Heiraten und Namensrecht

Gemeinsame Doppelnamen reichen nicht!

Ein Ehepaar steht vor überwältigender Bergkulisse
Romantik pur - so stellen sich viele ihre Hochzeit vor. Aber eine Heirat ist vor allem ein formaler Akt: Wer übernimmt den Nachnamen des Anderen? Meist sind es die Frauen. © Unsplash / Foto Pettine
Ein Kommentar von Tanja Dückers |
Soll es künftig beim Heiraten auch die Möglichkeit geben, die Nachnamen beider Partner zu verschmelzen? Dieser Vorschlag kam nicht in den aktuellen Entwurf des Justizministeriums. Autorin und Journalistin Tanja Dückers findet das falsch.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will das Namensrecht reformieren und es Eheleuten ermöglichen, künftig gemeinsame Doppelnamen zu führen. Auch die Grünen hatten eine Reform ins Gespräch gebracht: die Verschmelzung von Nachnamen.
Wie bei so manchen Vorschlägen der Grünen wurden sogleich in routiniert-reflexhafter Weise hämische Stimmen laut. Doch bei näherer Betrachtung erscheint die Idee nicht so abwegig: Sie erlaubt Ehepartnern einen egalitären Kompromiss ohne endlose Doppelnamen oder den Verzicht auf einen der beiden Nachnamen. Und doch wird eine Gemeinsamkeit betont, anders als bei dem Modell: Jeder behält den eigenen Namen, als wäre man nie miteinander in den Ehestand getreten.

Traditionelle Rollenbilder

In Ländern wie den USA oder Großbritannien ist dieses Meshing längst Praxis. Der ehemalige Bürgermeister von Los Angeles, Antonio Villaraigosa, hat seinen Nachnamen Villar mit dem seiner Frau Corina Raigosa verschmolzen. In vielen spanischsprachigen Ländern haben die Bürger in der Regel zwei Nachnamen: einen vom Vater, einen von der Mutter.
Auch wenn der Vorschlag in Deutschland sicher nicht mit Breitenwirkung umgesetzt werden wird, wirft er doch ein Licht auf ein wenig beachtetes Feld: Parität der Geschlechter herrscht in Deutschland bei der Annahme der Nachnamen nicht einmal entfernt.
Im Gegenteil: Allen bekannten Doppelnamen zum Trotz kann man größtenteils immer noch die tradierte Rollenaufteilung beobachten. Bis 1991 war es geltendes Recht, dass der Ehemann den Ehenamen bestimmen darf. Inzwischen ist es über 30 Jahre her, seit dieses Gesetz gekippt wurde und das Verfassungsgericht beschlossen hat, es sei unvereinbar mit dem Grundgesetz. Die angemahnte Reform trat drei Jahre später in Kraft: Seit 1994 können sich Ehepartnerinnen und -partner entscheiden, ihren Nachnamen zu behalten.

Nur sechs Prozent wählen den Namen der Frau

Aber wie sieht die Realität aus? Nur jedes achte Ehepaar nutzt die Möglichkeit, den jeweils eigenen Nachnamen weiterhin zu behalten. Laut einer Studie der Gesellschaft für deutsche Sprache von 2018 entscheidet sich ein Ehepaar in nur sechs Prozent der Fälle für den Nachnamen der Frau. Viel dürfte sich daran bisher nicht geändert haben.

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Dass sich nur so wenige Paare für den Namen der Ehefrau entscheiden, liegt sicher nicht daran, dass Frauen die hässlicheren Nachnamen mit in die Ehe bringen. Männer argumentieren laut der genannten Studie häufig mit der Tradition. Sie empfänden es als Zeichen von Schwäche oder Unmännlichkeit, den Namen der Frau anzunehmen. Frauen könnten jedoch ebenso argumentieren, etwa weil ein Name sonst in der Familienlinie aussterben würde oder weil er als wichtiger Teil der eigenen Identität begriffen wird.
Ein weiteres Argument für das Beibehalten des eigenen Namens laut Gesellschaft für deutsche Sprache: Wer schon Karriere gemacht hat, möchte seinen Namen nicht aufgeben. Bei Eheschließung sind Männer in Deutschland im Schnitt knapp drei Jahre älter als Frauen. Somit wiegt ihr „Karriereargument“ schwerer als das ihrer Partnerinnen.

Mauer, Hattmann und Schauck

Die Kritik selbst ernannter Sprachästheten kann man bei der Frage nach der Nachnamensregelung getrost zurückweisen, wenn man sich einige der Doppelnamen-Wortungetüme von Personen des öffentlichen Lebens in Erinnerung ruft. Außerdem lässt sich über Geschmack bekanntlich nicht streiten. Es gibt Menschen, die ihre Kinder Rapunzel, Waterloo oder Bierstübl nennen dürfen – diese Vornamen wurden in Deutschland tatsächlich erlaubt.
Dagegen klingen Mauer (Angela Merkel und Joachim Sauer), Hattmann (Marco Buschmann und Janina Hatt) und Schauck (Joachim Gauck und Daniela Schadt, falls sie heiraten würden), doch vergleichsweise harmlos. Und Frau Leutheusser-Schnarrenberger könnte einfach Leutberger heißen – falls sie denn diesen Namen bevorzugen würde.

Tanja Dückers, geb. 1968 in Berlin (West), ist Schriftstellerin, Publizistin und Literaturwissenschaftlerin. Zu ihren Werken zählen u. A. die Romane „Himmelskörper“, „Der Längste Tag des Jahres“, „Spielzone“ und „Hausers Zimmer“, der Essayband „Morgen nach Utopia“ sowie mehrere Lyrikbände und Kinderbücher. Zuletzt erschien der autobiografisch gefärbte Rückblick „Mein altes West-Berlin“. Tanja Dückers schreibt regelmäßig über gesellschaftspolitische Themen für Zeit-Online und das Deutschlandradio.

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