Helmut Bergers beste Rolle
Der Film sorgte, als er 1973 in die Kinos kam, für heftige Reaktionen: Luchino Viscontis "Ludwig II." Während der Dreharbeiten in Bayern gab es sogar Bombendrohungen. Heute gilt der Film als Klassiker, dessen rauschhafte Schilderung einer Welt im Verfall sehr modern wirkt. Das Label Arthaus hat den Film jetzt als umfangreiche Premium-Edition herausgebracht.
Ludwig II.: "Es kommt mir einfach und wunderbar vor. Ich kann bedeutende Männer an meinen Hof holen. Große Geister und Künstler. Und sie errichten die Monumente meiner Herrschaft. Haben das nicht auch die antiken Herrscher getan? Und so werde ich ein besserer Mensch."
Als Ludwig zum König von Bayern gekrönt wird, ist er voller Idealismus. Ein junger Herrscher, 18 Jahre alt, der von einer besseren Welt träumt. Ludwigs geliebte Cousine, Kaiserin Sissi von Österreich - gespielt von Romy Schneider - versucht, dem jungen Träumer die Flausen auszutreiben.
Ludwig und Sissi: "Ich weiß genau, dass man seinem Volk kein größeres Geschenk machen kann, als seinen Geist zu bereichern. - Mon cousin, was wollen Sie aus Ihren Bayern machen? Ein Volk von Künstlern? (lacht) - Sie machen sich lustig, aber für mich ist das von höchster Bedeutung."
Luchino Viscontis "Ludwig II." von 1972 zeigt eine Welt, die sich überlebt hat, aber immer noch prachtvoll vor sich hindämmert. "Ludwig II." ist nach "Die Verdammten" und "Tod in Venedig" der Höhepunkt von Viscontis "deutscher Trilogie" - seiner filmischen Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte.
Der Film schwelgt in luxuriösen Dekors. Die Schlösserwelt Ludwigs, mit der sich der König eine extrem künstliche Scheinrealität baut, ist mit enormen Ausstattungsaufwand rekonstruiert. Dem italienischen Aristokraten Visconti bringt das in den politisch bewegten Siebzigerjahren den Vorwurf des rückwärtsgewandten Reaktionärs ein. Aber Visconti ist kein naiver Nostalgiker, wie im Bonusmaterial der DVD der Thomas-Mann-Experte Volker Scherliess erläutert:
"Er ist sozusagen der Schilderer der Dekadenz, der deutschen. Speziell der deutschen Gebrochenheit. Und vielleicht hat er diese Themen sehr viel authentischer und sehr viel diffiziler darstellen können, als es ein deutscher Regisseur gekonnt hätte."
In den prachtvoll überladenen Sälen bewegen sich die Figuren wie Gefangene, Tageslicht fällt kaum in die düsteren Räume. Und die Phantasiebauten Ludwigs, etwa die künstliche Felsengrotte in Neuschwanstein, spiegeln das Unterbewusstsein des Königs, der sich von der Politik immer weiter in seine Traumwelt zurückzieht:
Filmausschnitt: "Ludwig, wir verlieren den Krieg. - Ich habe diesen Krieg nicht gewollt. - Du bist doch der König, Du hättest den Krieg verbieten müssen, wenn Du ihn nicht gewollt hast. - Das habe ich. Ich habe nichts unterlassen, um meine Meinung klarzustellen. Dieser Krieg geht mich nichts an. Für mich existiert er nicht."
Visconti schildert die Geschichte ganz aus der Sicht des Königs. Als der Film 1973 in die Kinos kommt, wirkt die subjektive Erzählperspektive provozierend unpolitisch. Heute gilt die Art, wie Visconti den Zerfallsprozess einer Kultur schildert, die sich in Dekadenz flüchtet, sehr modern.
Und Helmut Berger in der Rolle Ludwigs gibt diesem intelligenten Träumer ein ebenso wahnsinniges wie schwärmerisches Gesicht. Visconti, Regiezuchtmeister und Entdecker Bergers, treibt seinen Schauspieler zur besten Rolle seines Lebens. Berger erinnert sich im Bonusmaterial der DVD an seinen Mentor.
"Er hat mir immer die Ratschläge gegeben, na ja eben die ganzen Ratschläge, die ein Vater machen würde, der eben in diesem Geschäft ist. Ich glaube, er hat gemerkt, dass in mir etwas steckt, was er machen kann mit mir im Filmgeschäft. Vielleicht die Sensibilität oder was, das er
mich formen kann als Schauspieler."
Das Label Arthaus hat "Ludwig II." jetzt auf einer umfangreichen Premium-Edition mit drei DVDs herausgebracht. Sieht man diesen rauschhaften Film heute wieder, staunt man, dass Visconti seinerzeit Nostalgie vorgeworfen wurde. Ein Film, dessen Figuren sich wie im Delirium bewegen, betörende Bilder einer Kunstwelt, die Ausdruck einer Zeit im dramatischen Umbruch ist.
Und drastisch wird mit Mythen aufgeräumt: Die Darstellung der Homosexualität Ludwigs, der im Film Orgien mit seinen Stallburschen feiert, führt dazu, dass der Film für die Premiere in München gekürzt werden muss. Und großartig, wie Romy Schneider erneut die Kaiserin Sissi spielt. Anders aber als in ihrer Rolle in den rührseligen "Sissi"-Filmen der Fünfzigerjahre, destruiert sie hier als ebenso kluge wie zynische Kaiserin das alte Sissi-Bild:
"Vergessen Sie Ihre Träume. Herrscher wie wir können keine Geschichte mehr machen. Wie sind nichts als Pomp, die Geschichte vergisst uns. Es sei denn, jemand gibt uns Bedeutung, indem er uns ermordet."
Im Bonusmaterial der DVD gibt es zum Film eine Dokumentation über das filmische Werk Viscontis und ein charmantes Porträt über Helmut Berger. Freimütig plaudert er über sich und den Karriereknick, der ihn nach dem Tod seines Meisters und Liebhabers Visconti ereilte.
Eine so bedeutende Rolle hat Berger nicht mehr gespielt: Eine mitreißende Darstellung und ein großer Film, der den Zuschauer in den Bann dieses Romantikers auf dem Thron zieht.
"Ich bin ein Rätsel für Sie, und ich möchte ein Rätsel bleiben, für immer. Für die anderen und auch für mich selbst."
Als Ludwig zum König von Bayern gekrönt wird, ist er voller Idealismus. Ein junger Herrscher, 18 Jahre alt, der von einer besseren Welt träumt. Ludwigs geliebte Cousine, Kaiserin Sissi von Österreich - gespielt von Romy Schneider - versucht, dem jungen Träumer die Flausen auszutreiben.
Ludwig und Sissi: "Ich weiß genau, dass man seinem Volk kein größeres Geschenk machen kann, als seinen Geist zu bereichern. - Mon cousin, was wollen Sie aus Ihren Bayern machen? Ein Volk von Künstlern? (lacht) - Sie machen sich lustig, aber für mich ist das von höchster Bedeutung."
Luchino Viscontis "Ludwig II." von 1972 zeigt eine Welt, die sich überlebt hat, aber immer noch prachtvoll vor sich hindämmert. "Ludwig II." ist nach "Die Verdammten" und "Tod in Venedig" der Höhepunkt von Viscontis "deutscher Trilogie" - seiner filmischen Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte.
Der Film schwelgt in luxuriösen Dekors. Die Schlösserwelt Ludwigs, mit der sich der König eine extrem künstliche Scheinrealität baut, ist mit enormen Ausstattungsaufwand rekonstruiert. Dem italienischen Aristokraten Visconti bringt das in den politisch bewegten Siebzigerjahren den Vorwurf des rückwärtsgewandten Reaktionärs ein. Aber Visconti ist kein naiver Nostalgiker, wie im Bonusmaterial der DVD der Thomas-Mann-Experte Volker Scherliess erläutert:
"Er ist sozusagen der Schilderer der Dekadenz, der deutschen. Speziell der deutschen Gebrochenheit. Und vielleicht hat er diese Themen sehr viel authentischer und sehr viel diffiziler darstellen können, als es ein deutscher Regisseur gekonnt hätte."
In den prachtvoll überladenen Sälen bewegen sich die Figuren wie Gefangene, Tageslicht fällt kaum in die düsteren Räume. Und die Phantasiebauten Ludwigs, etwa die künstliche Felsengrotte in Neuschwanstein, spiegeln das Unterbewusstsein des Königs, der sich von der Politik immer weiter in seine Traumwelt zurückzieht:
Filmausschnitt: "Ludwig, wir verlieren den Krieg. - Ich habe diesen Krieg nicht gewollt. - Du bist doch der König, Du hättest den Krieg verbieten müssen, wenn Du ihn nicht gewollt hast. - Das habe ich. Ich habe nichts unterlassen, um meine Meinung klarzustellen. Dieser Krieg geht mich nichts an. Für mich existiert er nicht."
Visconti schildert die Geschichte ganz aus der Sicht des Königs. Als der Film 1973 in die Kinos kommt, wirkt die subjektive Erzählperspektive provozierend unpolitisch. Heute gilt die Art, wie Visconti den Zerfallsprozess einer Kultur schildert, die sich in Dekadenz flüchtet, sehr modern.
Und Helmut Berger in der Rolle Ludwigs gibt diesem intelligenten Träumer ein ebenso wahnsinniges wie schwärmerisches Gesicht. Visconti, Regiezuchtmeister und Entdecker Bergers, treibt seinen Schauspieler zur besten Rolle seines Lebens. Berger erinnert sich im Bonusmaterial der DVD an seinen Mentor.
"Er hat mir immer die Ratschläge gegeben, na ja eben die ganzen Ratschläge, die ein Vater machen würde, der eben in diesem Geschäft ist. Ich glaube, er hat gemerkt, dass in mir etwas steckt, was er machen kann mit mir im Filmgeschäft. Vielleicht die Sensibilität oder was, das er
mich formen kann als Schauspieler."
Das Label Arthaus hat "Ludwig II." jetzt auf einer umfangreichen Premium-Edition mit drei DVDs herausgebracht. Sieht man diesen rauschhaften Film heute wieder, staunt man, dass Visconti seinerzeit Nostalgie vorgeworfen wurde. Ein Film, dessen Figuren sich wie im Delirium bewegen, betörende Bilder einer Kunstwelt, die Ausdruck einer Zeit im dramatischen Umbruch ist.
Und drastisch wird mit Mythen aufgeräumt: Die Darstellung der Homosexualität Ludwigs, der im Film Orgien mit seinen Stallburschen feiert, führt dazu, dass der Film für die Premiere in München gekürzt werden muss. Und großartig, wie Romy Schneider erneut die Kaiserin Sissi spielt. Anders aber als in ihrer Rolle in den rührseligen "Sissi"-Filmen der Fünfzigerjahre, destruiert sie hier als ebenso kluge wie zynische Kaiserin das alte Sissi-Bild:
"Vergessen Sie Ihre Träume. Herrscher wie wir können keine Geschichte mehr machen. Wie sind nichts als Pomp, die Geschichte vergisst uns. Es sei denn, jemand gibt uns Bedeutung, indem er uns ermordet."
Im Bonusmaterial der DVD gibt es zum Film eine Dokumentation über das filmische Werk Viscontis und ein charmantes Porträt über Helmut Berger. Freimütig plaudert er über sich und den Karriereknick, der ihn nach dem Tod seines Meisters und Liebhabers Visconti ereilte.
Eine so bedeutende Rolle hat Berger nicht mehr gespielt: Eine mitreißende Darstellung und ein großer Film, der den Zuschauer in den Bann dieses Romantikers auf dem Thron zieht.
"Ich bin ein Rätsel für Sie, und ich möchte ein Rätsel bleiben, für immer. Für die anderen und auch für mich selbst."