Humboldt Forum komplett eröffnet

Basis für ein neues Verhältnis zum Globalen Süden

09:29 Minuten
Der gesamte Thron ist mit wertvollen Glasperlen aus Europa und Kaurimuscheln aus dem Indischen Ozean bestickt.
Ein Geburtstagsgeschenk für Kaiser Wilhelm II. von König Njoya von Bamum: der "Mandu Yenu"-Thron aus Kamerun. © AFP / Jens Schlueter
Hermann Parzinger im Gespräch mit Marietta Schwarz |
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Der Bau des Humboldt Forums war von vielen Debatten überschattet – über das Gebäude und den Umgang mit der kolonialen Geschichte. Nun ist es komplett. Doch damit ist die Geschichte noch nicht am Ende, wie Stiftungspräsident Hermann Parzinger erklärt.
Mit dem Ostflügel und dem Ethnologischen Museum sind nun endlich die letzten Bereiche des Humboldt Forums eröffnet worden. Jetzt kann die Öffentlichkeit das ganze Haus begehen. Seit dem Architekturwettbewerb sind 15 Jahre vergangen – Jahre intensiver Debatten über das Gebäude und vor allem über den richtigen Umgang mit der deutschen Kolonialgeschichte. An dessen vorläufigem Ende stehen die Rückgabe von 514 Benin-Bronzen und die museale Aufarbeitung der Herkunft dieser Objekte im Ethnologischen Museum.
Für den Gründungsintendanten Hermann Parzinger wird das Humboldt Forum aber immer ein Prozess bleiben, wie er sagt: „Wir feiern jetzt – und ab Montag geht die Arbeit erst richtig los.“ Zu glauben, man könne sich nun einfach zurücklehnen, sei falsch. Parzinger hat bereits die nächste Ausstellung im Ethnologischen Museum im Blick.

Ein Stück Geschichte zurückgeben

„Es soll ein lebendiges Haus sein, kein klassisches Museum mit nur festen Dauerausstellungen. Hier muss sich etwas verändern, man muss immer wieder aktuelle Themen aufgreifen – begleitet von Veranstaltungen. Ich denke, das ist eine Herausforderung. Wir gehen das mit großer Freude an.“ 
Für die erste Ausstellung im Ethologischen Museum hat man sich dafür entschieden, die Restitutionsgeschichte der Objekte in der Sammlung zu erzählen. Es werden aber nicht nur Objekte zurückgegeben, die geraubt wurden, sondern auch welche, die für die Communitys in den Ursprungsgesellschaften von großer Bedeutung sind. Das betrifft beispielsweise Gegenstände aus Namibia und Kamerun, wie Parzinger erklärt: „Da gibt man ein Stück weit Geschichte zurück. Es ist nicht so, dass die Museen dort überquellen, sondern man füllt eine Lücke in der kulturellen Überlieferung in diesen Ländern.“

Objekte zum Sprechen bringen

Es falle einem Museumsverantwortlichen nie leicht, Objekte herauszugeben, so Parzinger, „aber natürlich möchte man in seinen Sammlungen keine Objekte haben, die geraubt sind, die gestohlen sind oder die unter Gewaltanwendung irgendwo konfisziert worden sind.“ Viele Objekte bleiben als Dauerleihgaben aber weiter in Berlin.
Es ist knapp 16 Meter lang, besitzt zwei rechteckige Segel und sein Kiel wurde aus einem einzigen Baumstamm gefertigt: Das hochseetaugliche, reich verzierte Luf-Boot.
Es ist knapp 16 Meter lang, besitzt zwei rechteckige Segel und sein Kiel wurde aus einem einzigen Baumstamm gefertigt: Das hochseetaugliche, reich verzierte Luf-Boot ist das Prunkstück des Ethnologischen Museums im Humboldt-Forum.© AFP / Jens Schlueter
Parzinger betont die Wichtigkeit der Provenienzforschung, sagt aber auch, dass eine Reduzierung darauf „fast eine Entwertung der Aussagekraft der Objekte“ nach sich ziehen würde. Es sei wichtig, sie zum Sprechen zu bringen, und „welche Geschichten wir erzählen in den Sammlungen – in jedem Objekt sind viele Geschichten sozusagen eingeschrieben – entwickeln wir gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus den Herkunftsländern.“

Debatten über koloniale Geschichte 

Die intensiven Debatten über den Umgang mit den Raubgütern, über die eigene koloniale Geschichte, die Zusammenarbeit mit den Vertretern aus den Herkunftsgesellschaften, bilde nun die Basis „für die Entwicklung eines ganzen neuen Verhältnisses zum Globalen Süden“, erklärt der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

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