg in kleinen und kleinsten Rollen. Aber nach dem I. Weltkrieg - eine resolute Ehefrau war inzwischen in sein Leben getreten – hatte er erste Erfolge an den Wiener Kleinkunstbühnen.
Moser war 42, als er mit einem komischen Sketch endlich Furore machte: Der berühmte Fritz Löhner-Beda hatte ihm eine Hausmeisterrolle auf den Leib geschrieben, Moser begriff: Das Genre passte zu ihm. 1923 schrieb er sich selbst einen Sketch und erfand einen kleinbürgerlich-anarchistischen Arbeitsverweigerer, den "Dienstmann"
"Habe die Ehre ...no Servus. Was ham'S denn da drin? – Na, Kleidung! - Wer soll denn den trog'n!"
Allmählich entdeckten ihn die bedeutenderen Bühnen, der große Max Reinhard holte ihn in sein Ensemble, Moser avancierte zum Burgschauspieler, und ein bekannter Feuilletonist, Anton Kuh, suchte nach dem Geheimnis seiner Wirkung:
"Alles in diesem Gesicht ist schief. Schief die bäuerlich-hakige Nase, die von den kleinen bohrenden Augen wegblickt, schief der herabhängende, wortschürfende Mund, schief die Kopfhaltung. Nur gekrächzte und gekrähte Zischlaute kommen aus dieser verwahrlosten Denkwerkstatt. So sieht der neueste Wiener Schauspieler aus, der zugleich der neueste Schauspieler des Wienertums ist."
Die Leinwandkarriere begann in den 1920ern mit dem Tonfilm
Mit dem Tonfilm begann Ende der 20er Jahre die zweite, die Leinwandkarriere. Moser hatte zu lange gedarbt, um nicht jedes Angebot anzunehmen. In unzähligen Filmen und Filmchen brachte er sein Metier zum glänzen: den Pfandleiher. Den Kellner. Den Souffleur. Den Dienstmann.
"Hallo Dienstmann ... Welche waren Ihre Lieblingsfilme? – Ferienkind. Gässchen zum Paradies. Opernball."
Dass Moser auch Teil der UFA-Ablenkungsindustrie der NS-Jahre war, nahm 2010 der österreichische Dramatiker Franzobel zum Anlass, ihn als Prototyp des sich durchlavierenden Nazi-Günstlings darzustellen.
Dafür hätte es allerdings bessere Vorbilder gegeben als ausgerechnet Moser, der nach 1938 in ständiger Angst um seine jüdische Ehefrau Blanka lebte. Und im Gegensatz zu manchen anderen Kollegen eine Scheidung von ihr nicht einmal in Erwägung zog.