Übermalte Fragmente
Eine äußerst selten zu hörende, dennoch bemerkenswerte Sinfonie spielte das DSO Berlin in diesem Konzert mit Peter Ruzicka - die Fünfte des Rumänen George Enescu. Herbert Schuch war der Solist in Beethovens Viertem Klavierkonzert. Zu Beginn gab es ein Werk des Dirigenten, der auch Komponist ist.
Peter Ruzicka ist nicht nur Komponist und Dirigent, sondern auch Musikmanager - viele Jahre war er Intendant bedeutender Institutionen, darunter für acht Jahre auch das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin. Dem DSO ist er als Dirigent verbunden geblieben, auf dem Programm seiner Konzerte stehen oft Entdeckungen und auch eigene Werke. Und so ist es auch jetzt wieder: Zu hören ist Musik von Peter Ruzicka, Ludwig van Beethoven und George Enescu.
Die Außenseiter haben es ihm angetan: Immer wieder hat Peter Ruzicka – als Intendant und Manager wie auch als Dirigent – sich für die abseits des Mainstreams stehenden Komponisten eingesetzt. Am Beginn der Moderne waren das etwa Zemlinsky und Schreker, später der schwedische Komponist Alan Pettersson. Und in jüngster Zeit der rumänische Komponist George Enescu, von dem man bis heute, wenn überhaupt etwas, dann fast ausschließlich seine "Rumänischen Rhapsodien" kennt.
Im Konzert des DSO ist seine fünfte Sinfonie zu erleben. Sie entstand im Jahr 1941 und blieb unvollendet. Erst ein halbes Jahrhundert später, im Jahr 1995, arbeitete der Musikforscher Pascal Bentoiu das überlieferte Particell zu einer vollständigen Partitur aus. Die Fünfte vereint in sich die verschiedenartigen Tendenzen, die der gebürtige Rumäne Enescu als Komponist verfolgte: Das Erbe seiner Heimat Rumänien, die romantische Tradition des 19. Jahrhunderts, aber auch die Musik seiner Wahlheimat Paris, in der er 1955 starb. Am Ende öffnet sich diese Sinfonie dem Wort und dem Gesang. Der Tenor Marius Vlad und die Damen des RIAS Kammerchors treten an die Seite der Instrumentalisten des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin.
An den Beginn des Konzerts hat Peter Ruzicka ein eigenes Werk gesetzt, das er als "Übermalung" bezeichnet. Die Initialen "R.W." im Titel sind eine doppelte Anspielung: zum einen auf Richard Wagner, zum anderen aber auch auf Franz Liszt, der in zwei späten Klavierstücken (von denen eines "R.W. – Venezia" heißt) den Tod Wagners musikalisch gestaltet hat.
Diesen beiden Werken steht mit Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 ein ausgesprochen populäres Werk gegenüber. Nicht nur, weil der ebenso knappe wie ausdrucksvolle langsame Satz auch als Orpheus-Paraphrase interpretiert wurde.
Solist im Konzert des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin ist Herbert Schuch. Der 36-jährige Pianist ist in Rumänien geboren und in Deutschland aufgewachsen, auf seiner ersten CD spielt er nicht zuletzt französische Musik – ins polyglott europäische Konzept dieses Konzerts passt er also perfekt.
Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 13. April 2016
Aufzeichnung vom 13. April 2016
Peter Ruzicka
"R.W.", Übermalung für Orchester
"R.W.", Übermalung für Orchester
Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58
George Enescu
Sinfonie Nr. 5 D-Dur für Tenor, Frauenchor und Orchester
Sinfonie Nr. 5 D-Dur für Tenor, Frauenchor und Orchester
Herbert Schuch, Klavier
Marius Vlad, Tenor
Damen des RIAS Kammerchores
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Peter Ruzicka
Marius Vlad, Tenor
Damen des RIAS Kammerchores
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Peter Ruzicka