Harald Welzer ist Direktor von "Futurzwei – Stiftung Zukunftsfähigkeit" und Honorarprofessor für Transformationsdesign an der Universität Flensburg.
"Das gehört nicht in die Polizei"
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Laut Polizei ist es völlig normal, im Fall der Tatverdächtigen der Stuttgarter Krawallnacht den familiären Hintergrund zu recherchieren. Der Soziologe Harald Welzer widerspricht: Bei "biodeutschen" Tatverdächtigen wäre man nicht auf diese Idee gekommen.
Nachdem die Stuttgarter Polizei eingeräumt hat, bei Tatverdächtigen der Stuttgarter Krawallnacht vor einigen Wochen, bei Standesämtern die Nationalität der Eltern von Tatverdächtigen erfragt zu haben, schlagen die Wellen der Empörung in den sozialen Netzwerken hoch.
Der Soziologe Harald Welzer findet das sehr nachvollziehbar. "In historischer Perspektive erinnert uns das wirklich an übelste Traditionen, kriminelle Haltungen und Orientierungen zurückzuführen auf Familie, auf Sippe, auf solche Dinge."
Aus soziologischer Sicht könne es zwar interessant sein, die Milieus zu betrachten, aus denen Menschen kämen, die solche Formen von Party-Aktivitäten praktizierten. "Das gehört aber meines Erachtens nicht in die Polizei."
"Versäumnisse in der Ordnungspolitik der Behörden"
Entsprechend verwundert zeigt sich Welzer über Aussagen des CDU-Innenpolitikers Armin Schuster, der in derartigem Vorgehen einfach nur einen polizeilichen Standard sieht. "Ich glaube, ein Rechtsstaat zeichnet sich dadurch aus, dass genau das getrennt voneinander verlaufen würde", betont Welzer. "Das ist das, was wir in der ganzen Rassismus-Diskussion der letzten Wochen und der Diskussion zum Racial Profiling genau als Problem identifiziert haben."
Wären alle Tatverdächtige in Stuttgart "biodeutsch" gewesen, wäre die Polizei nicht auf die Idee gekommen, entsprechende Nachforschungen anzustellen, vermutet Welzer. Seinersesits seit sieht er die Ausschreitungen von Stuttgart als Resultat einer "extrem schlechten Präventionsarbeit". Denn es habe dort viele Vorgängerereignisse gegeben, unterschiedlichste Formen von Demonstrationen, Widerstandshandlungen und Anarchie: "Inofern ist es vielleicht der falsche Weg, nach den Stammbäumen von Tätern zu forschen, man könnte vielleicht mal gucken, was es für Versäumnisse in der Ordnungpolitik der dortigen Behörden gegeben hat."
(uko)