Der Mann der vielen Gesichter
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Eine Nebenrolle legte den Grundstein für seinen Weltruhm: Harvey Keitel war der Zuhälter "Sport" in "Taxi Driver". Seine Vielseitigkeit zeigte er in Filmen wie "Das Piano", "Pulp Fiction" oder "Smoke". Heute wird Keitel 80 Jahre alt.
"Smoke", so der Titel des Films, den der Rauch durchzog. Die Zigarette scheint angewachsen im Mund von Harvey Keitel als Rauchwarenladenbesitzer Auggie, dem Mann, bei dem viele Lebensgeschichten seines Viertels, seiner Kunden am verrauchten Tresen zusammenlaufen. Und er, der Kauz, fotografiert seine Welt jeden Morgen um acht Uhr, 4000 Morgen lang das gleiche Foto. Aber immer anders.
"It's my corner after all. I mean it's just one small part of the world, but things take place there, too. Just like everywhere else. So welcome to my spot."
"Taxi Driver" machte ihn bekannt
Dritte Straße Ecke Seventh Avenue, sein Spot im Film, aber irgendwie auch im Leben. Brooklyn, New York, da ist Harvey Keitel geboren. So wie Robert de Niro übrigens auch, ein Freund bis heute. Martin Scorsese ist auch ein Keitel-Freund, einer, der ihn bekannt machte mit "Taxi Driver". Marty und ich, sagt Keitel, wir haben viel gemeinsam:
"Marty we had a lot in common as two young men growing up. First of all we were both mama's boys."
Muttersöhnchen – schwer vorstellbar bei diesem so körperlichen Keitel, diesem brutalen, feinen, kaputten Schauspieler, der da erst anfängt, wo andere längst aufhören. Method Acting, sich in die Rolle hineinleben, das ist sein Ding.
Keitel, der grandiose Schauspieler, der Nebenrollen zur Hauptrolle machen konnte. Sein Kumpel De Niro, Pate seiner Tochter, schaffte es und wurde zum Superstar, Keitel nie so ganz. Was braucht es für Erfolg?
"Luck and hard work", Glück und harte Arbeit, sagt er. Er arbeitete hart, Glück hatte er nicht immer. Auf der Straße verwechseln sie ihn bis heute gern mit De Niro. Einst rettete Keitel einer Frau, die im Restaurant zu ersticken drohte, das Leben, steckte ihr zwei Finger in den Hals, sie erbrach sich auf ihm. Tags drauf in der Zeitung: "De Niro rettet Frau in Restaurant". Keitel lacht über so etwas.
Cooler Kauz und Andersdenkender
Er ist der Mann der gelebten Emotionen, Sohn jüdischer Einwanderer, immer der etwas andere. Hollywood mochte er nie. Vielleicht weil Hollywood ihn irgendwie auch nie wirklich mochte. Das widerlichste an Hollywood, sagte Keitel einst in einem Interview, sei die fehlende Toleranz gegenüber Andersdenkenden.
Er ist so einer, ein Andersdenkender. Sein Rat an junge Schauspieler: Weitet den Blick, geht ins Theater, lest, lebt.
Keitel, der coole Kauz. Der Tatortreiniger im blutigen Gemetzel von "Pulp Fiction", der im Anzug als Problemlöser unterwegs ist und die Sauerei wegorganisiert, die andere anrichteten.
Preise sind ihm egal, sagt er über den Oscar, den er nie erhielt. Preise definieren keinen Erfolg. Erfolg sei kontinuierliche Arbeit, dauerndes Entdecken.
Heute wird der Mann der vielen Gesichter, der Vater dreier Kinder, der dauernde Entdecker Harvey Keitel 80 Jahre alt.