Heinrich Steinfest: "Gebrauchsanweisung fürs Scheitern"

Würdevoll durch die peinlichen Momente

08:42 Minuten
Ein Nachzügler weit hinter den anderen bei einem Gallopprennen
Beim Sport liege der Reiz häufig darin, auf den Außenseiter zu setzen, meint Autor Heinrich Steinfest. © picture alliance / imageBROKER/kolvenbach
Heinrich Steinfest im Gespräch mit Christian Rabhansl |
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In seiner "Gebrauchsanweisung fürs Scheitern" beschreibt der Autor Heinrich Steinfest das Komische und das Tragische von Niederlagen. Er versucht, sie mit Würde zu meistern, und stellt fest: Manchmal steckt im Scheitern sogar so etwas wie Glück.
Wenn ein erfolgreicher und preisgekrönter Autor über das Scheitern spricht, kann der Verdacht der Koketterie aufkommen. Doch spätestens beim Kapitel "Das Porträt des Künstlers als ein Häufchen Elend" wird klar, dass Heinrich Steinfest weiß, wovon er spricht. Versagensängste bei Lesungen, die Angst vor großen leeren Sälen sind ihm gut bekannt.
In seiner "Gebrauchsanweisung fürs Scheitern" beschreibt er das Tragische, aber auch das Komische solcher Geschehnisse. "Es ist kein Ratgeber, es ist kein Buch à la in fünf Minuten schön, reich und schlank, sondern eine Gebrauchsanweisung, ein Begleiter für diese Situationen des Scheiterns."

Besser scheitern

Peinliche Erfahrungen seien ambivalent, meist erst rückblickend amüsant, sagt Heinrich Steinfest. Man könne aus ihnen lernen, "vielleicht auch so etwas wie Nonchalance zu entwickeln beim Scheitern und etwas zu erreichen, was Beckett so schön beschreibt. Und das ist fast das Grundmotto meines Buches, wenn er sagt: 'Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.' Also dieses besser Scheitern, das ist so ein gewisser Antrieb, den ich hatte bei diesem Buch."
Doch wie scheitert man besser? "Ich würde mich sehnen nach dem würdevollen Scheitern und nach vielleicht in der Tat einem eleganten Scheitern, im Scheitern so eine Größe zu zeigen", sagt Heinrich Steinfest.

Empathie mit den Außenseitern

Das Buch spannt einen weiten Bogen. Es geht um das Scheitern im Sport, Historisches wie eine Weltumsegelung, bei der niemand das Rennen macht, um die Mode, die Wahrheit in der gegenwärtigen Welt oder um die Frage, ob das Scheitern göttlich ist. Und es endet tatsächlich mit einem Kapitel, das mit "Glück" übertitelt ist. Heinrich Steinfest beschreibt hier eine Erfahrung, die er als Kind gemacht hat: Er setzte beim Pferderennen auf den absoluten Außenseiter - der dann tatsächlich siegte.
"Ich habe das Gefühl gehabt, dass das Glück, das ich wahrgenommen habe, dadurch stattgefunden hat, dass ich überhaupt auf dieses Pferd gesetzt habe", erzählt der Autor. "Gar nicht so sehr, dass es nachher wirklich gewonnen hat, sondern dieses Gefühl von Empathie, das hat so ein großes Glück für mich bedeutet." Beim Sport liege der Reiz häufig darin, auf den Außenseiter zu setzen, "allein schon diese Empathie mit dem letzten, mit dem vorletzten, mit dem möglichen Verlierer, hat etwas – für mich zumindest – Glücksbringendes an sich."
(cwu)


Heinrich Steinfest: "Gebrauchsanweisung fürs Scheitern"

Piper, München 2019
240 Seiten, 15 Euro

Cover Heinrich Steinfest "Gebrauchsanweisung fürs Scheitern" vor aquarelliertem Hintergrund
© Cover: Piper / Collage: Deutschlandradio
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