Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt

Ein Guru geht

Franck Ribery (l.) und Vereinsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt machen Späße
Die Zeit, als Franck Ribery (l.) und Vereinsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt zusammen Späße machten, sind vorbei. © picture alliance / dpa / Alexander Hassenstein
Von Arno Orzessek |
Himmel-Herrgott-Sakrament, was ist nur beim FC Bayern los? Da entpuppt sich Trainer Guardiola als ein Wolf im Schurwoll-Sakko und Rolex-Rummenigge, der Vorstandschef, bekommt nichts mit. Die Folge: Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, der Mediziner-Guru mit dem kernigen Indianergesicht, sagt zum Abschied Servus, und zwar alles andere als leise.
Ja, mi leggst am Oarsch, diese Bayern! Holen sich in Porto erst mal drei Gegentore von der Sorte "Himml-Herrgott-Sakrament!" ab. Tore, die samt und sonders auf körperliches Siechtum, geriatrisches Situationsverständnis und im Fall Alonso auf die Multiplikation beider Übel zurückgehen.
Und dann, ausgerechnet in dem Moment, in dem der halbe Luxus-Kader kränkelt, macht sich der Leibarzt dünne, inklusive medizinischer Entourage.
Als würde der Pastorensohn Müller-Wohlfahrt die Stelle bei Markus nicht kennen, wo der berühmte Heiler-Kollege Jesus predigt: "Die Starken bedürfen keines Arztes, sondern die Schwachen."
Sehr verdächtig, das alles.
Na klar, die schwächelnden Bayern können sich jetzt alles und jeden kaufen - auch spanische Ärzte nach dem Herzen Pep Guardiolas, dem verurteilten, später freigesprochenen Nandrolon-Doper.
Aber Müller-Wohlfahrt - Mull gerufen oder auch Doc - dieser alternativmedizinisch ausgefuchste Guru, der seinen Patienten bisweilen Kalbsblut mit Honig nicht als Suppe verabreicht, sondern als Injektion, Doc ist nicht irgendein Onkel Doktor.
Nein, Mull mit seinem kernigen Indianergesicht und dem gewissen Udo-Jürgens-Etwas ist als Monument ewiger Jugend praktisch das leibgewordene Lebenselixier der Bayern.
Über Jahrzehnte hat sich gezeigt: So wenig Mull die Haare ausgehen, so wenig dem FCB der Erfolg.
Was war los mit Rummenigge?
Was übrigens unstrittig ist: Als Mull nämlich mal hinwarf, weil die Bayern-Bosse kollektiv plemplem auf Grinsi-Klinsi als Trainer abfuhren - tja, da fuhren auch die Bayern, nämlich in der Tabelle südwärts. Klinsi ging alsbald, Mull kam zurück, und mit ihm die Triumphe.
Ob Rolex-Rummenigge, der Uhren-Schmuggler, die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat?
An den Zeichen kann's nicht liegen, die besagen klipp und klar: Wenn sich der FCB im Konflikt Pep gegen Mull, der dem Post-Porto-Bohei zugrunde liegen dürfte, für Pep stark macht, macht er sich selbst schwach.
Denn was nützt es dem FCB, wenn Pep den internen Wettbewerb Wer-ist-der-Schönste-im-ganzen-Verein? gewinnt, der Verein aber Schaden nimmt an seiner Seele? Also am illustren Briefkopf und am Bling-Bling in den Vitrinen.
Überhaupt würde man gern wissen, ob Rolex-Rummenigge und Uli Hoeneß, der verknackte Wurst- und Titelfabrikant, wirklich begreifen, was für einen herrischen Ich-hab-die-Bügelfalten-schön sie sich mit dem Pep da zugelegt haben.
Dem zappeligen Autokraten, katharischen Werbe-Star und Ritter von der scheinbar freundlichen Gestalt.
Ein Wolf im Schurwoll-Sakko ist das - der sogar den Ober-Motzki Sammer soweit zum Unter-Teufel degradiert hat, dass modemäßig der Verdacht im Stadion-Innenraum steht: Motzki trägt jetzt sogar Peps Klamotten auf.
Andererseits: Vielleicht ist Mull ja auch der perfekte Verschwörer...
Macht gerade jetzt den Abgang, dreht damit den Bayern den Lebenssaft ab, ermöglicht DFB-Pokal-Gegner Dortmund demnächst das Weiterkommen, stürzt so den Pep, der für eine Million Dollar pro Woche in die Quatar Stars League wechselt - und bereitet die Intronisation des Emotions-Königs Jürgen Klopp vor.
Fragt da jemand - "warum denn das?" - Kruzefix no amoi, ist doch klar: Die Bayern dürstet's halt nach echter Liebe. Schon seit Jahrzeiten. Niemand weiß das besser als der ewige Mull.
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