Henk Schiffmacher: "Tattoo.1730s-1970s. Henk Schiffmacher's Private Collection"
Taschen Verlag, 2020
440 Seiten, 125 Euro
Ein Streifzug durch die Kunst- und Kulturgeschichte
08:51 Minuten
40.000 Objekte aus 300 Jahren Geschichte der Tätowierkunst hat Henk Schiffmacher zusammengetragen. Einen Eindruck davon vermittelt ein neu erschienener Bildband. Der Niederländer, selbst ein Könner auf dem Gebiet, betrachtet sich als Kunsthistoriker.
Kurt Cobain, Lemmy Kilmister, Red Hot Chili Peppers, Lady Gaga – Henk Schiffmacher hatte sie alle unter seiner Nadel. Der niederländische Tätowierer mit seinem legendären Studio in Amsterdam ist eine Berühmtheit, Promis aus aller Welt, vorzugsweise aus dem Musikbusiness, kommen, um sich ein Schiffmacher-Kunstwerk in die Haut stechen zu lassen.
Schiffmacher versteht sich aber nicht nur als Tattookünstler, sondern auch als Historiker, der die Geschichte der Tätowierung aufarbeitet. In Museen ist sehr wenig dazu zu finden – die riesige Privatsammlung Schiffmachers mit 40.000 Objekten zwischen 1730 und den 1970er-Jahren schließt eine große Lücke. Sogar Stücke menschlicher Haut zählen dazu.
Der Niederländer hat die Sammlung in einem Bildband zugänglich gemacht. "Tattoo. 1730s-1970s. Henk Schiffmacher's Private Collection" ist nun im Taschen Verlag erschienen.
Beitrag zur Geschichtsschreibung der Tätowierung
Es ist wie ein Streifzug durch die Kulturgeschichte. Man erfährt Interessantes über die Bedeutung von Tätowierungen unter anderem in Japan, Südamerika und Europa. Es sind Tätowierungsmaschinen zu sehen, Fotografien, Zeichnungen und Skulpturen zur Tattoogeschichte.
Der Kunsthistoriker Ole Wittmann, der den Nachlass der Hamburger Tattoolegende Christian Warlich verwaltet, sagt, Schiffmachers Sammlung zähle zu den fünf wichtigsten dieser Art weltweit; sein Beitrag zur Geschichtsschreibung der Tätowierung sei "bedeutend".
Sensibilität bei "Tribal"-Tattoos
Deutlich sei zu erkennen, dass Schiffmacher, ursprünglich Fotograf und Grafiker, ein besonderes Interesse für den sogenannten Tribal-Stil habe. "Er weist in seinem Buch auch darauf hin, dass natürlich immer eine große Sensibilität bei dem Thema gefragt ist und man nicht einfach so jede Form von jeder Kultur übernehmen kann", sagt Wittmann, der unter anderem als Kurator am Museum für Hamburgische Geschichte tätig war. In jedem Einzelfall müsse geprüft werden, ob das Motiv aus einer anderen Kultur als Tattoo überhaupt vertretbar sei.
"Jeder tätowierte Mensch ist Teil einer Kunstgeschichte", sagt Henk Schiffmacher. Aber sind Tätowierungen tatsächlich als Kunstwerke zu betrachten? Für den Kunsthistoriker Wittmann lässt sich darauf keine pauschale Antwort finden: "Denn auch nicht jeder, der einen Pinsel in die Hand nimmt, ist ein Maler." Es gebe bildende Künstler, die die Technik der Tätowierung in ihr Werk einbinden. Für Tattoostudios dagegen sei wohl eher der Begriff "Kunsthandwerk" treffender.
(mkn)