Die stille Pandemie
38:46 Minuten
Weil die Forschung teurer ist als das, was sich mit Medikamenten verdienen lässt, steigen viele Pharmakonzerne aus der Antibiotikaentwicklung aus. Die Bedrohung durch multiresistente Keime aber wächst weiter.
Das Hauptproblem bei der Erforschung von Antibiotika sei die Wirtschaft und nicht die Wissenschaft. Viele Pharmaunternehmen würden nur an Profitmaximierung denken, sagten uns unsere Gesprächspartner in Folge 3.
Deshalb sind wir zum größten Pharmaunternehmen der Welt gefahren. Zu Roche nach Basel, einem der wenigen großen Pharmaunternehmen, das noch aktiv an Antibiotika forscht.
Doch das Ergebnis unseres Besuchs ist ernüchternd: Obwohl das Unternehmen seit Jahren an Antibiotika forscht, sind bislang kaum neue Medikamente aus dieser Forschungsabteilung entstanden.
Ausstieg aus der Forschung
Zwei Wochen nach unserem Besuch in der Schweiz rufen wir den ehemaligen Chef von Gerry Quinn an, Paul Dyson. Dyson sagt, damals, im Golden Age der Antibiotika-Entwicklung, in den 50ern, 60ern, hätten Forscher einfach immer neue Spezies von Pilzen oder Bakterien gesucht. Oft einfach in natürlichen Umgebungen, im Boden, in Pfützen.
Diese Stoffe wurden früher einfach herausisoliert und zu Medikamenten gemacht. Das war effizient und profitabel, billig und relativ einfach. Doch irgendwann fand man einfach nichts mehr. Nachdem keine Stoffe mehr in der Natur gefunden wurden, begann man Derivate aus alten Stoffen zu machen. Immer neue. Und dann wurde auch das immer schwieriger. Und teurer.
Die Forschung ist plötzlich teurer als das, was sich mit dem Medikament verdienen ließ. Es lohnte sich nicht mehr. Also stiegen die Unternehmen nach und nach aus der Forschung aus.
Das Marktmodell funktioniert nicht
Viele Pharmaunternehmen sind mittlerweile komplett aus der Antibiotikaforschung ausgestiegen, weil diese sich für sie einfach nicht lohnt.
Wir besuchen einen Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO, um mit ihm mögliche Lösungen für das Problem zu diskutieren. Aber auch er sagt: Es handelt sich hier um Marktversagen. Der Markt kann nicht leisten, was die Menschheit an Medikamenten aktuell braucht.
Die größten Unternehmen der Welt schaffen es nicht, die Antwort auf etwas zu finden, was manche eine „stille Pandemie“ nennen. Eine Pandemie also, die unter dem Radar der Öffentlichkeit abläuft.
Eine Nachricht von Gerry
Plötzlich meldet sich Gerry Quinn wieder. Er schreibt von einem heiligen Brunnen, an den er uns mitnehmen möchte.