Heysel-Stadion 30 Jahre danach

Rückkehr an den Ort der Tragödie

Juventus-Fan Romolo Puzu im Brüsseler Heysel-Stadion: Er war 1985 als Elfjähriger dabei.
Juventus-Fan Romolo Puzu im Brüsseler Heysel-Stadion: Er war 1985 als Elfjähriger dabei. © Foto: Gavrilis Panajotis
Von Panajotis Gavrilis |
Vor 30 Jahren starben im Brüsseler Fußballstadion Heysel 39 Menschen nach einer Massenpanik, die von englischen Hooligans ausgelöst wurde. Manche Fans kommen jedes Jahr wieder, um der Opfer zu gedenken.
Der Himmel ist grau über dem Heysel-Stadion. Direkt vor den Eingangstoren stehen Fans, Vereinsoffizielle und Politiker vor der Tafel, auf der die 39 Namen der Opfer stehen. Sie legen Kränze und Blumen nieder. Der Juventus Turin- Anhänger Romolo Puzu, mit schwarz weißem Schal um den Hals, berührt die Tafel:
"Ich komme jedes Jahr hier her, weil ich damals mit elf Jahren beim Spiel dabei war. Es ist unglaublich für mich, nach 30 Jahren hier zu stehen, aber es ist auch irgendwie normal – für das Erinnern."
Wenige Meter neben Romolo Puzu steht der 29-jährige Gregor Kawalski. Aus Polen ist er mit Freunden extra nach Brüssel gefahren, um der Opfer zu gedenken:
"Wir sind Juventus-Fans. Wir erinnern uns nicht direkt an das Datum, weil wir noch nicht geboren waren. Es ist ein guter Tag, um Respekt zu zeigen gegenüber den Fans und den Familien."
Rückblick: Am 29. Mai 1985 kommt es vor dem Europapokalfinale zwischen dem FC Liverpool und Juventus Turin zu schweren Auseinandersetzungen im Brüsseler Heysel-Stadion. Der damalige ZDF-Reporter Eberhard Figgemeyer berichtet live:
"Wo bleibt die Polizei?... Das darf nicht wahr sein... Der tritt ihn mit dem Stein am Kopf... jedenfalls bin ich bestürzt und entsetzt."
Juve-Fan Romolo Puzu steht auf der Tartanbahn im Stadioninneren, blickt auf die leeren Ränge und zeigt auf Block Z. In dem waren die Juve-Fans, ganz in der Nähe zu den Liverpool-Anhängern. Als die Engländer versuchen, den Block der Juventus-Unterstützer zu stürmen, kommt es zur Massenpanik.
Romolo Angriff: "Wir sahen Angriffe der englischen Fans auf die italienischen Anhänger von Juve, dann haben sich vor Angst alle in diese Richtung bewegt. Und hier gab es diese berühmte Mauer, die eingestürzt ist, durch den Druck der Menschen, dort gab es die vielen Toten, weil alle übereinander lagen und sich erdrückt haben..."
Die traurige Bilanz der Tragödie von Heysel: 39 Tote, über 400 zum Teil schwer Verletzte. Romolo Puzu hatte Glück. Er hatte für das Spiel eine Karte für einen anderen Block bekommen:
"Unfassbar für einen Elfjährigen. Wir haben erst gar nicht begriffen, was los war, wir waren in Block M. Erst als wir das Stadion verließen, wurde klar, dass es 39 Tote gegeben hat. Wir sahen Streitereien und Kämpfe, aber keine Toten. Und dann war das ein Moment, den man sehr schwer erklären kann."
Ein Moment, den auch der Feuerwehrmann Pierre Méys auch nach 30 Jahren nicht vergessen kann. Er war damals im Einsatz:
"Es war ein sehr trauriger Tag, wie nach einem Bombenanschlag. Dabei sollte es doch ein fröhlicher Tag werden. Aber all die Leichen zu sehen, all die Verletzten. Einer der furchtbarsten Tage meiner Karriere."
Ein schwarzer Tag für den Fußball und seine Fans. Viele Fernsehsender, darunter auch das ZDF, brachen ihre Spielübertragung ab. Die Partie wurde trotz der Ausschreitungen angepfiffen, Juventus Turin gewann mit 1:0. Aber das interessierte danach niemanden.
Als Konsequenz wurden alle englischen Fußballklubs für fünf Jahre von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen, der FC Liverpool sogar für sieben Jahre. Heute gelten die Stadien in England, Frankreich und Deutschland als sicher.
Doch der 62-jährige Feuerwehrmann Pierre Méys warnt:
"Viele Dinge haben sich seitdem verbessert, vor allem die Sicherheit in den Stadien. Aber da, wo viele Menschen sind, da kann immer etwas passieren, auch heute noch."
Der Juve-Fan Romolo Puzu macht noch ein Erinnerungsfoto von den niedergelegten Kränzen. Nächstes Jahr, so sagt er, werde auch wieder dabei sein.
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