Ein neuer Heiland für das Berliner Humboldt Forum
Kulturstaatsministerin Monika Grütters schlägt Hartmut Dorgerloh als Intendanten des Berliner Humboldt Forums vor. Ein guter Kandidat, der jedoch nicht strukturelle Probleme lösen könne, meint Nikolaus Bernau. Das Projekt müsse grundlegend neu aufgestellt werden.
Es ist erst drei Jahre her, dass Neil Mac Gregor, einst Direktor des British Museum, in Berlin wie ein Heiland gefeiert wurde. Kulturstaatsministerin Monika Grütters hatte ihn damals regelrecht bekniet: Er solle doch endlich dem verfahrenen Projekt Humboldt Forum internationalen Glanz geben.
Aber er ergriff die Chance nicht, war nicht bereit, sich ins Klein-Klein der Administration hinabzubegeben, in die Konkurrenz zwischen den vier Ministerien, dem Bund, dem Land Berlin, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Schlossstiftung. Einzig die aus England übernommene Idee, den Einritt kostenfrei zu machen, wird wohl mit seinem Namen verbunden bleiben.
Aber er ergriff die Chance nicht, war nicht bereit, sich ins Klein-Klein der Administration hinabzubegeben, in die Konkurrenz zwischen den vier Ministerien, dem Bund, dem Land Berlin, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Schlossstiftung. Einzig die aus England übernommene Idee, den Einritt kostenfrei zu machen, wird wohl mit seinem Namen verbunden bleiben.
Debattieren und verhandeln kann Dorgerloh
Aber nun gibt es ja einen neuen Heiland für das Humboldt Forum. Hartmut Dorgerloh heißt er. Ein renommierter Kunsthistoriker und Denkmalpfleger, der die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten seit 2002 radikal erfrischte, ihr den Preußen-, Luisen- und Alter Fritz-Muff austrieb.
Ein Mann, der offenbar gerne verwaltet, der gerne mit Mitarbeitern spricht, der debattieren kann, der offenkundig gut verhandelt, der Marketing-Erfahrung hat, der im kulturföderalen Dickicht Deutschlands herumwandert, als ginge es über eine Parkwiese.
Keine Expertise als Ethnologe
Warum ihn Monika Grütters will, ist also einsichtig. Dabei hat der Preußen-Spezialist Dorgerloh keinerlei Expertise als Ethnologe oder als Fachmann für afrikanische, asiatische, nord- oder südamerikanische oder pazifische Kulturen und Künste.
Doch das kann ein kluger Mensch lernen. Und Charisma entwickelt sich. Das Problem des Humboldt Forums ist also nicht mangelnde Ausstrahlung des möglichen Intendanten. Dorgerloh könnte genau die richtige Person für den Job sein.
Wenn nicht - ja wenn nicht die chaotische Verwaltungsstruktur des Humboldt-Forums wäre, in der sehr viele Menschen und Institutionen vom Bundestag bis zur Berliner Bauverwaltung mitreden, aber keiner Verantwortung für das Ganze übernehmen kann und will, eben weil so viele mitreden.
Das Projekt muss grundlegend neu aufgestellt werden
Wenn dieses Projekt noch zum Erfolg geführt werden soll, dann muss es grundlegend neu aufgestellt werden. Und zwar nicht als Hau-Ruck-Aktion eines starken Mannes – das hat schon mit Neil Mac Gregor nicht geklappt, das geht im Gewerkschafts- und Verwaltungsstaat Deutschland nicht, in dem störrische Mitarbeiter nicht einfach gefeuert werden können.
Es geht um eine vorsichtige, strategisch und langfristig angelegte Reform des Bestehenden, die die Mitarbeiter mitnimmt, die sich Debatten etwa zur Frage der kolonialen Raubkultur traut, die Chance für neue Ideen öffnet. Nur dann kann ein kooperatives Modell, in dem der Intendant lediglich Primus Inter Pares ist, wie es sich Grütters offenbar vorstellt, überhaupt funktionieren.
Es fehlen Zeit und Geld
Dazu aber braucht es Zeit. Doch gerade Zeit für neue Debatten, neue Konzepte, die will die Politik, die will Monika Grütters dem Humboldt Forum auf gar keinen Fall geben, so wenig übrigens wie ausreichendes Geld. Alles ist dem Eröffnungstermin Ende 2019 unterworfen. Und daran kann auch der beste Intendantenkandidat nichts ändern.