"Soziale Vernichtung eines Menschen"
Der Fall lasse ihn "frieren", sagt Heribert Prantl von der "SZ" über den Umgang mit Sebastian Edathy. Am Donnerstag hat der Ex-SPD-Abgeordnete wegen der gegen ihn erhobenen Kinderporno-Vorwürfe vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags ausgesagt.
Ab Februar muss sich Sebastian Edathy wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material vor Gericht verantworten. Bereits an diesem Donnerstag sagte der ehemalige SPD-Abgeordnete dazu vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags aus. Neben der Frage, wer wann wen vor zehn Monaten über den Verdacht gegen Edathy informiert hat, ging es auch um die Sache selbst.
Der 45-Jährige berichtete den Abgeordneten von Anfeindungen und der "Androhung physischer Gewalt", was ihn dazu bewogen habe, Deutschland zu verlassen. Gleichzeitig räumte er ein, die Bestellung von Filmen mit nackten Kindern sei "moralisch nicht in Ordnung" gewesen. "Es war sicherlich falsch, diese Filme zu bestellen, das will ich gerne einräumen. Aber es war legal", rechtfertigte sich Edathy.
Schwere Vorwürfe gegen Ex-BKA-Chef Ziercke
Schwere Vorwürfe erhob er gegen den heutigen SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und den gerade pensionierten Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke. Dieser soll Informationen über den Fall weitergegeben und damit die Grenzen zwischen Amt und Politik verletzt haben. Auch Oppermann soll früh von dem Verdacht gegen Edathy gewusst haben, obwohl es sich um BKA-Informationen gehandelt hat.
Wie Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung", sagt, hat es im Fall Edathy ein Problem mit der Gewaltenteilung gegeben: Offenbar seien unendlich viele Informationsstränge vom BKA und den Landeskriminalämtern in die Ministerien und Parteien gelaufen. "Das geht einfach so nicht. Das ist weder rechtlich abgesichert noch ist es politisch so in Ordnung", sagte Prantl am Donnerstag im Deutschlandradio Kultur.
Verschiedene Rechtsstaatsprinzipien verletzt
Prantl kritisierte außerdem, wie im Fall Edathy mit der Unschuldsvermutung umgegangen worden sei: "Das halte ich schon für sehr merkwürdig. Und die Art und Weise, wie die soziale Vernichtung eines Menschen abläuft, lässt mich schon ein bisschen frieren, muss ich sagen."
Auch solle man nicht von Kinderpornografie reden, "wenn es sich wie im Fall des ehemaligen Politikers Edathy um Vorwürfe handelt, und die Strafbarkeit, wenn sie überhaupt besteht, sich im untersten Bereich bewegt." Noch sei nicht klar, ob es wirklich um Kinderpornografie gehe.
Auch für Politiker gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Damit wolle er nichts von dem entschuldigen, was Edathy getan habe, betonte Prantl.
"Aber man kann ja, so mein Eindruck, gar nicht mehr erwähnen, dass der Mann als Vorsitzender des NSU-Ausschusses sich durchaus ordentlich geriert hat und sich Verdienste erworben hat. Man kann so was gar nicht mehr sagen, ohne dass man selber als pädophil verdächtigt wird."