Heldenkult oder Realismus?
Der französische General und spätere Politiker Charles de Gaulle führte im Zweiten Weltkrieg das freie Frankreich gegen die deutsche Besatzung im Widerstand an. Als Chef der provisorischen Regierung und späterer französischer Präsident hat er die Aussöhnung und Freundschaft mit der Bundesrepublik unter Konrad Adenauer gesucht und gefördert. Er starb 1970 in Colombey-les-Deux-Églises, wo nun in Anwesenheit von Kanzlerin Angela Merkel und des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ein Museum zu seinen Ehren eröffnet wird.
Colombey-les-deux-Églises liegt im Département Haute-Marne, in den grünen Hügeln des "Pays Chaumentais" - oder anders gesagt: mitten in der "France profonde", auf deutsch: jwd - fernab der TGV oder ICE-Trassen, der Autobahnen und Flughäfen, dort also, wo Frankreich am profundesten ist. Hier ließ sich der General de Gaulle 1934 mit seiner Familie nieder, hier schrieb er später seine Memoiren, und hier starb er auch, am 9.November 1970.
Über Colombey-les-deux-Églises thront zu Ehren de Gaulles seit mehr als 30 Jahren ein monumentales Lothringer Kreuz, das Symbol des Freien Frankreich im 2. Weltkrieg. Direkt darunter, in den Hügel hineingebaut, beherbergt nun ein ockerfarbenes rechteckiges Gebäude das neue "Memorial Charles de Gaulle". Auch drinnen steht man erst einmal im Wald. Kein Bild des Generals, sondern Fotos der Umgebung, Wiesen und Wälder auf riesigen Plexiglasplatten, dazu Naturgeräusche eröffnen die Ausstellung, kuratiert von der Historikerin Frédérique Dufour:
" Wir sind in der Landschaft, die der General de Gaulle auserwählt hat, und in dieser Landschaft suchen wir nach der Privatperson de Gaulle, sozusagen nach seiner Seele und so dringen wir auch in die große Geschichte ein. "
Es ist eine pathetische Ausstellung, die nicht nüchtern historische Fakten präsentiert, sondern auch Emotionen wecken möchte. De Gaulles Erlebnisse im Ersten Weltkrieg etwa werden in der Kulisse eines Schützengrabens zwischen braun-grauen Sandsäcken und untermalt mit Kriegsgeräuschen erzählt. Der Schauspieler Robin Renucci liest Briefe de Gaulles an seine Mutter.
" Meine liebe Mama,
dieser Krieg ist ein Vernichtungskrieg. Besiegt sein wird der, der zuerst sein moroses Material erschöpft haben wird. Ich glaube in dieser Hinsicht haben wir es gut angepackt. (...) Wir müssen siegen. Sieger ist der, der es am energischsten will. "
Fast schon opernhaft - manchmal auch kitschig - ist die Inszenierung des Lebens und Wirkens von Charles de Gaulle, die dieses Museum präsentiert. Bühnenreife Installationen versetzen die Besucher vom Schützengraben des Ersten Weltkriegs in die libysche Wüste des Zweiten Weltkriegs oder auf die Champs-Elysées bei der Befreiung von Paris. Gleichzeitig aber - und das ist ein interessantes Paradox - wird großen Wert auf historische Exaktheit gelegt. So ist zum Beispiel ausgerechnet de Gaulles legendärer Appell vom18. Juni 1940 in der Ausstellung nicht zu hören, sondern nur zu lesen. Frédérique Dufour:
" Ganz einfach, weil dieser Appell niemals aufgenommen wurde. Die Aufnahmen wurden im Nachhinein gemacht. Ich habe mich geweigert, eine nicht authentische Version dieses Appells zu verwenden. Außerdem waren die Machtverhältnisse im Juni 1940 so, dass Pétain dominierte. Er hatte jegliche mediale Unterstützung, während Charles de Gaulle überhaupt keine Legitimität hatte und am 18. Juni kaum gehört wurde. "
Nicht der nationale Mythos also, sondern die historische Persönlichkeit Charles de Gaulles steht im Mittelpunkt. Mit allen Licht- und Schattenseiten, die die französische Geschichte - und nicht nur die - im 20. Jahrhundert geprägt haben, von der Résistance über den Algerienkrieg bis zum Mai 68. Alexandre Mora, der Direktor des Memorials:
" Charles de Gaulle war ein Mann, der gleichermaßen verehrt und verabscheut wurde. Er stand für eine Politik, mit der längst nicht alle Franzosen einverstanden waren. Man denke nur an den Algerienkrieg, der unsere Geschichte geprägt hat.
Es ist wie bei allen Leidenschaften - wie in der Liebe - es gibt positive und negative Seiten. Das Memorial steht heute für einen befriedeten Umgang mit der Geschichte. "
Zur Eröffnung zeigt das Memorial auch eine Wechselausstellung über die Geschichte der deutsch-französischen Beziehungen, die 1958 mit einem Besuch Adenauers bei de Gaulle in Colombey-les-deux-Églises ihren historischen Anfang nahmen. Diese Ausstellung allerdings war für Journalisten vorab noch nicht zu besichtigen - die Präsentation der deutsch-französischen Beziehungen befand sich noch im Baustellen-Stadium. Honni soit qui mal y pense.
Über Colombey-les-deux-Églises thront zu Ehren de Gaulles seit mehr als 30 Jahren ein monumentales Lothringer Kreuz, das Symbol des Freien Frankreich im 2. Weltkrieg. Direkt darunter, in den Hügel hineingebaut, beherbergt nun ein ockerfarbenes rechteckiges Gebäude das neue "Memorial Charles de Gaulle". Auch drinnen steht man erst einmal im Wald. Kein Bild des Generals, sondern Fotos der Umgebung, Wiesen und Wälder auf riesigen Plexiglasplatten, dazu Naturgeräusche eröffnen die Ausstellung, kuratiert von der Historikerin Frédérique Dufour:
" Wir sind in der Landschaft, die der General de Gaulle auserwählt hat, und in dieser Landschaft suchen wir nach der Privatperson de Gaulle, sozusagen nach seiner Seele und so dringen wir auch in die große Geschichte ein. "
Es ist eine pathetische Ausstellung, die nicht nüchtern historische Fakten präsentiert, sondern auch Emotionen wecken möchte. De Gaulles Erlebnisse im Ersten Weltkrieg etwa werden in der Kulisse eines Schützengrabens zwischen braun-grauen Sandsäcken und untermalt mit Kriegsgeräuschen erzählt. Der Schauspieler Robin Renucci liest Briefe de Gaulles an seine Mutter.
" Meine liebe Mama,
dieser Krieg ist ein Vernichtungskrieg. Besiegt sein wird der, der zuerst sein moroses Material erschöpft haben wird. Ich glaube in dieser Hinsicht haben wir es gut angepackt. (...) Wir müssen siegen. Sieger ist der, der es am energischsten will. "
Fast schon opernhaft - manchmal auch kitschig - ist die Inszenierung des Lebens und Wirkens von Charles de Gaulle, die dieses Museum präsentiert. Bühnenreife Installationen versetzen die Besucher vom Schützengraben des Ersten Weltkriegs in die libysche Wüste des Zweiten Weltkriegs oder auf die Champs-Elysées bei der Befreiung von Paris. Gleichzeitig aber - und das ist ein interessantes Paradox - wird großen Wert auf historische Exaktheit gelegt. So ist zum Beispiel ausgerechnet de Gaulles legendärer Appell vom18. Juni 1940 in der Ausstellung nicht zu hören, sondern nur zu lesen. Frédérique Dufour:
" Ganz einfach, weil dieser Appell niemals aufgenommen wurde. Die Aufnahmen wurden im Nachhinein gemacht. Ich habe mich geweigert, eine nicht authentische Version dieses Appells zu verwenden. Außerdem waren die Machtverhältnisse im Juni 1940 so, dass Pétain dominierte. Er hatte jegliche mediale Unterstützung, während Charles de Gaulle überhaupt keine Legitimität hatte und am 18. Juni kaum gehört wurde. "
Nicht der nationale Mythos also, sondern die historische Persönlichkeit Charles de Gaulles steht im Mittelpunkt. Mit allen Licht- und Schattenseiten, die die französische Geschichte - und nicht nur die - im 20. Jahrhundert geprägt haben, von der Résistance über den Algerienkrieg bis zum Mai 68. Alexandre Mora, der Direktor des Memorials:
" Charles de Gaulle war ein Mann, der gleichermaßen verehrt und verabscheut wurde. Er stand für eine Politik, mit der längst nicht alle Franzosen einverstanden waren. Man denke nur an den Algerienkrieg, der unsere Geschichte geprägt hat.
Es ist wie bei allen Leidenschaften - wie in der Liebe - es gibt positive und negative Seiten. Das Memorial steht heute für einen befriedeten Umgang mit der Geschichte. "
Zur Eröffnung zeigt das Memorial auch eine Wechselausstellung über die Geschichte der deutsch-französischen Beziehungen, die 1958 mit einem Besuch Adenauers bei de Gaulle in Colombey-les-deux-Églises ihren historischen Anfang nahmen. Diese Ausstellung allerdings war für Journalisten vorab noch nicht zu besichtigen - die Präsentation der deutsch-französischen Beziehungen befand sich noch im Baustellen-Stadium. Honni soit qui mal y pense.