"Heilig sind mir die Gräber"
Der gebürtige Gießener Jürgen Flimm ist seit 2010 Intendant der Berliner Staatsoper. Seit 2006 leitete er die Salzburger Festspiele. Jürgen Liebing hat ihn danach befragt, was für ihn heilig ist.
"Heilig sind mir die Gräber, das ist ja klar, die Gräber meiner Eltern, das Grab meiner Großmutter – ich habe mal ein Kind gehabt, das gestorben ist, das ist mir heilig, das Grab meines Bruders – also die Gräber sind für mich schon ein toller Ort, wo man sich ganz gut versammeln kann, wenn man da vorbeispaziert. Das ist für mich ein ganz wichtiger Ort, auch transzendental.
Man könnte sagen, heilig ist mir auch die alte Bibel von meinem Großvater, die ist ganz toll, weil, das waren noch andere Zeiten, er hat die ganz durchgearbeitet. Da sind noch die Notizen und das Unterstrichene, und da sind noch Zettelchen drin und kleine Heiligenbildchen (wir sind ja alle evangelisch), aber trotzdem so kleine Votivbildchen, das ist mir wertvoll, wertvoll bis heilig auf der Skala.
Ich gehe gerne in Kirchen, da bin ich noch ganz kleiner Junge, der das so eingeübt hat. Nach dem Krieg, wie wir immer sagen, gab es nicht so sehr vieles, es gab kein Fernsehen, es gab ein altes Kino bei uns im Vorort von Köln, und es gab den Fußballplatz, und es gab die Kirche und das war's. Und da hat man sich natürlich an die Kirchengemeinde gehalten, denn da war's ganz lustig, da haben wir Theater gespielt und gesungen, und das war eigentlich sehr schön. Von daher ist in mir noch so etwas drin, dass ich immer, wenn ich eine Kirche sehe, dann gehe ich sofort hinein, gucke mir die an, und manchmal setze ich mich auch hin und halte ein bisschen Einkehr, so nannte man das früher, und versuche, zur Ruhe zu kommen. Das ist für mich noch immer ein sehr schöner Ort. Manchmal fahren meine Frau und ich los und besuchen Kirchen und gehen in verschiedenste Kirchen und gucken, ob wir irgendwo eine Kirche finden, wo wir uns wohlfühlen.
Wir Protestanten haben das nicht, das ist bei den Katholiken schon ein bisschen anders, die habe ich früher immer sehr beneidet dass das so großer Prunk war und dass die so komplizierte Rituale hatten, die ich nicht verstanden habe als evangelischer Junge, aber sie sahen irgendwie gut aus. Und wenn man wie ich in Köln aufgewachsen ist, da gab es ja immer die Fronleichnamsprozession, und da bin ich oft hingestiefelt, und wenn da Kardinal Frings ging, in die Monstranz schaute und dann die ganz vielen Menschen und die berühmten kleinen Kommunionskinder, das war sehr eindrucksvoll.
Das Heilige ist auch etwas Versöhnendes. Dann sagen die Engel, fürchtet euch nicht, denn euch ist heute der Heiland geboren, das bedeutet, es ist schön, der Schrecken wird in Schönheit verwandelt, das ist ja toll, ein ästhetisches Ereignis sozusagen. Das finde ich einen ziemlich guten Text.
Ich glaube, das Versammeln ist wichtiger, dass man sich selber versammelt, dass man sich selber in den Griff kriegt für diese Stunde oder diese Minuten, die man hat, dass man die dazu benutzt. Ich bin nicht so sicher, ob es direkt hilft, das halte ich für einen falschen theologischen Vorgang. Das ist sicherlich nicht so. Also wir müssen unser Leben schon selber in den Griff und in die Balance kriegen."
Links bei dradio.de:
"Was mir heilig ist"
Weihnachtliche Reihe in Fazit
Man könnte sagen, heilig ist mir auch die alte Bibel von meinem Großvater, die ist ganz toll, weil, das waren noch andere Zeiten, er hat die ganz durchgearbeitet. Da sind noch die Notizen und das Unterstrichene, und da sind noch Zettelchen drin und kleine Heiligenbildchen (wir sind ja alle evangelisch), aber trotzdem so kleine Votivbildchen, das ist mir wertvoll, wertvoll bis heilig auf der Skala.
Ich gehe gerne in Kirchen, da bin ich noch ganz kleiner Junge, der das so eingeübt hat. Nach dem Krieg, wie wir immer sagen, gab es nicht so sehr vieles, es gab kein Fernsehen, es gab ein altes Kino bei uns im Vorort von Köln, und es gab den Fußballplatz, und es gab die Kirche und das war's. Und da hat man sich natürlich an die Kirchengemeinde gehalten, denn da war's ganz lustig, da haben wir Theater gespielt und gesungen, und das war eigentlich sehr schön. Von daher ist in mir noch so etwas drin, dass ich immer, wenn ich eine Kirche sehe, dann gehe ich sofort hinein, gucke mir die an, und manchmal setze ich mich auch hin und halte ein bisschen Einkehr, so nannte man das früher, und versuche, zur Ruhe zu kommen. Das ist für mich noch immer ein sehr schöner Ort. Manchmal fahren meine Frau und ich los und besuchen Kirchen und gehen in verschiedenste Kirchen und gucken, ob wir irgendwo eine Kirche finden, wo wir uns wohlfühlen.
Wir Protestanten haben das nicht, das ist bei den Katholiken schon ein bisschen anders, die habe ich früher immer sehr beneidet dass das so großer Prunk war und dass die so komplizierte Rituale hatten, die ich nicht verstanden habe als evangelischer Junge, aber sie sahen irgendwie gut aus. Und wenn man wie ich in Köln aufgewachsen ist, da gab es ja immer die Fronleichnamsprozession, und da bin ich oft hingestiefelt, und wenn da Kardinal Frings ging, in die Monstranz schaute und dann die ganz vielen Menschen und die berühmten kleinen Kommunionskinder, das war sehr eindrucksvoll.
Das Heilige ist auch etwas Versöhnendes. Dann sagen die Engel, fürchtet euch nicht, denn euch ist heute der Heiland geboren, das bedeutet, es ist schön, der Schrecken wird in Schönheit verwandelt, das ist ja toll, ein ästhetisches Ereignis sozusagen. Das finde ich einen ziemlich guten Text.
Ich glaube, das Versammeln ist wichtiger, dass man sich selber versammelt, dass man sich selber in den Griff kriegt für diese Stunde oder diese Minuten, die man hat, dass man die dazu benutzt. Ich bin nicht so sicher, ob es direkt hilft, das halte ich für einen falschen theologischen Vorgang. Das ist sicherlich nicht so. Also wir müssen unser Leben schon selber in den Griff und in die Balance kriegen."
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"Was mir heilig ist"
Weihnachtliche Reihe in Fazit