Heimkino

Vampire, die so viel weinen wie sie morden

Stephen Moyer als Bill Compton und Anna Paquin als Sookie Stackhouse in der US-Serie "True Blood".
Stephen Moyer als Bill Compton und Anna Paquin als Sookie Stackhouse in der US-Serie "True Blood". © dpa / 2013 Home Box Office, Inc.
Von Noemi Schneider |
Sieben Staffeln lang wurde in "True Blood" unter Vampiren, Feen und anderen Gestalten gemordet, betrogen, gestorben, gequält, zerstört, versöhnt, aufgeräumt, geliebt und gebissen. Jetzt läuft im amerikanischen Fernsehen die letzte Folge.
In der fiktiven Stadt Bon Temps im Bundesstaat Louisiana lebt die Kellnerin Sookie Stackhouse nach dem Unfalltod ihrer Eltern mit ihrem Bruder Jason und ihrer Großmutter Adele. Sookie ist anders als die Anderen. Seit ihrer Geburt, kann sie die Gedanken der Menschen um sich herum hören.
Eines Nachts betritt ein stiller Gast die Bar Merlotte, der auf die Kellnerin mit den telepathischen Fähigkeiten eine merkwürdige Anziehungskraft ausübt.
Sookie: "Hi, was kann ich ihnen heute Abend Schönes bringen?"
Bill: "Haben Sie was da von diesem synthetischen Blut in Flaschen?"
Sookie: "Nein, nein, tut mir sehr leid. Sam hat mal ein paar gehabt, aber das hat nie jemand bestellt und so wurde es schlecht. Sie sind unser erster Vampir."
Bill: "Sieht man das so offensichtlich?"
Sookie: "Ich hab's gewusst, als sie hereinkamen. Ich kann's kaum glauben, dass es sonst niemand hier bemerkt hat."
Bill: "Er schon."
Sookie: "Oh, machen sie sich wegen Sam keine Sorgen, der ist cool. Er befürwortet die Gesetzesnovelle für Vampirrechte."
Bill: "Wie fortschrittlich von ihm."
Seitdem es japanischen Wissenschaftlern gelungen ist, synthetisches Blut herzustellen und flaschenweise unter dem Label "True Blood" zu vermarkten, kommen die Vampire langsam aus der Deckung. Schritt für Schritt sollen Draculas Erben nun auch in die Gesellschaft integriert werden. Doch der synthetische Saft schmeckt nicht allen Vampiren. Und unter den Menschen wird das Blut der Vampire, genannt V, als bewusstseinserweiternde, illegale Superdroge gehandelt.
Verhältnis zwischen Vampiren und Feen kompliziert
Während Sookie zarte Bande zu dem Vampir aus der Bar Bill Compton knüpft, gewinnt eine sektiererische Bewegung namens "Fellowship of the sun", die die Vernichtung aller Vampire zum Ziel hat, an Zulauf.
Merkwürdige Todesfälle in Bon Temps geben außerdem Anlass zur Besorgnis. Bill bittet Sookie, ihm mit ihren Fähigkeiten zu helfen. In der Vampir-Bar Fangtasia in Shreveport, trifft Sookie auf den über 1000 Jahre alten Vampir Eric Northman, den Sheriff des 5. Bezirks.
"Bill Compton, es ist eine Weile her."
"Ja, also, ich habe eher..."
"... bürgerlich gelebt. Das hörte ich. Ich sehe, dass es sehr gut für dich läuft."
"Ja, natürlich, entschuldige. Das ist meine Freundin..."
"... Sookie Stackhouse"
"Woher kennen Sie meinen Namen?"
"Ich vergesse nie ein hübsches Gesicht, sie sind in meiner Gruft."
"Toll, das ist einfach toll. Freut mich sie kennen zu lernen."
"Na, Sie sind ja süß."
"Nicht wirklich."
Während Sookie sich zuerst in Bill, später in Eric und dann in noch ein paar Andere verliebt, schmerzhafte Verluste erleidet, Morde aufklärt, Katastrophen verhindert oder zu verhindern versucht und mehrfach nur knapp dem Tod entrinnt, kommt sie auch ihrem eigenen Familiengeheimnis auf die Spur.
Sie ist zur Hälfte eine Fee und entstammt einem königlichen Geschlecht. Das Verhältnis zwischen Vampiren und Feen ist seit jeher kompliziert. Vampire haben Feen nämlich zum Fressen gern, weil ihr Blut eine besonders anziehende Wirkung auf sie hat.
"2000 Jahre sind genug"
2001 erschien der erste Band der Sookie Stackhouse-Reihe der amerikanischen Bestsellerautorin Charlaine Harris, es folgten zwölf weitere Bände, die der Drehbuchautor Alan Ball fürs Fernsehen adaptierte, nachdem er zufällig in einem Buchladen auf einen Band stieß:
"Es war 'Vorübergehend tot' von Charlaine Harris und hinten drauf stand: „Vielleicht ist es keine so gute Idee, einen Vampir als Freund zu haben". Das hat mich zum Lachen gebracht. Ich kaufte es, las es und konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Ich stamme aus dem Süden, Charlaine ist aus dem Süden, Ich bekam auf einmal so ein richtiges Südstaaten-Gefühl und dann dieser Mix aus Drama, Comedy, Horror, Sex und Gewalt, versehen mit einem sozialkritischen Touch. Eine Gradwanderung, die unglaublich unterhaltsam war, so, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte."
Das besonders Augenmerk der Serie liegt nicht nur auf der Beziehung zwischen Vampiren und Menschen, vor allem dem Verhältnis der Vampire untereinander zwischen "Schöpfer" und "Geschöpf" wird eine besondere Bedeutung beigemessen. Hier zeigen die eiskalten Blutsauger nämlich große Gefühle. In "True Blood" weinen die Vampire mindestens ebenso viel wie sie morden.
Selbst Eric Northman kann nicht mehr an sich halten, als sich sein Schöpfer Godrick für den Selbstmord im Sonnenlicht entscheidet:
"2000 Jahre sind genug."
"Ich kann das nicht akzeptieren. Das ist Irrsinn."
"Unsere Existenz ist Irrsinn"
"Wir gehören nicht hierher."
"Aber wir sind hier!"
"Es ist nicht richtig. Wir sind nicht richtig."
"Du sagtest immer, es gibt kein richtig oder falsch. Nur überleben oder Tod."
"Ich habe gelogen, wie sich gezeigt hat."
"Ich werde dich mit Gewalt am Leben halten."
"Auch wenn du das könntest, dann wäre das sehr grausam."
Gesellschafts- und sozialkritisch
Sieben Staffeln lang wird in "True Blood" in einer morbiden und drückend schwülen Südstaaten Atmosphäre nach Katrina unter Werwölfen, Vampiren, Feen, Fanatikern, Hexen, Gestaltwandlern, Elfen und Menschen gemordet, betrogen, gestorben, gequält, zerstört, versöhnt, aufgeräumt, geliebt und gebissen. Die wilde Mixtur aus Liebe, Tod, Rassismus, Bigotterie, Andersartigkeit, Sex und Religiösem Fanatismus wird von einem hervorragenden Schauspielerensemble rund um die drei Hauptdarsteller Anna Paquin, Stephen Moyer und Alexander Skarsgard überzeugend in Szene gesetzt.
Getarnt als Serie setzt sich "True Blood" betont blutig, gesellschafts- und sozialkritisch mit Minderheiten-Bewegungen, politischen Systemen, Trends und Traumata des 20. und 21. Jahrhunderts auseinander.
Als "Popcorn für kluge Leute", hat ihr Schöpfer Alan Ball seine Serie bezeichnet und in der Tat ist "True Blood" beste, blutige Unterhaltung, die durchaus im aristotelischen Sinne nach und nach eine kathartische Wirkung zu entfalten vermag, bei allen mit starken Nerven.