Heine mit einem Augenzwinkern
Er ist einer der bekanntesten deutschen Bilderbuchkünstler: Peter Schössow. Vor einem Monat wurde er 60 Jahre alt. Nun hat sich Schössow zum Geburtstag selbst ein Geschenk gemacht: ein neues Bilderbuch mit dem Titel "Der arme Peter" nach dem Gedicht von Heinrich Heine.
Heines Gedicht vom armen Peter, der die geliebte Grete nicht bekommt und darum vor Kummer stirbt, ist kein Kindergedicht. Nicht nur wegen der dramatischen Handlung und seiner kunstvollen Form. In drei mal drei Strophen - Erzählung, romantische Überhöhung und tragikomisches Ende - schraubt sich das Geschehen aus der irdischen Realität in die literarischen Lüfte. Ernst und leicht, traurig und humorvoll zugleich war es für Peter Schössows Kunst wohl eine Steilvorlage.
Doch wer meint, der Buchkünstler illustriere das Gedicht einfach, kennt den schalkhaften Melancholiker schlecht! Hier ist alles nur Theater: Die Geschichte des armen Peter wird als Theaterstück gespielt, von Kindern für Kinder. Wir bekommen also nicht nur die kindliche Version des romantischen Sehnsuchtsmotivs erzählt, sondern lernen auch das "Thalia-Theater" kennen. Den Eingangsbereich und die Künstlergarderobe, den Zuschauersaal und die Bühne. Und vor allem all die anderen Kinder, die die Vorstellung verfolgen, mal gebannt und entsetzt, dann wieder überrascht und amüsiert.
Diese Erzählung in der Erzählung ist an sich schon kurios genug. Doch Peter Schössow setzt noch eins drauf. Ein Heine-Vers auf dem Vorsatzblatt deutet an, dass man den armen Peter auch als Alter-Ego des Peter Schössow ansehen kann. Und diese Lesart wird dadurch unterstrichen, dass er den Unglücksraben als Künstler darstellt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Zwischen all den Kindern, die da lachend durchs Theater wuseln, sitzt einer, der wirkt gar nicht fröhlich. Bedröppelt, mit hängenden Mundwinkeln und Schultern, folgt er der Vorstellung. Ein dritter armer Peter, einer, dem es "echt" nicht gut geht, während Heines armer Peter auf der Bühne ja nur ein Schauspiel ist, eine Illusion, Literatur eben. Dass dieser kleine Kerl am Schluss schwungvoll auf seinem Skateboard davon rauscht, stellt auch seine Traurigkeit in ein ironisches Licht.
Wieder nehmen uns die ganz typischen Schössow-Illustrationen gefangen. Am Computer entstanden, mit Figuren, deren kreisrunde Gesichter und holzschnittartige Frisuren wenig individuell und deren Bewegungen so eckig sind wie bei Playmobilfiguren. Und die doch in Mimik, Gestik, Bewegung und Kleidung so eigenwillig daher kommen, dass man jede einzelne durch das ganze Buch hindurch verfolgen kann. Die gedämpfte Farbigkeit passt zur gedämpften Stimmung!
Wunderbar, wie Heines Gedicht in Theaterszenen umgewandelt wird. Mit kokettem Liebespaar, schmachtendem Peter und drei Komparsen, die mal als Sängerinnen, dann als Engel, Nonnen oder Schafe auftreten. Voller komischer Details und witziger Pointen! Und herrlich, wie der Schauspieler des armen Peter vor der Vorstellung lustig über die Bühne läuft und sich hinterher strahlend präsentiert. Der arme Peter? Alles nur Theater!
Pure Fiktion. Und pure Selbstironie eines Künstlers, der das romantische Doppelgängermotiv auf seine Weise interpretiert. Mit Augenzwinkern.
Besprochen von Sylvia Schwab
Doch wer meint, der Buchkünstler illustriere das Gedicht einfach, kennt den schalkhaften Melancholiker schlecht! Hier ist alles nur Theater: Die Geschichte des armen Peter wird als Theaterstück gespielt, von Kindern für Kinder. Wir bekommen also nicht nur die kindliche Version des romantischen Sehnsuchtsmotivs erzählt, sondern lernen auch das "Thalia-Theater" kennen. Den Eingangsbereich und die Künstlergarderobe, den Zuschauersaal und die Bühne. Und vor allem all die anderen Kinder, die die Vorstellung verfolgen, mal gebannt und entsetzt, dann wieder überrascht und amüsiert.
Diese Erzählung in der Erzählung ist an sich schon kurios genug. Doch Peter Schössow setzt noch eins drauf. Ein Heine-Vers auf dem Vorsatzblatt deutet an, dass man den armen Peter auch als Alter-Ego des Peter Schössow ansehen kann. Und diese Lesart wird dadurch unterstrichen, dass er den Unglücksraben als Künstler darstellt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Zwischen all den Kindern, die da lachend durchs Theater wuseln, sitzt einer, der wirkt gar nicht fröhlich. Bedröppelt, mit hängenden Mundwinkeln und Schultern, folgt er der Vorstellung. Ein dritter armer Peter, einer, dem es "echt" nicht gut geht, während Heines armer Peter auf der Bühne ja nur ein Schauspiel ist, eine Illusion, Literatur eben. Dass dieser kleine Kerl am Schluss schwungvoll auf seinem Skateboard davon rauscht, stellt auch seine Traurigkeit in ein ironisches Licht.
Wieder nehmen uns die ganz typischen Schössow-Illustrationen gefangen. Am Computer entstanden, mit Figuren, deren kreisrunde Gesichter und holzschnittartige Frisuren wenig individuell und deren Bewegungen so eckig sind wie bei Playmobilfiguren. Und die doch in Mimik, Gestik, Bewegung und Kleidung so eigenwillig daher kommen, dass man jede einzelne durch das ganze Buch hindurch verfolgen kann. Die gedämpfte Farbigkeit passt zur gedämpften Stimmung!
Wunderbar, wie Heines Gedicht in Theaterszenen umgewandelt wird. Mit kokettem Liebespaar, schmachtendem Peter und drei Komparsen, die mal als Sängerinnen, dann als Engel, Nonnen oder Schafe auftreten. Voller komischer Details und witziger Pointen! Und herrlich, wie der Schauspieler des armen Peter vor der Vorstellung lustig über die Bühne läuft und sich hinterher strahlend präsentiert. Der arme Peter? Alles nur Theater!
Pure Fiktion. Und pure Selbstironie eines Künstlers, der das romantische Doppelgängermotiv auf seine Weise interpretiert. Mit Augenzwinkern.
Besprochen von Sylvia Schwab
Peter Schössow und Heinrich Heine: Der arme Peter
Ab 4 Jahren
Hanser, München 2013
48 Seiten, 14,90 Euro
Ab 4 Jahren
Hanser, München 2013
48 Seiten, 14,90 Euro