Der Journalist Heribert Prantl, geboren 1953, war 25 Jahre lang Leiter des Ressorts Innenpolitik der "Süddeutschen Zeitung", dann Leiter des Ressorts Meinung. Acht Jahre lang war er Mitglied der Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung". Seit seinem altersbedingten Ausscheiden ist er weiter als Kolumnist und Autor tätig und lehrt als Honorarprofessor für Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld. Prantl ist Autor zahlreicher Bücher, zuletzt "Vom großen und kleinen Widerstand" (2018).
"Ehrenschulden der Gesellschaft"
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Der Bundesgesundheitsminister will Pflegebedürftige und ihre Angehörigen finanziell entlasten. Für den Journalisten Heribert Prantl ist dieser Schritt längst überfällig: Der Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" müsse auch in Pflegeheimen gelten.
Sechs Milliarden Euro sollen aus dem Bundeshaushalt zusätzlich in die Pflege fließen. Damit soll der Eigenanteil der Pflegebedürftigen für stationäre Pflege bei 700 Euro gedeckelt werden, pflegende Angehörige sollen entlastet und das Pflegepersonal besser entlohnt werden.
Unser Studiogast, der Journalist Heribert Prantl, begrüßt diesen Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ausdrücklich. Spahns Pläne erhöhten den Zuschuss zwar nur um eine relativ geringe Summe – dennoch sei es der richtige Einstieg in eine Reform und eine Kehrtwende zu früheren Positionen des Ministers.
Eine Reform sei längst überfällig. Selbst in weniger teuren Städten sei ein Platz in einem Pflegeheim für Rentner oft unerschwinglich. Abzüglich des Pflegeversicherungsanteils müsse beispielsweise ein Rentner in einer Stadt wie Mönchengladbach immer noch 3100 Euro selbst tragen, rechnet Prantl vor. In Städten wie München kosteten Heimplätze noch deutlich mehr.
"Ein gesellschaftlicher Großskandal"
Vor dem Hintergrund, dass viele Menschen allenfalls über die Hälfte dieses Betrages als monatliche Rente verfügen könnten, werde deutlich, dass dringend etwas getan werden müsse.
"Das ist ein gesellschaftlicher Großskandal", meint Prantl. Etwas für die Pflege aus Steuermitteln zu tun, seien "Ehrenschulden der Gesellschaft". Viele alte Menschen hätten Angst davor, ihren Angehörigen auf der Tasche zu liegen. "Und ich denke, der viel zitierte Satz, der Eingangssatz aus dem Grundgesetz – ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar" – der muss in einem Altenpflegeheim ebenso gelten wie an jedem anderen Ort."
Altern in Würde
Lange Zeit hätten Politik und Öffentlichkeit nicht zur Kenntnis nehmen wollen, "dass wir in einer alternden Gesellschaft" leben. Für Prantl ist ein Zuschuss aus Steuermitteln der einzige Weg, die aktuellen und künftigen Kosten abzufedern.
"Die Gesellschaft muss die Kraft und das Konzept haben, um die Alten in Würde alt und – ein alter Ausdruck, der aber sehr schön ist – lebenssatt werden zu lassen", betont Prantl. "Und ‚lebenssatt‘ ist ein anderes Wort für ‚Wohlergehen‘. Und dieses Wohlergeben muss finanziert werden. Das gehört zu den Grundaufgaben einer Gesellschaft."
Hören Sie hier die ganze Sendung:
(mkn)