Henry VI & Margaretha di Napoli
Nach William Shakespeare von Tom Lanoye
Regie: David Bösch
Düsseldorfer Schauspielhaus
Shakespeare in neuem Gewand
06:09 Minuten
Der Regisseur David Bösch bringt für seine erste Arbeit in Düsseldorf Shakespeare mit einer erweiterten Frauenrolle auf die Bühne: Unseren Kritiker Christoph Ohrem hat "Henry VI & Margaretha di Napoli" rundum überzeugt.
20 Jahre lang hat sich der Autor Tom Lanoye mit den Shakespeareschen Stoffen rund um Heinrich VI. und dessen Gattin Margaretha di Napoli beschäftigt. Daraus entstand eine pointierte, dramaturgisch einleuchtende und mit drei Stunden Spiellänge auch kompakte Textfassung des dreiteiligen Originals – in der darüber hinaus die Rolle der Königsgattin stark erweitert ist.
"Henry VI und Margaretha di Napoli" verhandelt, was passiert, wenn das Machtzentrum, der König, sich als unfähig erweist, Macht auszuüben. Die Gesellschaft zerfällt und zum Schluss ergreift in all dem Chaos folgerichtig mit Richard III. ein wahnsinniger Schlächter die Krone. Jetzt hat David Bösch, von 2013 bis 2016 Hausregisseur am Wiener Burgtheater, das Stück in Düsseldorf auf die Bühne gebracht.
Über der sonst leeren, mit Erde bedeckten Drehbühne von Patrick Bannwart hängt eine riesige, metallene von Rost angefressene Krone. Das Insignium der Macht, nach der alle streben bis auf Heinrich VI., der König ist.
David Bösch gibt den Schauspielerinnen und Schauspielern auf dieser Bühne sehr viel Freiraum, was ihm das Ensemble mit Höchstleistungen dankt: André Kaczmarczyk brilliert als Heinrich VI. Er verkörpert ihn federleicht und versponnen, viel zu schwach für die von ihm geforderte Machtpolitik. Seine Frau Margaretha di Napoli hingegen beherrscht das Spiel der Macht und die Verführung ihr nützlicher Männer perfekt – von Sonja Beißwenger kess und durchtrieben mit einer guten Portion Erotik auf die Bühne gebracht.
Auch Lieke Hoppe überzeugt sowohl in der Rolle der entrückten Jeanne d'Arc sowie als buckliger und hässlicher Richard III. Sie erweist sich als fast schon unheimlich wandelbar.
Die Inszenierung besticht durch einen fesselnden Rhythmus und den genau richtigen Anteilen von Humor und wirklich berührenden Szenen und schafft so einen unterhaltsamen, aber auch tiefgründigen Theaterabend. Die aufwendig choreografierten Schwertkämpfe, die eher ironisch die Filmästhetik von Mainstream-Produktionen wie "Game of Thrones" aufgreifen, runden das Geschehen ab.