Heimlicher Eingriff
Somalia ist das Paradebeispiel eines gescheiterten Staates. Die radikal-islamische Shabaab-Miliz hält weite Teile des Landes unter Kontrolle. Der Einflussbereich der Regierung in Mogadischu ist dagegen klein.
"Ihr habt heute Nacht gute Arbeit geleistet."
So gratulierte US-Präsident Obama seinem Verteidigungsminister Ende Januar nach einem Einsatz von Spezialkräften in Somalia. Die Eliteeinheiten der Navy Seals hatten eingegriffen – die gleiche Truppe, die auch das Versteck von Osama bin Laden in Pakistan gestürmt und den Terrorchef getötet hatte. Das US-Spezialkommando drang im Schutz der Dunkelheit mit Hubschraubern in Somalia ein und befreite zwei Geiseln, die von Piraten gefangen gehalten wurden.
Eine ungewöhnlich offene Stellungnahme. Sonst ist das Vorgehen der USA in Somalia meist geheime Verschluss-Sache. Wohl auch, um zu vermeiden, dass sich das Desaster vom Beginn der 90er-Jahre wiederholt. Der Einsatz in dem ostafrikanischen Land war damals für die Weltmacht USA zu einem Alptraum geworden. Sie ließ sich von einem somalischen Kriegsherrn vorführen. Eine Katastrophe, die später von Hollywood unter dem Titel "Black Hawk Down" verfilmt wurde.
Wir haben einen Black Hawk am Boden, ging der Funkspruch der US-Armee raus. Die Somalier hatten zwei Hubschrauber abgeschossen. 18 GIs wurden getötet. Eine johlende Menge schleifte ihre Leichen vor laufenden CNN-Kameras durch den Staub von Mogadischu. Danach waren der US-Einsatz und die Mission der Vereinten Nationen in Somalia bald Geschichte. Das Land wurde zur No-Go-Zone und blieb sich selbst überlassen. Der UNO-Sondergesandte für Somalia, Augustine Mahiga, kritisiert das mangelnde Engagement der Internationalen Gemeinschaft:
"Der erste Fehler der Vereinten Nationen war, dass sie den Militäreinsatz in den neunziger Jahren vorzeitig abgebrochen haben. Somalia wurde buchstäblich aufgegeben. Kriegsfürsten und internationale Terroristen haben den Freiraum genutzt, der dadurch entstanden ist. Unter deren Einfluss ist das Land mehr und mehr zerfallen."
Wechselnde Kriegsherren und Islamisten terrorisieren seit mehr als 20 Jahren die Bevölkerung. Die Al-Shabaab-Miliz, die große Teile Somalias unter ihrer Kontrolle hat, brüstet sich, eng mit Al Kaida zusammenzuarbeiten. Die USA können dem nicht tatenlos zusehen – aber ihr Engagement ist versteckt, sagt der Somalia-Experte Rashid Abdi, der verschiedene Organisationen und Botschaften berät:
"Mit der Regierung Obama hat ein Umdenken eingesetzt. Die USA setzen jetzt verstärkt auf Einzeloperationen und auf spezielle Taktiken. Beispielsweise werden den Navy Seals geschickt und es werden Drohnen eingesetzt."
Soldaten der Afrikanischen Union aus Uganda und Burundi gehen gegen die Islamisten vor. Mitte vergangenen Jahres ist es ihnen gelungen, Al Shabaab aus der Hauptstadt Mogadischu zu vertreiben. Im Oktober rückten dann auch noch Truppen aus dem benachbarten Kenia ein. Auslöser dafür waren Entführungen. Touristinnen und Helferinnen im Flüchtlingslager Dadaab waren nach Somalia verschleppt worden:
"Wir wollen die Grenze sichern, sagte der kenianische Außenminister Moses Wetangula damals. Wir sind stark genug, um unser Land und unsere Bevölkerung zu verteidigen. Niemand wird mehr nach Kenia eindringen und hier tun und lassen, was er will. Diese Zeiten sind vorbei."
Die kenianischen Soldaten sollen jetzt in die Somalia-Mission der Afrikanischen Union eingegliedert werden: "Im vergangenen Jahr haben sie ihr Militär hier verstärkt", sagt Experte Rashid Abdi. "Die USA haben Drohnen aus anderen Regionen hierher verlegt und eine Basis in Äthiopien eingerichtet. Auch Dschibuti wird verstärkt als Stützpunkt genutzt. Die Drohnen-Einsätze in Somalia haben stark zugenommen."
In Somalia werden dem Experten zufolge vor allem unbewaffnete Drohnen eingesetzt. Ziel: Informationen über Al-Shabaab-Hochburgen sammeln. Das Material werde an die AU-Truppen weitergegeben:
"Die Amerikaner sprechen nicht offen darüber. Die Kenianer planen, jetzt verstärkt aus der Luft anzugreifen. Die USA wollen nicht, dass sie dafür veraltete Daten nutzen, weil es dann mehr zivile Opfer geben könnte."
Der Gegner hat sich unsichtbar gemacht. Die Al-Shabaab-Kämpfer haben sich in den Untergrund zurückgezogen – und sammeln dort ihre Kräfte. Aber nicht nur das macht es unwahrscheinlich, dass die Islamisten dauerhaft besiegt werden können:
"Es ist zwar gut, Al Shabaab militärisch unter Druck zu setzen. Aber gleichzeitig muss an politischen Lösungen gearbeitet werden. Die Regionen, aus denen die Islamisten vertrieben wurde, sind Niemandsland – Clan-Führer bewaffnen sich hier wieder, es ist wie ein Rückfall in alte Zeiten. Alle sind so darauf aus, Al Shabaab zu besiegen, dass keiner darüber hinaus denkt."
Das Land ist zerrüttet, ein Großteil der Bevölkerung ist auf Unterstützung von außen angewiesen. Der Leiter einer lokalen Hilfsorganisation in Mogadischu, Omar Olad, rechnet wie die meisten in Somalia nicht mehr damit, irgendwann Frieden zu erleben:
"In diesem Land gilt das Gesetz des Dschungels. Jeder kann jederzeit erschossen werden; Plünderungen und Vergewaltigungen sind alltäglich. Für uns gibt es bis heute nicht einen Funken Hoffnung."
So gratulierte US-Präsident Obama seinem Verteidigungsminister Ende Januar nach einem Einsatz von Spezialkräften in Somalia. Die Eliteeinheiten der Navy Seals hatten eingegriffen – die gleiche Truppe, die auch das Versteck von Osama bin Laden in Pakistan gestürmt und den Terrorchef getötet hatte. Das US-Spezialkommando drang im Schutz der Dunkelheit mit Hubschraubern in Somalia ein und befreite zwei Geiseln, die von Piraten gefangen gehalten wurden.
Eine ungewöhnlich offene Stellungnahme. Sonst ist das Vorgehen der USA in Somalia meist geheime Verschluss-Sache. Wohl auch, um zu vermeiden, dass sich das Desaster vom Beginn der 90er-Jahre wiederholt. Der Einsatz in dem ostafrikanischen Land war damals für die Weltmacht USA zu einem Alptraum geworden. Sie ließ sich von einem somalischen Kriegsherrn vorführen. Eine Katastrophe, die später von Hollywood unter dem Titel "Black Hawk Down" verfilmt wurde.
Wir haben einen Black Hawk am Boden, ging der Funkspruch der US-Armee raus. Die Somalier hatten zwei Hubschrauber abgeschossen. 18 GIs wurden getötet. Eine johlende Menge schleifte ihre Leichen vor laufenden CNN-Kameras durch den Staub von Mogadischu. Danach waren der US-Einsatz und die Mission der Vereinten Nationen in Somalia bald Geschichte. Das Land wurde zur No-Go-Zone und blieb sich selbst überlassen. Der UNO-Sondergesandte für Somalia, Augustine Mahiga, kritisiert das mangelnde Engagement der Internationalen Gemeinschaft:
"Der erste Fehler der Vereinten Nationen war, dass sie den Militäreinsatz in den neunziger Jahren vorzeitig abgebrochen haben. Somalia wurde buchstäblich aufgegeben. Kriegsfürsten und internationale Terroristen haben den Freiraum genutzt, der dadurch entstanden ist. Unter deren Einfluss ist das Land mehr und mehr zerfallen."
Wechselnde Kriegsherren und Islamisten terrorisieren seit mehr als 20 Jahren die Bevölkerung. Die Al-Shabaab-Miliz, die große Teile Somalias unter ihrer Kontrolle hat, brüstet sich, eng mit Al Kaida zusammenzuarbeiten. Die USA können dem nicht tatenlos zusehen – aber ihr Engagement ist versteckt, sagt der Somalia-Experte Rashid Abdi, der verschiedene Organisationen und Botschaften berät:
"Mit der Regierung Obama hat ein Umdenken eingesetzt. Die USA setzen jetzt verstärkt auf Einzeloperationen und auf spezielle Taktiken. Beispielsweise werden den Navy Seals geschickt und es werden Drohnen eingesetzt."
Soldaten der Afrikanischen Union aus Uganda und Burundi gehen gegen die Islamisten vor. Mitte vergangenen Jahres ist es ihnen gelungen, Al Shabaab aus der Hauptstadt Mogadischu zu vertreiben. Im Oktober rückten dann auch noch Truppen aus dem benachbarten Kenia ein. Auslöser dafür waren Entführungen. Touristinnen und Helferinnen im Flüchtlingslager Dadaab waren nach Somalia verschleppt worden:
"Wir wollen die Grenze sichern, sagte der kenianische Außenminister Moses Wetangula damals. Wir sind stark genug, um unser Land und unsere Bevölkerung zu verteidigen. Niemand wird mehr nach Kenia eindringen und hier tun und lassen, was er will. Diese Zeiten sind vorbei."
Die kenianischen Soldaten sollen jetzt in die Somalia-Mission der Afrikanischen Union eingegliedert werden: "Im vergangenen Jahr haben sie ihr Militär hier verstärkt", sagt Experte Rashid Abdi. "Die USA haben Drohnen aus anderen Regionen hierher verlegt und eine Basis in Äthiopien eingerichtet. Auch Dschibuti wird verstärkt als Stützpunkt genutzt. Die Drohnen-Einsätze in Somalia haben stark zugenommen."
In Somalia werden dem Experten zufolge vor allem unbewaffnete Drohnen eingesetzt. Ziel: Informationen über Al-Shabaab-Hochburgen sammeln. Das Material werde an die AU-Truppen weitergegeben:
"Die Amerikaner sprechen nicht offen darüber. Die Kenianer planen, jetzt verstärkt aus der Luft anzugreifen. Die USA wollen nicht, dass sie dafür veraltete Daten nutzen, weil es dann mehr zivile Opfer geben könnte."
Der Gegner hat sich unsichtbar gemacht. Die Al-Shabaab-Kämpfer haben sich in den Untergrund zurückgezogen – und sammeln dort ihre Kräfte. Aber nicht nur das macht es unwahrscheinlich, dass die Islamisten dauerhaft besiegt werden können:
"Es ist zwar gut, Al Shabaab militärisch unter Druck zu setzen. Aber gleichzeitig muss an politischen Lösungen gearbeitet werden. Die Regionen, aus denen die Islamisten vertrieben wurde, sind Niemandsland – Clan-Führer bewaffnen sich hier wieder, es ist wie ein Rückfall in alte Zeiten. Alle sind so darauf aus, Al Shabaab zu besiegen, dass keiner darüber hinaus denkt."
Das Land ist zerrüttet, ein Großteil der Bevölkerung ist auf Unterstützung von außen angewiesen. Der Leiter einer lokalen Hilfsorganisation in Mogadischu, Omar Olad, rechnet wie die meisten in Somalia nicht mehr damit, irgendwann Frieden zu erleben:
"In diesem Land gilt das Gesetz des Dschungels. Jeder kann jederzeit erschossen werden; Plünderungen und Vergewaltigungen sind alltäglich. Für uns gibt es bis heute nicht einen Funken Hoffnung."