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"Das passt nicht zum sonstigen Verhalten von Maaßen"
Sehr ungewöhnlich findet der Journalist Gregor Mayntz das Vorpreschen von Verfassungsschutzchef Maaßen im Streit um das "Hetzjagd"-Video von Chemnitz. Dieser mache sich normalerweise lieber unangreifbar - es sei denn, er habe "hunderprozentige Belege".
Ob Journalisten, Behörden und ganz besonders Regierungssprecher Seibert: Im Umgang mit den Ereignissen von Chemnitz hätten offenbar fast alle falsch gemacht, was man nur falsch machen könne, meint Gregor Mayntz. Überrascht zeigte sich der Parlamentskorrespondent der "Rheinischen Post" vor allem vom Vorstoß des Verfassungsschutzchefs in der Bild-Zeitung. Der passe nicht zu dessen sonstigem Verhalten:
"Ich kenne den Hans-Georg Maaßen auch völlig anders", betonte Mayntz im Deutschlandfunk Kultur. "Dass er lieber drei-, vier- oder fünfmal an einem Satz rumschleift, bis er dann so nett geworden ist, dass er unangreifbar ist – es sei denn, er verfügt über hundertprozentige Belege für das, was er hat."
Respekt für Seehofers Schweigen
Lob von Mayntz gibt es für die ansonsten viel krititsierte Reaktion von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), sich erst nach einigen Tagen zu den Vorfällen in Chemnitz geäußert zu haben:
"Respekt, das hat er in dem Fall richtig gemacht! Wo die Empörungswelle hochging und sagte: Da ist einer für die innere Sicherheit in Deutschland verantwortlich, da kommt es zu Hetzjagden und der ist still und sagt nichts! Möglicherweise müssen wir diese Kritik noch einmal überdenken."
Regierungssprecher Steffen Seibert dagegen habe sich zu früh zu den Vorfällen geäußert und damit "dazu beitragen, dass die Welle losschwappte", kritisiert Mayntz. Denn die Medien hätten das umstrittene Video zunächst nur mit spitzen Fingern angefasst: Dessen Authentizität sei nicht geklärt gewesen, und es sei auch nicht klar, ob es pars pro toto für viele Ausschreitungen stehe oder ob es ein singuläres Ereignis abbilde.
"Wer Pogrom sagt, beleidigt die Opfer von 1938"
Kritik äußert Mayntz auch an der Wortwahl der Berichterstattung über die Ausschreitungen in Chemnitz: Anstatt von einem Pogrom zu sprechen, hätte es gereicht, einfach zu schildern, wie Demonstranten aus der rechtsextremen Szene Sachsens durch die Straße gezogen seien und gerufen hätten: Für jeden toten Deutschen einen toten Ausländer!
"Das ist Aufruf zum Mord, da muss man nicht noch dann hinterher sagen: Da hat es jetzt Pogrom gegeben. Wer Pogrom sagt, der verharmlost, der beleidigt eigentlich alle Opfer des Pogroms von 1938."
(uko)