Haushaltshilfen mit Gleichgewichtsproblemen

Von Michael Engel |
Wenn es nach den Visionen einiger Ingenieure geht, werden Roboter in wenigen Jahren zu unserem Alltag gehören und unsere Wohnung säubern oder einkaufen gehen. Der tatsächliche Stand der Entwicklung der blechernen Diener ist momentan allerdings auf einer niedrigeren Stufe. Manche Roboter müssen noch laufen lernen, wie man auf der Hannover Messe sehen kann.
Das ist "Schima" - ein Roboter mit nur einem Arm. Blitzschnell packt der Greifer nach fingerdicken Metallteilen, die auf einem Fließband vorbeirauschen. Die Fittinge, Zubehörteile in der Montagetechnik, sortiert er in verschiedene Kästen

"Als Schüttgut kommen die Teile auf einem Band an und werden mit einer Kamera erkannt und werden gezielt abgegriffen und zu einer nachfolgenden Bearbeitungsoperation – was es auch immer ist – eingelegt."

Schima – so Peter Schindler sichtlich stolz - kann die verschiedenartigen Teile mit Hilfe einer Kamera "erkennen" und gezielt herauspicken. 100.000 Euro kostet der tischgroße Roboter.

"Sehende Systeme" wie Schima sind der große Renner in der Industrierobotik. Damit kein Messebesucher durch die flinken Maschinen zu Schaden kommt, stehen sie zum Schutz hinter dickem Panzerglas.

Nur ein paar Meter weiter, auf dem Stand der ZBV-Automation in Halle 17, arbeiten noch größere Industrieroboter. Auch sie können sehen und sind deshalb sehr flexibel einsetzbar, lobt Geschäftsführer Alfred Elsas. Aber:

"Auch Robotersysteme werden meines Erachtens in der Zukunft nicht ganz ohne Menschen auskommen. Weil erstens mal wird die Qualifikation der Anlagenbediener, die man in gewisser Weise immer noch braucht, die wird zwar in erhöhtem Maße zunehmen, aber ganz ohne Mensch wird’s nicht gehen."

"Ganz ohne Menschen wird’s nicht gehen". Dieser Satz klingt noch im Ohr, da taucht schon der nächste Roboter auf. Ein "Golf-Roboter". "Top Swing" heißt die Maschine, die mit meterlangen Stangen in den Raum hineinragt. Am Ende der Stangen, wo der Greifer sitzt, hält der Roboter einen Golfschläger. Und zwar so, dass der Griff oben für die menschliche Hand frei bleibt. Björn Bollmer bringt sich in Position, umfasst den Schläger und holt aus …

"... entsprechend kann ich selber die Maschine starten, indem ich den Schwung einleite, und dann wird der Roboter anfangen, die Bewegung alleine auszuführen. Ich probiere, den Schläger die ganze Zeit in den Händen zu halten und entsprechend der Golfbewegung auch mich dann zu bewegen und vor allem das Gefühl aufzubauen, wie der Schläger bewegt wird."

Normalerweise steht ein Golflehrer hinter dem Schüler, um die richtige Schlagtechnik im Tandem zu üben. Jetzt arbeitet Björn Bollmer mit einem Laptop, um den Roboter auf das Training einzustimmen. Für jeden Schlag ist ein bestimmtes "Schwungmodell" programmiert, das die Golfschüler mit Hilfe des Roboters viele Male hintereinander üben können, bis die Lektion sitzt.

"Man macht gut zehnmal die Golfschwünge hintereinander, geht weg vom Roboter und ist dann wieder aktiv am Ball und probiert selber diese Bewegung aus. Und die Erfahrung hat uns bis jetzt gezeigt, dass eine Unterrichtseinheit mit diesem Topswing ungefähr drei bis vier normale Unterrichtseinheiten mit einem Golftrainer entsprechen würde. Also es ist im Prinzip eine Zeitersparnis, und es ist insgesamt für den Trainer ein viel, viel angenehmeres Verhältnis."

Noch wirkt "Anita" ziemlich wackelig. Anita misst gerade einmal 60 Zentimeter, steht auf zwei Beinen, doch ohne die schützenden Hände von Thomas Logich – Informatik-Student im achten Semester – würde sein Baby ständig umfallen.

"Dem Baby, das kann man ganz gut vergleichen mit einem Baby, fehlt vor allem noch die Sicherheit beim Laufen. Ja, und das ist eigentlich das größte Problem, und wenn wir das hingekriegt haben, ist der Rest mehr oder weniger ein Klacks."

"Wir" – das ist ein fünfköpfiges Team der Humboldt Universität Berlin, das Anita ins Rennen schickt, um den "Robo-Cup" in der Disziplin der so genannten "Humaoiden" gewinnen möchte. Anita – die zweibeinige Roboterdame - soll möglichst viele Tore schießen, im Pavillon 33 auf der Hannover Messe – wenn sie nur nicht immer umfallen würde.

"Wenn man ein Gleichgewichtssystem hat, wenn man es jetzt so vereinfacht sagt, dann kann man sicherlich schon viel hinkriegen, allerdings haben wir Menschen aber noch viel kompliziertere Sachen, wir können direkt in den Muskeln spüren, wie wir stehen. Und wenn wir das hinkriegen würden, statt dieser Servomotoren, die wir benutzen, die einfach nur ein bisschen hin und her bewegen können und auch noch ein furchtbares Getriebe haben, wenn wir also künstliche Muskeln hätten, das wäre der Durchbruch überhaupt."

Roboter sind keine Menschen! Informatiker werden ständig von diesem Gedanken geplagt, wenn sie ihre "Sorgenkinder" programmieren. Und dann dieses Problem: Spätestens nach zwölf Stunden ist der Akku leer.
Nicht so bei "BrennBot", einem Roboter, den Wissenschaftler der Fraunhofer Gesellschaft entwickelten. "BrennBot" hat eine Brennstoffzelle im Bauch, dazu eine Gasflasche mit Wasserstoff. Und die versorgt den Kerl mehrere Tage lang mit Strom, wie Reiner Frings versichert:

"Ein Einsatzgebiet wäre zum Beispiel im Sicherheitsbereich, wenn ich also irgendwelche Gebäude oder andere Sachen überwachen will. Wo jetzt also zum Beispiel am Wochenende komplett ein Gebäude überwacht werden muss. Und der Roboter muss also die ganze Zeit laufen."

Sie sollen Häuser bewachen, unsere Wohnung putzen, die Oma pflegen. Noch allerdings ist das, was die Hannover Messe zeigen kann, weit von diesen nicht immer attraktiven Visionen entfernt. Die metallenen Zeitgenossen stolpern über ihre eigenen Platinen und bleiben einfach stehen, weil ihnen der Saft ausgeht. Jan Wenzenberg vom Roboterclub Aachen e.V. gibt sich gleichwohl siegessicher:

"Ich denke, in Zukunft sind da keine Grenzen gesetzt. Und solange es Leute wie uns gibt, die durch spielerische Sachen alles ausprobieren, wird da auch in jedem Bereich jede mögliche Sache ausprobiert. Dafür sorgen wir als Ingenieure durch unseren Spieltrieb, dass es die Sachen geben wird."