Haut aus dem Automaten
Seit gut zehn Jahren forschen Biowissenschaftler an der Produktion künstlicher Haut. Bislang dauert die Herstellung der Zwei- bzw. Dreischichthaut mehr als drei Wochen und ist sehr teuer. Vier Fraunhofer-Institute in Stuttgart haben sich jetzt bei einem Projekt zusammengefunden, das einen Automaten zur Produktion von künstlicher Haut herstellt.
Haarfeine Kanülen drehen sich wie ein Miniaturquirl in der Petrischale. Im Sekundentakt sondern sie winzige Hautzellen ab und verteilen sie gleichmäßig in der gallertartigen Masse. Ein kurzer elektronischer Impuls und die nächste Petrischale steht unter den Kanülen.
"Wir rühren in diese Genneutralisationslösung die Zellen ein. Man sieht im hinteren linken Teil die Pumpen, wo die Lösung drin ist. Hier vorne sind die zwei Nadeln, wo die Zellen als auch die Lösung in die Mikrotetraplatte eingerührt wird."
Nach rund drei Wochen soll aus diesem Gemisch eine neue Haut entstanden sein, sagt Roland Huchler. Der Entwickler vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPT forscht seit gut anderthalb Jahren an dem Projekt, das die Automatisierung von Tissue Engineering revolutionieren will. Tissue Enginieering meint im Fachjargon die Konstruktion von natürlichem Gewebe aus lebenden Zellen. Ein Vorgang, der bislang zeitraubend in Laboren und von Hand ablief. Damit sei jetzt Schluss, sind die Fraunhofer Wissenschaftler überzeugt. Ihre bahnbrechende Entwicklung: Erstmals soll das vielseitigste Organ des Menschen, die Haut, automatisch, am Fliessband, herstellbar sein. Und das mit allen drei Gewebeschichten: Der Oberhaut, der Lederhaut und der Unterhaut, erklärt Heike Mertsching:
"Wir sind wirklich ganz einfach, obwohl, so einfach war es gar nicht, analog zu den manuellen Prozessen verfahren, das heißt man nimmt dieses Stück und schneidet diese Haut klein. Dadurch vergrößere ich die Oberfläche und kann über Enzyme und Flüssigkeiten diese Zellen herauslösen. Diese Zellen, wenn sie aus der Haut herausgelöst sind, müssen dann separiert werden, denn sie vertragen sich nicht so gut, wenn man sie zusammen vermehren würde."
Wie eine Küchenzeile aus Edelstahl wirkt der Hautautomat der Zukunft.
In einem sieben mal fünf Meter großen Raum reihen sich die computergesteuerten Systemkomponente aneinander. Greifarme schwenken hin und her. Hier werden die ankommenden Hautproben gereinigt, vom Fett befreit und zerkleinert. Hochsensorischer Roboter transportieren die Trägersubstanz Collagen in die sterilen Petrischalen. Sekunden später übertragen die winzigen Kanülen die freigewordenen Zellen in die gallertartige Masse:
"Wenn Sie uns jetzt ein Stück Haut der Größe ein Zentimeter mal ein Zentimeter geben, dann können wir hundert mal hundert Zentimeter daraus machen, mehr nicht. Sonst müssten wir die Zellen in der Art vermehren, dass wir nicht mehr sicher sein können, dass sie nicht tumorös entartet sind oder andere Funktionen verloren haben."
Sie steht im Labor des Stuttgarter Partner-Institutes für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB und hält eine Petrischale in der Hand. Mit der Automatisierung erhoffen sich die Wissenschaftler eine enorme Kostensenkung sowie eine Verbesserung der Qualität. Bislang kämpften die Wissenschaftler mit mehreren Fehlerquellen: Die Kontaminierungsgefahr bei dem manuellen Wechsel der Nährlösung, in der die separierten Zellen sich vermehren, war hoch. Auch die anschließende Inkubationszeit, in der die Zellen zu der Dreischichthaut zusammenwachsen war störanfällig. In dem neuen Hautautomaten sollen diese Probleme entfallen.
In steriler Umgebung, ohne menschliche Einflussnahme können die gezüchteten Hautpräparate nach rund drei Wochen ihre Brutstätte verlassen, rechnet Heike Mertsching vor:
"Also wir haben Zellen, die brauchen für den Prozess drei Wochen, wir haben aber auch Zellen, die langsamer wachsen. Da braucht man für den Prozess bis zu sechs Wochen. Wobei wir natürlich auch hoffen, dass man durch die Optimierung den Prozess noch schneller machen kann."
Die Haut aus dem Automaten sei das Pflaster der Zukunft, scherzt Roland Huchler. In zwei, drei Jahren könnte es jeder Bürger auf dem Nachttisch liegen haben. Doch das ist Zukunftsmusik. Die neue Haut wird vorerst für Pharmaversuche oder kleinflächige Transplantationen genutzt, bis sich der neuentwickelte automatische Prozess bewährt hat, sagt Roland Huchler. Vor allem das Material wird extremer Belastung ausgesetzt.
Bei Temperaturen von 37 Grad Celsius, gleichbleibendem CO2-Gehalt und einer hohen Luftfeuchtigkeit dürfen die feinen Systemkomponenten nicht rosten. Die Entwicklung einer speziellen Legierung brachte den Durchbruch und für die Wissenschaftler gleich das erste Patent. Mittlerweile wurden zehn Patente für das elektronische System angemeldet:
"Das Ganze ist ein vernetztes System. Wir gehen über ein LAN-Netzwerk, also ganz normale Standartanschlüsse. Wir haben Protokolle in diesem System laufen, die einfach sicher stellen, dass keine Verwechslung stattfinden kann bei den Proben, aber diese Protokolle sind aus anderen Bereichen abgekupfert, wie man sie zum Beispiel bei der Autoindustrie einsetzt?"
Ohne Elektronik geht hier gar nichts, betont Roland Huchler:
"Wir haben sehr viele Messköpfe in dieser Anlage. Wir müssen natürlich hochpräzise dosieren wenn es um Flüssigkeiten geht. Wir müssen die Zellen auch hochpräzise handhaben, also mit unseren Robotern und Messköpfen arbeiten. Wir haben viele Messköpfe drin und diese Vernetzung der Messköpfe und deren Zusammenspiel ist natürlich komplex."
Spätestens im kommenden Jahr soll der Prototyp in die Fertigung gehen, hoffen die Fraunhofer-Wissenschaftler. Das Interesse bei den potentiellen Kunden, den Kliniken, Hautärzten und der Pharmaindustrie ist groß. Menschliche Haut zu züchten ist bisher aufgrund von Personalkosten extrem teuer. Dementsprechend schwierig ist es auch, betroffene Patienten zeitnah zu versorgen. Eine automatische Herstellung von menschlicher Haut kann diesen Engpass beseitigen.
"Wir rühren in diese Genneutralisationslösung die Zellen ein. Man sieht im hinteren linken Teil die Pumpen, wo die Lösung drin ist. Hier vorne sind die zwei Nadeln, wo die Zellen als auch die Lösung in die Mikrotetraplatte eingerührt wird."
Nach rund drei Wochen soll aus diesem Gemisch eine neue Haut entstanden sein, sagt Roland Huchler. Der Entwickler vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPT forscht seit gut anderthalb Jahren an dem Projekt, das die Automatisierung von Tissue Engineering revolutionieren will. Tissue Enginieering meint im Fachjargon die Konstruktion von natürlichem Gewebe aus lebenden Zellen. Ein Vorgang, der bislang zeitraubend in Laboren und von Hand ablief. Damit sei jetzt Schluss, sind die Fraunhofer Wissenschaftler überzeugt. Ihre bahnbrechende Entwicklung: Erstmals soll das vielseitigste Organ des Menschen, die Haut, automatisch, am Fliessband, herstellbar sein. Und das mit allen drei Gewebeschichten: Der Oberhaut, der Lederhaut und der Unterhaut, erklärt Heike Mertsching:
"Wir sind wirklich ganz einfach, obwohl, so einfach war es gar nicht, analog zu den manuellen Prozessen verfahren, das heißt man nimmt dieses Stück und schneidet diese Haut klein. Dadurch vergrößere ich die Oberfläche und kann über Enzyme und Flüssigkeiten diese Zellen herauslösen. Diese Zellen, wenn sie aus der Haut herausgelöst sind, müssen dann separiert werden, denn sie vertragen sich nicht so gut, wenn man sie zusammen vermehren würde."
Wie eine Küchenzeile aus Edelstahl wirkt der Hautautomat der Zukunft.
In einem sieben mal fünf Meter großen Raum reihen sich die computergesteuerten Systemkomponente aneinander. Greifarme schwenken hin und her. Hier werden die ankommenden Hautproben gereinigt, vom Fett befreit und zerkleinert. Hochsensorischer Roboter transportieren die Trägersubstanz Collagen in die sterilen Petrischalen. Sekunden später übertragen die winzigen Kanülen die freigewordenen Zellen in die gallertartige Masse:
"Wenn Sie uns jetzt ein Stück Haut der Größe ein Zentimeter mal ein Zentimeter geben, dann können wir hundert mal hundert Zentimeter daraus machen, mehr nicht. Sonst müssten wir die Zellen in der Art vermehren, dass wir nicht mehr sicher sein können, dass sie nicht tumorös entartet sind oder andere Funktionen verloren haben."
Sie steht im Labor des Stuttgarter Partner-Institutes für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB und hält eine Petrischale in der Hand. Mit der Automatisierung erhoffen sich die Wissenschaftler eine enorme Kostensenkung sowie eine Verbesserung der Qualität. Bislang kämpften die Wissenschaftler mit mehreren Fehlerquellen: Die Kontaminierungsgefahr bei dem manuellen Wechsel der Nährlösung, in der die separierten Zellen sich vermehren, war hoch. Auch die anschließende Inkubationszeit, in der die Zellen zu der Dreischichthaut zusammenwachsen war störanfällig. In dem neuen Hautautomaten sollen diese Probleme entfallen.
In steriler Umgebung, ohne menschliche Einflussnahme können die gezüchteten Hautpräparate nach rund drei Wochen ihre Brutstätte verlassen, rechnet Heike Mertsching vor:
"Also wir haben Zellen, die brauchen für den Prozess drei Wochen, wir haben aber auch Zellen, die langsamer wachsen. Da braucht man für den Prozess bis zu sechs Wochen. Wobei wir natürlich auch hoffen, dass man durch die Optimierung den Prozess noch schneller machen kann."
Die Haut aus dem Automaten sei das Pflaster der Zukunft, scherzt Roland Huchler. In zwei, drei Jahren könnte es jeder Bürger auf dem Nachttisch liegen haben. Doch das ist Zukunftsmusik. Die neue Haut wird vorerst für Pharmaversuche oder kleinflächige Transplantationen genutzt, bis sich der neuentwickelte automatische Prozess bewährt hat, sagt Roland Huchler. Vor allem das Material wird extremer Belastung ausgesetzt.
Bei Temperaturen von 37 Grad Celsius, gleichbleibendem CO2-Gehalt und einer hohen Luftfeuchtigkeit dürfen die feinen Systemkomponenten nicht rosten. Die Entwicklung einer speziellen Legierung brachte den Durchbruch und für die Wissenschaftler gleich das erste Patent. Mittlerweile wurden zehn Patente für das elektronische System angemeldet:
"Das Ganze ist ein vernetztes System. Wir gehen über ein LAN-Netzwerk, also ganz normale Standartanschlüsse. Wir haben Protokolle in diesem System laufen, die einfach sicher stellen, dass keine Verwechslung stattfinden kann bei den Proben, aber diese Protokolle sind aus anderen Bereichen abgekupfert, wie man sie zum Beispiel bei der Autoindustrie einsetzt?"
Ohne Elektronik geht hier gar nichts, betont Roland Huchler:
"Wir haben sehr viele Messköpfe in dieser Anlage. Wir müssen natürlich hochpräzise dosieren wenn es um Flüssigkeiten geht. Wir müssen die Zellen auch hochpräzise handhaben, also mit unseren Robotern und Messköpfen arbeiten. Wir haben viele Messköpfe drin und diese Vernetzung der Messköpfe und deren Zusammenspiel ist natürlich komplex."
Spätestens im kommenden Jahr soll der Prototyp in die Fertigung gehen, hoffen die Fraunhofer-Wissenschaftler. Das Interesse bei den potentiellen Kunden, den Kliniken, Hautärzten und der Pharmaindustrie ist groß. Menschliche Haut zu züchten ist bisher aufgrund von Personalkosten extrem teuer. Dementsprechend schwierig ist es auch, betroffene Patienten zeitnah zu versorgen. Eine automatische Herstellung von menschlicher Haut kann diesen Engpass beseitigen.