Die dunkle Seite der digitalen Welt
Hassreden im Internet nehmen zu. So stark, dass selbst Hartgesottene oft überrascht sind. Beim Festival "South by Southwest" in den USA wurde über den richtigen Umgang damit diskutiert und was schwerer wiegt: Würde oder das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Das gibt es sonst nicht beim Festival "South by Southwest": Taschenkontrolle am Eingang, Polizei im Raum und die Aufforderung der Moderatoren: "Wir bitten alle Teilnehmer unserer Veranstaltung, sich respektvoll zu verhalten." So hieß es in Durchsagen vor jeder der 15 Veranstaltungen, in denen an diesem Festivaltag über Hass im Netz diskutiert wurde.
Es hatte im Vorfeld Gewaltandrohungen gegeben - so sehr hatte sich die Debatte um Belästigung und Hass im Netz aufgeheizt. Was ist denn aber überhaupt "Hate Speech" - also hasserfüllte Rede im Netz, fragte Lee Rowland von der Bürgerrechtsorganisation ACLU.
Auf globaler Nachbarschaftswache
Sie ist eine der Rednerinnen zum Thema "Wie weit muss Hassrede geschützt werden?". Doch schon allein die Frage nach der Definition würde jeder anders beantworten. Hassrede wird in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche geahndet. Soziale Netzwerke wie Facebook und Youtube haben inzwischen Verhaltensregeln für ihre Nutzer aufgestellt. Andere Nutzer können Verstöße melden. Es ist eine Art globale Nachbarschaftswache. Aber eine komplette Kontrolle ist fast unmöglich.
Auf Youtube werden beispielsweise jede Minute 400 Stunden Videomaterial hochgeladen, Facebook hat über 1,6 Milliarden Nutzer. Und technische Lösungen, Hass-Rede herauszufiltern und automatisch entsprechende Beiträge zu blocken, seien noch nicht so weit, erklärt Monika Bickert von Facebook:
"Das ist immer im Kontext zu betrachten. Man kann ja auch im Spass einem Freund schreiben: Wenn Du nicht zu meiner Party kommst, dann bringe ich Dich um. Und deshalb müssen wir immer noch selbst darauf schauen."
Morddrohungen im Netz
Wie speziell Frauen online angegriffen werden, war das Thema bei dem Panel "Ist ein sichereres, vernünftigeres, höflicheres Internet überhaupt möglich?". Moderiert wurde die Diskussion von der Spieleentwicklerin Brianna Wu, die seit Jahren online belästigt wird, sogar Morddrohungen erhielt. Wu sagt, dass Hass im Netz nur auf mehreren Ebenen gelöst werden kann.
"Wir brauchen Eltern, die ihren Söhnen beibringen, Mädchen und Frauen im Netz respektvoll zu behandeln. Wir brauchen Gesetze, die uns zum Beispiel bei Fällen von Rachepornos helfen. Wir brauchen Facebook, das in seinen Verhaltensregeln Transgender besser schützen sollte. Es gibt nicht die eine Lösung."
Rechtsprofessor Jeffrey Rosen dagegen warnte vor weiteren Gesetzen. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs auf ein "Recht auf Vergessenwerden" hält er für falsch. Als Gesellschaft müssen wir uns entscheiden, was für uns den größeren Wert hat, so Rosen: Privatsphäre und Würde oder das Recht auf freie Meinungsäußerung. Er würde sich immer für Letzteres entscheiden.