Heidi Benneckenstein - Kindheit in einer Neonazi-Familie

Ausstieg aus der braunen Parallelwelt

Heidi Benneckenstein
© Annette Hauschild | Ostkreuz
Moderation: Katrin Heise |
Heidi Benneckenstein wächst in einer Neonazi-Familie auf, in einer streng abgeschirmten braunen Parallelwelt. Doch als Jugendliche beginnt sie zu zweifeln. Ihre Erfahrungen hat die 25-Jährige in dem Buch "Ein deutsches Mädchen" verarbeitet.
In der elterlichen Wohnung hingen Runen aus Salzteig an der Wand und amerikanische Musik war verboten: Heidi Benneckenstein wuchs in einer Nazi-Familie am Stadtrand von München auf.

Für Heidrun war Hitler-Verehrung normal

Vor allem ihr Vater indoktrinierte sie und ihre Geschwister mit völkischer und antisemitischer Ideologie, in der Hitler ein großer Mann und der Holocaust nie geschehen war. Für die kleine Heidrun, wie sie damals genannt wurde, war das normal – für andere Kinder nicht:
"Eine Freundin hat mir jetzt gesagt, nachdem mein Buch erschienen ist, dass sie mal zu ihrer Mutter gesagt hat: Bei mir zuhause ist es gruselig."
Ihre Kindheit und Jugend verbrachte Heidi Benneckenstein in einer streng abgeschirmten braunen Parallelwelt unter Gleichgesinnten. Wozu auch Kinder-Ferienlager bei der inzwischen verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" gehörten:

Militärischer Drill in Ferienlagern

"Diese Ferienlager sind auch sehr militärisch aufgebaut. Es muss sehr viel angetreten und stramm gestanden werden und man hat sehr wenig Freizeit, sehr viel Programm, völkisches Programm eben. Und die Kinder werden da zu Nazis erzogen."
Als Jugendliche schloss sie sich einer Neonazi-Kameradschaft an, radikalisierte sich weiter, auch, um als junge Frau ernst genommen zu werden in der Szene:
"Die jungen Mädchen versuchen immer den Männern auch zu zeigen, dass sie genauso hart sind, und das äußert sich dann auch sehr viel in Gewalt und Kriminalität, da sie beweisen wollen, dass sie irgendwie dazu gehören und dass sie genauso auf Linie sind."

Bei Aussteigern geht es auch immer um Sicherheit

Doch mit 19 schaffte sie den Ausstieg aus der Neonazi-Szene - mit ihrem Freund. Zusammen begannen sie ein neues Leben. Und engagieren sich für die Organisation "Exit", die Aussteigern aus der Neonazi-Szene hilft. Denn Heidi Benneckenstein weiß, wie schwer es ist, sich aus dem braunen Sumpf herauszuarbeiten:
"Viele Nazis sind tätowiert, steigen aus und haben oft einfach nicht das Geld, um diese zahlreiche Tattoos entfernen zu lassen. Da hat 'Exit' Spenden gesammelt und macht jetzt eine Kooperation mit Tätowierern und Leuten, die Tattoos entfernen, sehr praktisch. Dann geht es natürlich bei allen Aussteigern in irgendeiner Weise um die Gefährdungslage. Man muss das besprechen, man muss gucken, dass man Sicherheitsvorkehrungen trifft, man muss Möglichkeiten finden, die Sicherheit zu gewährleisten. Es gibt auch Aussteiger, die ideologisch immer noch so ein bisschen drinnen hängen, und mit denen man einfach wirklich auch noch sprechen muss."

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