Programmtipp: In der Sendung "Fazit" ab 23.05 Uhr hören Sie ein Gespräch mit Michael Krüger, dem langjährigen Verleger des Hanser Verlags in München.
"Ein Theatermann und eine moralische Instanz"
Henning Mankell sei ein zurückhaltender Mensch gewesen und ein fabelhafter Erzähler vor Publikum, sagt Tatjana Michaelis, die Lektorin der deutschen Ausgaben seiner Romane. In Mosambik habe er sein politisches Engagement verwirklicht.
Heute Vormittag kam die Nachricht, dass der schwedische Schriftsteller Henning Mankell im Alter von 67 Jahren gestorben ist. Was er selbst über das Leben und Sterben gedacht hat, das hat er mal so formuliert:
"Das Problem in Schweden ist doch, dass man den Tod aus dem Leben verbannt hat. Den Tod gibt es im Krankenhaus oder im Fernsehen, da finden wir ihn. Hier der Tod, dort das Leben. Aber der Tod liegt im Leben. Er ist das Einzige, was wir vom Leben wissen."
Tatjana Michaelis, seine Lektorin beim Hanser Verlag in München, die die deutschen Ausgaben seiner Romane betreute, hat fast ein Vierteljahrhundert mit ihm gearbeitet:
"Wir haben 28 Bücher von Henning Mankell gemacht, und die Beziehung ist langsam gewachsen. Mankell ist nicht ein Mensch, der das Herz auf der Zunge trägt, er ist ein zurückhaltender Mensch, aber es war immer eine gute Zusammenarbeit. Man spricht viel von schwierigen Autoren, er war kein schwieriger Autor."
Besonders in Erinnerung sind ihr die Lesereisen geblieben:
"Henning Mankell war fabelhaft auf der Bühne, er war ein Theatermann. Und das hat man gemerkt, er hatte sein Publikum sofort im Griff. Sie haben ihm gelauscht, er hat Geschichten erzählt, er hat frei gesprochen. Ich erinnere mich an eine sehr schöne Geschichte von zwei alten schwarzen Männern, die auf der Bank sitzen und den Tod eines dritten beklagen. Und da sagt der eine schwarze Mann zum andern: ,Ach, es ist so schrecklich, dass er gestorben ist, er hat seine Geschichte noch nicht zu Ende erzählt!ʻ Und das fand ich immer so schön; ich hoffe, er hat seine Geschichte zu Ende erzählen können, Henning Mankell."
Sein zweiter Lebensort in Mosambik sei für Mankell von großer Bedeutung gewesen,
"da er dort den größten Teil seines politischen und sozialen Engagements verwirklichen konnte. Er hat dort Shakespeare gespielt mit schwarzen Schauspielern für ein analphabetisches Publikum. Er hat aber auch große Teile seines Vermögens, seiner Einnahmen aus den Krimis in afrikanische Projekte investiert. Ich glaube, das ist auch das, weshalb er so als moralische Instanz gilt: Er hat nicht nur davon geredet, dass man Gutes tun soll, er hat es tatsächlich auch getan."