Heimlich-peinliche Lektüre für alle Rock-Fans
Klatsch und Tratsch aus der Rockszene - was gibt es da nicht alles zu berichten! Vor allem, wenn man Holger Poscich heißt. Der Musikjournalist, der unter dem Künstlernamen "Hollow Skai" publiziert, hat alles zusammengetragen, was irgendwie peinlich - und daher auch so wissenswert ist.
Jimi Hendrix hat den größten, Mick Jagger – obwohl von einem Groupie als "der personifizierte Penis" bezeichnet - eher nicht. Dafür hat der Stones-Sänger sein kleines bestes Stück für 760.000€ versichert. Nichts gegen die Beine von Mariah Carey – die sind ihr immerhin 750 Millionen € wert. Wollen wir das alles wissen? – Wir wissen es, wenn wir "Sex, Love & Rock’n’Roll" von Hollow Skai lesen. Ein Buch wie die Wartezimmer-Lektüre in der Praxis Dr. Rock.
Hollow Skai hat amouröse Anekdötchen aus vielen Büchern und Zeitschriften gesammelt. Holger Poscich - so der Klarname - ist Journalist und Autor, hat Bücher und Artikel über Punk und NDW geschrieben. Sein Motto steht auf seiner website Skaichannel.de: "You’re never too young to be a dirty old fan". Und so sieht der 57-Jährige "Sex, drugs and Rock‘n’Roll" als Variante der guten alten Verheißung "Wein, Weib und Gesang".
Während Machos wie James Brown meinen: "Die Frau ist dazu geboren, dem Mann zu dienen", versuchen Musikerinnen Emanzipation durch Striptease: Courtney Love und Lady Gaga haben’s getan, Christina Aguilera auch, um "sich von Männerphantasien zu emanzipieren" – es gibt XTina aber auch als Gummipuppe.
Schön gemacht - und dadurch noch leichter konsumierbar – die Aufteilung in viele kleine Kapitelchen mit Songtiteln. Unter "Von wegen 'I will always love you'" finden wir Saubermann Chris de Burgh, der seine Frau hintergangen haben soll, was die "taz" fast entschuldigend kommentierte: "Es fällt schwerer, ihm seine grässlichen Lieder zu verzeihen." Souverän reagierte – aus Erfahrung - Jimi Hendrix‘ Freundin, als sie ihn in flagranti auf dem Damen-WC mit einer anderen erwischte: "Beeil dich, sonst verpassen wir den Zug."
Nicht fehlen darf die – laut der englischen Autorin Julie Burchill – "unbestrittene Königin der Unmoral", Madonna. Unter den Top Five der tabubrechenden Songs ist sie laut MTV-Umfrage drei Mal vertreten. Und sorgte selbst für einen "Erotica"-Overkill: Nachdem fast gleichzeitig Buch, CD und Film erschienen waren, kam der Karriereknick.
Nicht nur bei ihr arbeiteten die staatlichen Moral-Instanzen mit mäßigem Erfolg. Was kann schon eine Band dazu, wenn eine – auf einem indizierten Konzert-Plakat – gefesselte Gummipuppe dann zum beliebtesten Tattoo-Motiv von "Ärzte"-Fans wird? Oder dieselben Musikfreunde lauthals den indizierten Text zum Lied "Geschwisterliebe" mitsingen, während die Musiker es doch im Konzert brav nur noch als Instrumentalnummer spielen?
Auch wenn der Autor eher den 70er und 80ern verpflichtet ist - gelegentlich gibt es Ausflüge in die Jetzt-Zeit: Liam Gallagher bringt sich bei den 2011er-Shows seiner neuen Band "Beady Eye" stets mit Rod Stewarts "Do ya think I’m sexy" in Position. Und Adeles "Rolling in the deep" – einer der größten Hits dieses Jahres – ist deren bitterböse Abrechnung mit dem Ex (der dann als Inspirationsvorlage auch noch Tantiemen einforderte).
Seriös wird’s dann mal bei den Themen Aids und Abtreibung. Und pseudo-wissenschaftlich, wenn kurz aus einer zehn Jahre alten Studie zitiert wird, nach der "Musik denselben Hirnbereich stimuliert wie ein sexueller Reiz". Weniger seriös ist so manche Quelle: Sollen wir glauben, dass Osama bin Laden laut "Bild"-Zeitung so besessen von Whitney Houston war, dass er ihren Ehemann "am liebsten aus dem Weg geräumt" hätte?
Kein Tabu, auch nicht Missbrauch; auch sonst so manches Detail, bei dem die Frage bleibt: Muss man das wissen? Dass Björk "jeden Tag zweimal masturbiert, bevor sie sich an ihre Arbeit macht"? Dass der Simply Red-Sänger eine Weile lang "täglich mit bis zu drei Frauen" geschlafen habe, weil sich seine Mutter von ihm als Kleinkind abgewendet hatte? Oder dass sich Robbie Williams Sexualhormone injizieren lasse, weil er "den Testosteronspiegel eines 100-jährigen" habe. Ok, wollen wir wissen. Die Wartezimmer-Geschichten glauben wir ja auch nicht alle.
Besprochen von Martin Risel
Hollow Skai: Sex, Love & Rock'n Roll
Hannibal Verlag, Innsbruck 2011
256 Seiten, 14,99 Euro
Hollow Skai hat amouröse Anekdötchen aus vielen Büchern und Zeitschriften gesammelt. Holger Poscich - so der Klarname - ist Journalist und Autor, hat Bücher und Artikel über Punk und NDW geschrieben. Sein Motto steht auf seiner website Skaichannel.de: "You’re never too young to be a dirty old fan". Und so sieht der 57-Jährige "Sex, drugs and Rock‘n’Roll" als Variante der guten alten Verheißung "Wein, Weib und Gesang".
Während Machos wie James Brown meinen: "Die Frau ist dazu geboren, dem Mann zu dienen", versuchen Musikerinnen Emanzipation durch Striptease: Courtney Love und Lady Gaga haben’s getan, Christina Aguilera auch, um "sich von Männerphantasien zu emanzipieren" – es gibt XTina aber auch als Gummipuppe.
Schön gemacht - und dadurch noch leichter konsumierbar – die Aufteilung in viele kleine Kapitelchen mit Songtiteln. Unter "Von wegen 'I will always love you'" finden wir Saubermann Chris de Burgh, der seine Frau hintergangen haben soll, was die "taz" fast entschuldigend kommentierte: "Es fällt schwerer, ihm seine grässlichen Lieder zu verzeihen." Souverän reagierte – aus Erfahrung - Jimi Hendrix‘ Freundin, als sie ihn in flagranti auf dem Damen-WC mit einer anderen erwischte: "Beeil dich, sonst verpassen wir den Zug."
Nicht fehlen darf die – laut der englischen Autorin Julie Burchill – "unbestrittene Königin der Unmoral", Madonna. Unter den Top Five der tabubrechenden Songs ist sie laut MTV-Umfrage drei Mal vertreten. Und sorgte selbst für einen "Erotica"-Overkill: Nachdem fast gleichzeitig Buch, CD und Film erschienen waren, kam der Karriereknick.
Nicht nur bei ihr arbeiteten die staatlichen Moral-Instanzen mit mäßigem Erfolg. Was kann schon eine Band dazu, wenn eine – auf einem indizierten Konzert-Plakat – gefesselte Gummipuppe dann zum beliebtesten Tattoo-Motiv von "Ärzte"-Fans wird? Oder dieselben Musikfreunde lauthals den indizierten Text zum Lied "Geschwisterliebe" mitsingen, während die Musiker es doch im Konzert brav nur noch als Instrumentalnummer spielen?
Auch wenn der Autor eher den 70er und 80ern verpflichtet ist - gelegentlich gibt es Ausflüge in die Jetzt-Zeit: Liam Gallagher bringt sich bei den 2011er-Shows seiner neuen Band "Beady Eye" stets mit Rod Stewarts "Do ya think I’m sexy" in Position. Und Adeles "Rolling in the deep" – einer der größten Hits dieses Jahres – ist deren bitterböse Abrechnung mit dem Ex (der dann als Inspirationsvorlage auch noch Tantiemen einforderte).
Seriös wird’s dann mal bei den Themen Aids und Abtreibung. Und pseudo-wissenschaftlich, wenn kurz aus einer zehn Jahre alten Studie zitiert wird, nach der "Musik denselben Hirnbereich stimuliert wie ein sexueller Reiz". Weniger seriös ist so manche Quelle: Sollen wir glauben, dass Osama bin Laden laut "Bild"-Zeitung so besessen von Whitney Houston war, dass er ihren Ehemann "am liebsten aus dem Weg geräumt" hätte?
Kein Tabu, auch nicht Missbrauch; auch sonst so manches Detail, bei dem die Frage bleibt: Muss man das wissen? Dass Björk "jeden Tag zweimal masturbiert, bevor sie sich an ihre Arbeit macht"? Dass der Simply Red-Sänger eine Weile lang "täglich mit bis zu drei Frauen" geschlafen habe, weil sich seine Mutter von ihm als Kleinkind abgewendet hatte? Oder dass sich Robbie Williams Sexualhormone injizieren lasse, weil er "den Testosteronspiegel eines 100-jährigen" habe. Ok, wollen wir wissen. Die Wartezimmer-Geschichten glauben wir ja auch nicht alle.
Besprochen von Martin Risel
Hollow Skai: Sex, Love & Rock'n Roll
Hannibal Verlag, Innsbruck 2011
256 Seiten, 14,99 Euro